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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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erklärten ihre Alphatiere, Formen des nachindustriellen Lebens ausprobieren, in lokal überschaubaren Rudeln, am Rande der dicht bevölkerten Stadtzonen.
    Es gab Wölfe, die zu den Polyarchen zählten, andere etablierten ständische oder noch exotischere Ordnungen, darunter die sogenannte »Jagddemokratie«, die auf gewissen synergetischen Theorien beruhte, welche die Wolfsgemeinwesen mit südpazifischen Haigesellschaften teilten. Außerhalb der beiden Gruppen war diese Lebensweise nie von jemandem angenommen worden.
    »Er ... meinte«, fuhr die Sterbende fort und weinte lächelnd, »wir würden eine ... Kinderwelt erschaffen, eine uninteressante ... wie hat er gesagt? Ich erinnere ... mich ... nicht ...«
    »Schht!« machte Anubis ziemlich hilflos, »streng dich nur nicht an. Es wird dir noch ...«
    Huan-Ti schaute so streng zum Frettchen, daß es verstummte.
    Die Wölfin keuchte, röchelte und setzte dann neu an: »Ge ... schichtslos. Geschichtslos, hat er gesagt. Ein trübes Volk. Selbst ... selbst wenn wir recht hätten, fand Stepans Sohn ... wäre das ein ... Recht ohne Wert, ein ... ein Urkommunismus für ... Anspruchslose. Er wollte ... sagte er ... es nicht besser machen als die Menschen ... ohne ... es auch ... besser zu wissen ... ich glaube ...«, sie spuckte Blutspray, Anubis wandte sein Gesicht ab. »Ich glaube nicht, daß er ... da richtig ... lag ... und man das ... trennen darf ...«
    Der Tiger stimmte zu, in sanftem Baßton: »Es ist viel schlimmer, wenn man's besser weiß, ohne es besser zu machen.«
    Die Wölfin nickte, japste. »Ja, aber das ... das wollte ... ich gar nicht sagen. Es ist ... nur ... daß ich ... seit ich die Keramikaner ... gesehen habe ... weiß ... weiß ich ... was er meinte ... als er ... sagte: Ein blindes Rudel ... eine ... blinde Rotte ... es reicht mir ... nicht ... ein Teil davon ... zu sein ...«
    »Aber die Wölfe sind keins. Nicht blind. Sie bieten ihren Leuten einfach eine Alternative zum Weg des Löwen«, sagte Hecate, »loyale Opposition.«
    »Die Wölfe ...«, sagte Britt, »sind keins ... wir ... sind ... keins ... aber ... die Keramikaner ... sagt ihm ... er hatte recht ... den ... rohen ... Urkommunismus ... zu fürchten ... und die Anspruchslosen ...«
    Hecate wollte der Wölfin das Versprechen geben, diese Worte auszurichten, den Bruder zu suchen, und setzte schon zum Reden an, da rang sich Britt mit letzter Kraft die Worte ab: »Sagt ... ihm auch ... daß wir ihn ... nicht vergessen haben ... und ... ihn lieben und ... und daß wir immer der ... Meinung waren, daß nicht nur wir ... das Recht hatten, unsere Freiheit ... gegen ... den Löwen zu behaupten ... sondern auch ... auch er das ... das Recht hatte, sein ... seine ... gegen uns ... seine Freiheit ... gegen ... unsere Freiheit ...«
    Wenige Atemzüge später schwieg die Wölfin.
    Sie hatte zweihundertneunzig Jahre lang frei gelebt.
4. Abwerbung
    Im Ballsaal hingen Lüster, im Empfangssaal brannte ein Kamin mit Flammen aus Eis darin; auf dem Zwischendeck standen gefrorene Skulpturen von Gente in allen Körperhaltungen. Es gab Wölfe, Löwen, Vögel ... Dmitri Stepanowitsch brauchte Wochen, bis er das meiste gesehen und fürs erste genug hatte.
    Kapitän Patel hielt sich meist abseits der täglichen Fahrtgeschäfte in ihrem weitläufigen Quartier auf.
    Dort machte Opernmusik die Eiszapfen klirren; »ich komponiere selbst und lasse dann Maschinen spielen, was ich gedichtet habe«, verriet sie ihm beim Essen.
    Die Pinguine waren immer emsig, hatten eigentlich nicht einmal Zeit, auf Dmitris seltene Fragen (»Die Metallrohre im Eis, durch die das heiße Zeug fließt, tauen die auch wirklich nichts von der Hülle weg? ... Und das Temperaturgleichgewicht muß nicht künstlich gehalten werden?«) zu antworten.
    Manchmal belauschte er sie, vor der Kombüse oder auf dem Korridor, wie sie in alten Dialekten aus der Zeit der Langeweile esoterische Fragen der Gentepolitik erörterten (früher, meinte er sich an Erzählungen im Rudel zu erinnern, hatten Matrosen geflucht und gesungen, nicht biophilosophiert): »Katahomenleandraleal, like the Lion, relies upon comparison and extrapolation from artificial to natural. The Lion moves from artifical to neonatural selection, Katahomenleandraleal from human to ceramical machines.« »Yeah, but you see, both rely on the central argument that a common mechanism works much more powerfully in nature.« »But wasn't the whole point of the liberation to end all forms of

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