Die Achse des Blöden
Reeves als Claude, dem
Hirtenhund.
Aber ich möchte auf etwas anderes zu sprechen kommen,
damit Sie nicht den Eindruck gewinnen, Südflorida sei eine Ansammlung von Kriminellen, die ihre Finger ausschließlich im Drogengeschäft haben. Denn das stimmt nicht! Einige haben ihre Finger auch in der Regierung.
Ich sage nicht, daß alle Politiker in Südflorida korrupt sind.
Manche sind einfach nur verrückt. Die Spitznamen für den amtierenden und den letzten Bürgermeister von Miami zum Beispiel sind »Crazy Joe« und »Mayor Loco«.
»Crazy Joe«, der amtierende Bürgermeister, heißt in
Wirklichkeit Joe Carollo. Der Spitzname bezieht sich auf sein aufbrausendes Temperament. Außerdem hat er den
Gesichtsausdruck eines sehr nervösen, möglicherweise
paranoiden Menschen, in dessen Kopf lauter kleine, aber sehr wilde Tiere stecken - wahrscheinlich Frettchen -, die jeden Moment explosionsartig ausbrechen, den Schädel
durchschlagen, zu den Augenhöhlen austreten und einen
angreifen können.
»Mayor Loco« ist der Spitzname von Crazy Joes politischem Erzfeind, Xavier Suarez. Als er Crazy Joe bei den
Bürgermeisterwahlen im Jahre 1997 schlug, galt er als geistig gesund, aber diese Einschätzung wurde schnell revidiert, als er sein Amt antrat und sich von Stund an wie jemand benahm, der (um es mit dem psychologischen Terminus technicus
auszudrücken) nicht alle Gabeln im Fondueset hat.
Zum einen behauptete er, Miami habe keine Finanzkrise, auch dann noch, als sich die Stadt schon jenseits der
Zahlungsfähigkeit befand. Immerhin war sie jahrelang von Politikern regiert worden, deren Finanzgebaren nur für einen Heroinsüchtigen normal war.
-143-
Der eigentliche Grund jedoch, warum Mayor Loco »Mayor
Loco« genannt wird, liegt in seinem - wie die Zeitungen es formulieren - irritierenden Verhalten. Als er beispielsweise einmal einen kritischen Brief von einer Frau aus Miami erhielt, einer gewissen Edna Benson, beschloß der Bürgermeister, der Schreiberin einen Besuch abzustatten - unangemeldet, an einem Wochentag um 22.30 Uhr. Mrs. Benson, eine pensionierte
Angestellte der Stadtverwaltung, war allein zu Haus und hatte gerade ihre Haare auf Lockenwickler gedreht, als es an der Haustür klingelte. Inzwischen haben Sie so viel über das Leben in Südflorida erfahren, daß ich einmal testen möchte, ob Sie den Fortgang der Episode erraten können. Ich biete Ihnen zwei Szenarien zur Auswahl:
Szenario eins: Mrs. Benson unterhielt sich eine Weile mit dem Bürgermeister, und nachdem sie die Dinge einmal aus seinem Blickwinkel gesehen hatte, änderte sie ihre Meinung.
Szenario zwei: Mrs. Benson unterhielt sich eine Weile mit dem Bürgermeister, und obwohl sie es gut fand, die Dinge einmal aus seinem Blickwinkel gesehen zu haben, beharrte sie weiter auf ihrer Kritik.
Wenn Sie auf Szenario eins tippen, liegen Sie falsch. Sie liegen aber auch falsch, wenn Sie Szenario zwei gewählt haben.
Wir sind schließlich in Miami, und in Miami entwickeln die Dinge sich so:
Szenario drei: Mrs. Benson griff zu ihrem .38er-Revolver (»Der hat die Sorte Kugeln, die wirklich Schaden anrichten«, äußerte sie später gegenüber dem Miami Herald). Dann ging sie ans Fenster und spähte hinaus, weil sie dachte, es handle sich um einen Einbrecher. Als sie jedoch sah, daß es der
-144-
Bürgermeister war, der höchste Würdenträger der Stadt, da...
weigerte sie sich natürlich, ihm die Tür zu öffnen.
»Er sah furchtbar wütend aus«, sagte sie, «nicht ganz bei Sinnen.«
Ich sollte vielleicht noch erwähnen, daß sich ein Kritikpunkt in Mrs. Bensons Brief auf Humberto Hernandez bezog, dem Mayor Loco eines der höchsten Ämter von Miami übertragen hatte. Diese Personalentscheidung erschien Mrs. Benson - wie auch anderen Bürgern der Stadt - recht fragwürdig, denn zu dem Zeitpunkt war gegen Hernandez ein Prozeß wegen Bankbetrugs und Geldwäsche anhängig.
Die Tatsache, daß Hernandez unter Anklage stand, hatte seine Wiederwahl in die Miami City Commission allerdings nicht verhindert. Im Gegenteil. In Südflorida ist einem ein Wahlsieg so gut wie sicher, wenn man unter Anklage steht. Die Wähler scheinen das als einen Pluspunkt zu werten, als Beweis dafür, daß jemand weiß, wie Politik funktioniert.
Ein gutes Beispiel dafür ist auch der Bürgermeister von Hialeah, Raul Martinez, der wegen Betrugs, Erpressung und Wahlbetrugs angeklagt und später auch verurteilt wurde. Diese Tatsache hinderte die Wähler keineswegs
Weitere Kostenlose Bücher