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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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naturalization of social relations?« »Points like that, my friend, tend to get lost in the shuffle of any revolution.«
    Der Wolf fühlte sich an das Gedibber der Kätzchen im Reich der Comtesse erinnert: Anagramme, und um Inhalt ging es gar nicht; entsprechend nahm er an, das, was hier beredet würde, sei vermutlich nur zu verstehen, wenn man die formalen, die sprachlichen und logischen Muster kannte, denen diese Gespräche folgten.
    Nach drei Wochen gleichförmiger Reise bat die Eisbärin den Diplomaten per Pherinfonsignal in den großen Heizraum im Bug des Schiffes.
    »Mich fragt ja keiner«, sagte sie vergrummelt, als sie das Schott aufdrehte und er neugierig, aber abwartend beobachtete, wie kristalline kleine Frostspitzen an ihren Zotteln gegeneinanderstießen.
    »Ich, weißt du, bin keineswegs der Meinung, daß du bereit bist.«
    »Wofür?« fragte der Wolf und folgte der Eisbärin in die Gluthitze.
    Sie schüttelte sich. Die Spitzen fielen aus dem Pelz wie kleine Pfeile, auf den Boden. Schmolzen. Bildeten, zusammenlaufend, eine kleine Pfütze.

    »Wofür?« wiederholte der Wolf, und Rolfa Patel erwiderte: »Riech an der Pfütze. Schau rein. Spiegle dich.«
    Der Wolf wollte die Frage mit mehr Emphase wiederholen, sah aber an der krausgezognen Stirn der Bärin, daß das keinen Sinn hatte. Also tat er, wie sie ihn geheißen hatte.
    Das Gesicht im Wasser war nicht seins, sondern das eines Fuchses.
    »Angenehm, lieber Löwenbote.«

    Der Wolf wußte nicht, wie er reagieren sollte, also deutete er vorsichtig eine Verbeugung an. Ryuneke lächelte.
    »Oh, ich bin keineswegs der Meinung meiner verehrten Freundin«, die schlauen Äuglein blickten Richtung Rolfa Patel, »daß du, nur weil du so lange Löwenbote, na, Löwendiener warst, für das hier nicht bereit bist. Ich bin vielmehr der Meinung, daß es höchste Zeit ist. Wenn wir dich jetzt nicht auf unsere Seite ziehen, bist du für die Sache verloren.«
    Die Sache. Unsere Seite. Dmitri hatte das Gefühl, ein schwerer Vorhang werde vor seinen Augen beiseite gezogen. Er mußte ans Geschnatter der Crew denken: Es hängt zusammen, alle sind eingeweiht, nur ich bin's noch nicht. Er leckte sich über die Lippen und sagte: »Was für eine Seite ... und was für eine ... Sache?«
    »Ich glaube, es ist müßig, das abstrakt zu referieren. Du mußt es dir mit eigenen Augen ansehen, denke ich, und auch dafür ist es höchste Zeit.«
    Die Eisbärin seufzte, sagte aber nichts.
    Dmitri blieb mißtrauisch: »Und was ... müßte ich tun, um mir ... den eigenen Augenschein zu verschaffen, von ... eurer Seite, eurer Sache?«
    »Du solltest zur Raketenbasis reisen. Wo wir den Exodus vorbereiten, oder wie ich's lieber nenne: die zweite Befreiung.«
    »Reisen. Noch weiter. Nimm's mir nicht übel, Fuchs, aber ich war gerade auf dem Heimweg.«
    »Ach was, das Zuhause, zu dem du zurückkehren willst, gibt es längst nicht mehr. Geh von Bord.«
    »Jetzt? Mitten im Meer?«
    »Wir haben Fische, die dich führen werden. Und deine Kiemen ...«
    Der Wolf schüttelte sich, wie vorhin Rolfa, und murrte: »Ah, ich hätte gedacht, ich wäre das los.«
    »Der Weg ist nicht weit. Die Basis findest du auf der Insel, die früher England geheißen hat.«
    Der Wolf dachte nach. Ryuneke ließ ihm Zeit dazu.
    Dann sagte Dmitri Stepanowitsch: »Nein, ich bleibe an Bord. Ich verrate euch niemandem – dich nicht, Rolfa Patel nicht«, »Vielen Dank«, brummte die Bärin, und Dmitri fuhr fort, »schon weil ich gar nicht so genau weiß, was ihr da Antileonisches ausheckt. Aber ins Wasser spring ich auf gar keinen Fall. Wieso sollte ich, für Gente, die ich gar nicht kenne und die mir nie etwas Gutes getan haben?«
    Der Fuchs blinzelte. »Wie kommst du darauf, daß wir Leute sind, die du nicht kennst? Das wird unsere Anführerin gar nicht gerne hören.«
    »Eure An ...«
    »Lasara. Sie sagt, ich solle dir sagen: Lynxchen wartet nicht gern.«

IX.
DER UNTERGANG DER DREI STÄDTE
1. Königsdrama
    Das Ornat glitzerte in den politischen Farben der Stunde: Eisencyanblau, Rapsgelb und Maigrün.
    So trat Lasara vor ihren Vater, der sein Haupt verhüllt hatte, mit Sichtfiltern und Lesespiegeln, damit er sah, was auf seiner Welt geschah, während niemand erkennen sollte, daß er trauerte.
    Die Tochter wußte es dennoch: »Ich habe die Glühwürmchen gesehen, wie sie aus deinem Fenster geflogen sind. Sie schwärmen aus, nicht wahr? Die Belagerung von Landers hat begonnen. Das ist deine größte Niederlage. Die Käfer

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