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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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machst du das so gut. Du schläfst mit meiner Tochter. Das hast du nicht gewußt? So ist sie. Ein neuer Name, Clea Dora statt Lasara, und schon ... Natürlich, Wölfchen, wächst du mir auch damit sehr ans Herz. Ich weiß, wie's ist. Mich hat ihre Mutter reingelegt. Biester, mit Blütenmündern.«
    Rauschen wie von Weltwasserfällen, und Hall.
    Nicht jedes Wort, das der König sprach, fand der Wolf durchaus verständlich. Auch das, nahm er an, gehörte zu der Rechtsbeziehung, in welcher der Löwe und die übrigen Gente zueinander standen.
    Das Bild des Löwen schüttelte sich, immaterielle Pollen stäubten als Wolken aus dem Fell. Der Wolf dachte: Dieser Staub hat Sprache. Dmitri hatte Angst, nahm sich aber zusammen.
    Der König sagte: »Ich will dir erklären, was du für mich tun wirst. Das ist kein Wunsch und kein Befehl, sondern eine Tatsache. Du wirst, weil ich keine besseren Leute habe als dich, den Ozean überqueren. Das wirst du in einem Bathyskap machen, manchmal auch alleine schwimmend. Du wirst denen im Atlantik etwas von mir ausrichten. Sie müssen es hören. Denn unsere Beziehungen, ihre zu mir, meine zu ihnen, müssen sich verbessern. Sie sind nicht gut, seit der Zander tot ist.«
    Der Mord an Westfahl Sophokles Gaeta war nie gesühnt worden, jedenfalls nicht öffentlich. Dmitri senkte den Kopf.
    »Was sie erfahren sollen, wird sie stärker beeindrucken, wenn ich dich schicke, als wenn ich ihnen einfach Pherinfone sende. Am liebsten wäre ihnen natürlich, wenn Cyrus persönlich erschiene. Das tun wir nicht.«
    Der Wolf erlaubte sich ein Lächeln. Er ist aufgeräumt heute, ein gutes Zeichen.
    »Nach dem Besuch bei den Atlantikern wirst du deinen Weg fortsetzen, bis auf den Kontinent im Westen. Dort strebst du in den Norden weiter. Da wirst du einen alten Freund aufsuchen. Du weißt, daß alle meine Freunde deine Freunde sind?«
    Die Frage war rhetorisch, Dmitri schwieg.
    »Der Freund, den du besuchen sollst ... Er ist ein Vogel, oder vielleicht sogar wieder ein Mensch, man weiß das bei ihm nie. Ein Individuum in jedem Fall, dem ich seit einigen Jahrhunderten eng verbunden bin, allerdings zuletzt ... nun, etwas einseitig. Er hat mit mir diese Welt geschaffen, die du bewohnst, die alle hier bewohnen.«
    Er ließ das einwirken. Neues Wissen brummte wie von Oberlandleitungen, der Wolf verspürte ernsten Schauder.
    »Er hat ... sagen wir: große Macht. Nicht wie ich, aber ... Es gibt ja zwei Arten von Mächtigen: Die einen kennt und fürchtet jeder, die andern kennen nur die, denen es ... erlaubt ist. Nun, es gibt eine dritte, aber laß uns nicht von Ryuneke reden.«
    Die Pause, die auf die Bemerkung folgte, war dem Wolf entschieden zu bedeutungsschwanger; er wollte das Gespräch in eine ergiebigere Richtung lenken: »Wie ... wie gebraucht denn der ... Freund im Nordwesten diese Macht?«
    »Er läßt es bleiben. Er hat sich schon vor längerer Zeit entschlossen, nicht mehr ... mitzuspielen. Vielleicht malt er mit Asche oder kramt im Bedauern. Was immer er treibt: Dafür ist keine Zeit mehr. Das wirst du ihm sagen.«
    »Wird er das hören wollen?« Die Ohren des Wolfes waren geknickt; der Einwurf sollte nicht frech sein.
    »Er wird's hören, das muß reichen. Dumm war er nie. Es geht für unsereins ja nie um das Gespenst der Ehre, immer nur um Geschäfte im Diesseits. Ich sehe leider voraus, daß wir mit dieser Welt, die er mit mir erschaffen hat, wenig Glück haben werden, in den nächsten paar Generationen.« Der Löwe brummte, das Geräusch klang, als käme es von einem Bären aus flüssigem Eisen.
    »Eine schöne biblische Idee – ich weiß schon, das sagt dir wenig – spinnt, na, so wollten wir's: Der Wolf liegt beim Lamm und all das. Aber damit ist es aus, wenn diese ... neuen Geschöpfe bei uns einfallen. Mein alter Freund weiß das wohl und resigniert vorab, wie öfter. So muß es wohl kommen, wenn man in jungen Jahren mit viel Enthusiasmus den falschen Dingen dient.«
    »Was für Dinge waren das bei ihm?«
    Ein tiefes Lachen, so, wie die Erde lachen würde, wenn sie könnte.
    »Flausen ... das einzelne Leben funktioniert ja nie so recht, also werfen wir uns aufs Große Ganze. Er dachte sich das so – hat er mir dargelegt, an einem langen Sommernachmittag, bei einer Bootsfahrt in ... Berlin hieß das ... eine Stadt, damals ... er dachte, es möchte so sein, wie die Einzeller beim Schimmelschleimtier ein Pseudoplasmodium bilden, das war sein Vergleich. Wenn die Menschheit eines Tages zu sich käme,

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