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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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haben. Läßt hinter meinem Rücken Projektile zünden, baust deine Knallkörper, spionierst in meinem Satellitennetzen..«
    »Sie fallen runter. Deine Satelliten. Sie sind alt, manche älter als du. Niemand wartet sie. Ausfälle. Lücken.«
    »Deine lächerlichen ... ihr habt immer gemacht, was ihr wollt. Ohne Rücksicht auf ... ohne Sinn und Verstand.«
    »Ihr« – sie lächelte melancholisch; diese schwermütige Musik kannte sie allzu gut.
    »Ihr, ja. Deine Mutter ... und auch Paul, oder Élodie, oder wie immer er, sie, es sich zuletzt genannt hat. Schwan! Ja: Eitelkeit. Und Pazifismus. Possen. So stirbt man dann, ausgelöscht, Kerzenflamme im Orkan, und der einzige, den's interessiert, bin ich, dem zum Trotz man sich in all diese Gefahren begeben hat. Fort ist sie – eines der hellsten Gehirne, die je in der Nacht, die uns umstellt hat ...«
    »Warum, glaubst du, fallen sie ab, oder werden dir gestohlen, vor deiner Nase? Weißt du sicher, daß das ein Gewaltakt war, bei Izquierda? Kann sie nicht übergelaufen sein? Haben wir je verstanden, wie sie denkt, wie Ryuneke denkt, wie überhaupt die fortgeschrittensten Gente, die das Dogma der Verkörperung ...«
    »Dogma! Wie redest du mit mir? Ich bin kein Kirchenvater. Ich habe die Gente geschaffen, ich! Wenn ...«
    »Wichtiger ist doch: Warum verlierst du jetzt alle?«
    »Alle, Blödsinn. Du sitzt hier, selbst du bleibst bei mir, die Eigensinnigste. Ihr erwartet immer noch, daß ich euch rette, und verheimlicht die Erwartung zugleich vor euch selbst. Ich soll euch befreien, wie damals. Izquierda? Sie ist entführt worden. Ein Verbrechen. Aus demselben Motiv, aus dem man auch den Fisch ermordet hat, in den Archiven. Den, und seine ganze Kommission über Gametenpartnerfragen, hat deine Mutter bezahlt und angeleitet, von ... na, wo auch immer sie steckt. Schau dir sein Schicksal an, sein völliges Versagen. Er stand für eine Idee, die für deine Mutter typisch ist: Kompromiß, Versöhnung zwischen Katahomenleandraleal und uns, indem wir mit ihm über diese Dinge ... reden: über Frauen, Männer, Weibchen, Männchen, Reproduktion, Speziesgrenzen – das, dachte deine Mutter, sei das Thema. Weil wir uns kaum noch fortpflanzen, der langen Lebensdauer wegen – fünfhundert Jahre, und immer noch erst drei, warte, nein, vier Generationen. Ein Gesprächsangebot, fabelhaft. Weil es so aussah, als ob das Dschungelzeug auf Vermehrung auf exponentielles Wachstum, Fraß und Assimilation von allem, was im Weg steht, einen Heißhunger ... Wir, die Gente, stehen für Stasis, die Dschungelabscheulichkeit für Expansion – so denkt Livienda. Aber wenn man so denkt – und ich denke ganz anders –, wie kann man ... Ach, was soll der Hader. Du willst fliehen, sie will verhandeln, ich will kämpfen. Dich läßt das Dschungelungeheuer interessanterweise in Ruhe, mich und deine Mutter bekämpft es. Der Feind, so scheint es, duldet allenfalls die Flucht. Er will vertreiben. Uns. Meine Minister, die Fortpflanzungsrechtler deiner Mutter: Die mußten verschwinden, damit klar ist, daß dieser ... Moloch im Urwald keinen Wert legt auf Versöhnung, keine Angst hat vor dem Krieg. Gut, ich nehme ihn beim Wort. Wir werden sehen.«
    Lasara schlug die Augen nieder: »Markige Posen, Vater. Das ist alles, worum es noch geht. Haltungen. Psychologisches.«
    »Wenn du's so sehen willst«, jetzt klang er sanfter, »aber Posen, und nicht nur markige, sind überlebenswichtig für denkende Wesen. Wer sich um die Haltung des Gerechten erfolgreich bemüht, ist tatsächlich gerecht.«
    »Das hoffst du, ja. Das soll dich rechtfertigen, am Ende. Aber ich wollte gar nicht von dir wissen, wie du Izquierdas Verschwinden ... strategisch einordnest. Mit geht es, wenn ich danach frage, um etwas ganz anderes.« Bevor der Vater reagieren konnte, ergänzte sie wie nebenbei: »Den blöden Fisch übrigens, den hab ich selber um die Ecke bringen lassen, durch meinen treuen Esel.«
    »Wie ... warum, um alles ...«
    »Es wurde mir zu brenzlig bei der Sache. Die Keramikaner riechen, horchen, spähen seit Jahrzehnten überall. Und da ich weiß, wo Mutter ist, und es sich dabei um einen Ort handelt, an dem Katahomenleandraleal leichten Zugriff auf sie hat, mußte ich den Zander zum Schweigen bringen. Er hätte, da er in Verbindung mit ihr stand, sie irgendwann verraten, absichtlich oder unabsichtlich. Bevor die Keramikaner ihm ihren Aufenthaltsort entlocken konnten, sandte ich ihr auf diese Weise auch ein Zeichen,

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