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Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Titel: Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick McGuinness
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einen Aufschlag der Augenbälle bekommen würden. Ein anderes Mal, zwei Kollegen stritten sich um neue Büros, schlug er vor, sie sollten ihren Konflikt durch Köpfen oder Zählen lösen, und bot an, dies persönlich vorzunehmen.
    »Ich habe eine Aufgabe für Sie – ein Empfehlungsschreiben für eine sehr gute Studentin, ein sehr braves Mädchen.« Er setzte die Brille ab und schob ein Formular über den Tisch, eine Bewerbung um ein zweiwöchiges Stipendium an einem Londoner College, fertig ausgefüllt und von ihm autorisiert. Irgendjemand hatte sich erlaubt, meinen Namen als den des britischen Fürsprechers der jungen Frau einzutragen. Ich musste nur noch unterschreiben.
    »Aber Herr Professor, ich kenne hier niemanden – heute ist mein erster Arbeitstag. Wie soll ich da eine Empfehlung unterschreiben? Ich habe bislang nur Leo kennengelernt …«
    »Sehr richtig, der erste Tag ist so gut wie jeder andere, um den ersten Tritt zu wagen. Ich habe Rodica gebeten, das Formular auszufüllen, damit Ihnen die Mühe erspart bleibt. Sie müssen nur noch … wie heißt das gleich? Ihr Autogramm hinuntersetzen .«
    Ich überflog das Formular. Es war auf eine Frau ausgestellt, und es fehlte nur meine Unterschrift. Ich hatte nie von ihr gehört. Ihr Name, Cilea Constantin , stand nicht auf der Liste meiner Studenten. Das Empfehlungsschreiben, sauber getippt und in Ionescus förmlichem Englisch gehalten, lobte meinen geisterhaften Schützling in den höchsten Tönen.
    »Sie ist doch gar nicht bei uns eingeschrieben«, sagte ich abwehrend. Dass ich glaubte, soeben Widerstand geleistet zu haben, bewies lediglich, wie wenig Ahnung ich vom Ablauf einer Nötigung hatte. Ionescu, ein Experte auf diesem Gebiet, deutete dies bereits als Nachgeben. Schon die Tatsache, dass man sich mit Leuten seines Schlages einließ, hieß, dass man vor ihnen kapituliert hatte.
    »Nicht unbedingt …«
    Eine solche ausweichende, mehrdeutige Antwort –wie oft hörte ich sie, ob von Ionescu, Leo oder anderen, in alltäglichen, illegalen und unmoralischen Situationen? Und ich benutzte sie bald selbst.
    Ich protestierte zaghaft. Dies war unethisch , unprofessionell . Außerdem konnte er ebenso gut selbst unterschreiben, denn er hatte die Empfehlung ja diktiert. Nein – es war falsch . Punkt. In England wäre so etwas undenkbar … Ich probierte einige ähnlich strenge und redliche Phrasen aus. Sie klangen ziemlich gut, passten aber nicht zu mir.
    Ionescu wechselte die Taktik. »Dr. O’Heix hat mir erzählt, dass Sie bei dem Bewerbungsgespräch in London eine sehr gute Figur gemacht haben.« Er lächelte, schob das Formular noch näher zu mir hin. Hatte Leo ihn belogen, oder steckten beide unter einer Decke? Wollte Ionescu mir durch die Blume mitteilen, dass ich die Tradition der Phantom-Empfehlungen fortsetzen musste, weil ich diese Stelle aufgrund eines nie geführten Gesprächs bekommen hatte?
    Während ich unterschrieb, trat er neben den Tisch und legte einen Arm um meine Schultern, als wollte er mich in einem Club willkommen heißen. »Ich bin Ihnen sehr dankbar. Na, nun schauen Sie nicht so grämgriesig. Sie haben sich gerade als unersetzlich erwiesen.« Dann, er wirkte wie ein Wirt, der einen Kunden vor die Tür setzte, dessen Kredit aufgebraucht war, bat er Rodica, mich hinauszugeleiten.
    Ein Empfehlungsschreiben für eine Fremde zu unterschreiben, vermutlich eine Parteifunktionärin, hätte mir eigentlich wie ein Tabubruch vorkommen müssen. Ich hätte mich … grämgriesiger fühlen müssen. Aber nein: Ich vergaß es sehr rasch.
    Mein Leben nahm langsam Gestalt an: der Gang zur Arbeit; die lange Mittagspause, die in die kurzen Pausen überzugehen schien; der Gang nach Hause und die abendliche Lektüre. Leo torpedierte jeden meiner Versuche, allein zu sein – wir mussten immer etwas anschauen, immer jemanden treffen oder unbekannte Stadtteile erkunden, weil er an einem Buch über Bukarest arbeitete. Wenn ich abends in meine Wohnung zurückkehrte, fühlte ich mich jedes Mal bereichert: Ich war immer erfüllter, hatte so etwas wie ein Leben und eine Arbeit. Ich eiferte meinen Studenten nach und lernte Rumänisch, und es bereitete mir Freude, meinen Unterricht vorzubereiten. Meine neue Abschlussurkunde hing gerahmt an der Wand. Davon abgesehen hatte ich Belangers Wohnung nicht verändert. Sie gefiel mir.
    Ich wurde bald Zeuge eines Motorkade genannten Phänomens. Ich erlebte dieses Ereignis so oft, dass ich es am Ende kaum noch bemerkte – als die

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