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Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Titel: Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick McGuinness
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viele Sänger waren in Städte umgesiedelt worden, wie viele Strände von Ölschlamm, vergifteten Fischen und aufgedunsenen Hundekadavern übersät?
    Vor mir stand eine britische Familie – eine Mutter mit zwei erschöpften Kindern –, die ihren Urlaub in Timișoara vorzeitig abgebrochen hatte. Man hatte sie an diesem Morgen in einen Zug nach Bukarest gesetzt, und nun wollten sie ihre Tickets umtauschen. Ich fragte die Frau, was sie gesehen habe. Sie schaute sich um, bevor sie antwortete, hatte auch begriffen, wie gefährlich es war, mit Fremden zu sprechen. »Wir haben eigentlich gar nichts gesehen – am Tag unserer Ankunft war das Stadtzentrum abgeriegelt, und wir durften das Hotel zwei Tage nicht verlassen. Grauenhaft. Heute früh haben sie uns dann in einen Bus gesteckt und zum Bahnhof gefahren …« Sie wischte über ihre Augen. Die Kinder lehnten sich gegen sie, schliefen im Stehen, während ihr Mann am Schalter mit Zehn-Dollar-Scheinen wedelte. Er lernte offenbar schnell, genau wie alle anderen. In diesem Reisebüro herrschte Panik wie nach einem Börsenkrach. »Die Scheiben unseres Busses waren übermalt worden, damit wir nicht hinausschauen konnten. Er hat einige Male gehalten und zurückgesetzt, als wollte er einen anderen Weg fahren. Der Bahnhof in Timișoara wurde von Bewaffneten bewacht. Man hat uns sofort in den Zug gesetzt. Wir haben nur das Hotelinnere und den verfluchten Bus gesehen, sonst nichts.«
    Ihr Mann kehrte mit Tickets zurück. »Wer ist das?«, fragte er aggressiv.
    »Keine Ahnung … Irgendein Brite, der hier ansteht. Wollte mich kurz mit ihm unterhalten …«
    »Wir müssen hier weg. Ich habe Tickets für einen Flug heute Abend bekommen, und wir fahren sofort zum verdammten Flughafen. Entschuldige, Kumpel …« Er schob sich zwischen seine Frau und mich und sagte im Ton eines Mannes, der aus bitterer Erfahrung gelernt hatte: »Hier kämpft jeder für sich allein.« Als ich lächelte, war er zuerst verwirrt, dann wütend. Er schleppte einen Koffer zur Tür und rief seiner Frau zu: »Kommst du jetzt endlich?« Sie lächelte mich entschuldigend an und eilte ihm nach, auf jedem Arm ein Kind und in einer Manteltasche eine Action-Man-Figur mit winzigem Gewehr.
    Ich folgte ihnen nach draußen. Der Schnee lag gut fünfzehn Zentimeter hoch, der Verkehr knirschte über Streusalz. Der Abend brach an. Der schwache Schein der Straßenlaternen und die weißen Bürgersteige verliehen dem Ort eine gräuliche Krankenhausblässe.
    Zu Hause tat ich Pass und Papiere wieder in die Schublade und schaltete das Radio an, aber der World Service schwieg sich über die Ereignisse in Timișoara aus. Ich ließ das Radio laufen und ging unter die Dusche. Als ich wieder aus dem Bad kam, saß Leo in meinem Sessel und schaute Columbo .
    »Nur einfach?«, fragte er, ohne den Blick vom Fernseher zu lösen.
    »Wie bitte?«
    »Du warst doch bei der TAROM … Hast du einen einfachen Flug oder auch einen Rückflug gebucht?«
    Ich öffnete die Tür. »Steht die Securitate jetzt auf deiner Lohnliste? Lässt du deine Freunde ausspionieren?«
    »Habe ich durch Zufall herausgefunden. Ich bin kurz nach dir gekommen, um Tickets für Kunden abzuholen, und ein Vögelchen hat mir ins Ohr gezwitschert, dass du gerade dort gewesen warst. Wolltest du das hier?« Leo knallte ein Flugticket auf den Tisch und ging hinaus. Es war auf meinen Namen ausgestellt, die Nummer meines Passes mit der Schreibmaschine eingetragen worden: Einfacher Flug nach London am Dreiundzwanzigsten. Ich schob das Ticket weg. Als ich ein paar Minuten später wieder daran vorbeiging, steckte ich es mit Pass und Papieren in meine Jackentasche.
    »Betrachte es als Sicherheit. Ich weiß nicht genau, was im Laufe der nächsten Wochen passiert, aber behalt das Ticket …« Leo schwenkte ein zweites. »Ich habe auch eines für Ottilia, aber sie hat keinen Pass, wie du weißt – jedenfalls keinen rumänischen.«
    »Welchen sollte sie sonst haben?«, fragte ich, obwohl ich wusste, welche Beziehungen Leo hatte.
    »Ich lasse ihr gerade einen machen, einen sehr praktischen russischen. Nur ein vorheriger Inhaber … Wird rechtzeitig fertig.«
    »Sie kommt bestimmt nicht mit. Und was mich betrifft, so bin ich nicht zur TAROM gegangen, weil ich weg wollte, sondern um eine Ausrede dafür zu haben, kein Ticket zu kaufen. Und nun legst du mir eines auf den Tisch …«
    »Ja.« Leo führte mich in die Küche und öffnete das Fenster, um mir sechs Flaschen ukrainischen Champagners zu

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