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Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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zu lösen.
    Doch nun war es sowohl eine Sache des Stolzes wie auch eine der Notwendigkeit. Als er die altbekannten – und neuen – Stimmen hörte, brannte in ihm das alte Feuer der Macht wieder auf. Es war wie damals, als er die Zügel in der Hand gehalten hatte und Befehle geben konnte, ohne sich dafür bei irgend jemandem verantworten zu müssen. Man hatte einen seltsamen Ruhestand für ihn geschaffen – eher die Illusion als die Wirklichkeit von Macht. Dennoch lagen diese beiden Aspekte für ihn nahe genug beieinander, daß er hoffen konnte, die richtigen Stellen ans Telefon zu bekommen und dafür zu sorgen, daß im Außenposten 10 die richtigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen wurden.
    Mitternacht war schon vorbei, als eins seiner vier Telefone klingelte.
    »Ich sollte eigentlich nicht zurückrufen«, sagte eine Stimme.
    »Wir alle tun Dinge, die wir eigentlich nicht tun sollten.«
    »Es gibt keinen Außenposten 10.«
    »Ach ja?«
    »Hören Sie mir zu. Wir reden hier Klartext. Sie bekommen weder den Präsidenten noch den Außenminister ans Telefon. Ein Gespräch hinter den Kulissen und gleichzeitig darüber.«
    »Gut. Ich will den Verantwortlichen für das Projekt. Ich will ihn innerhalb von einer Stunde an diesem Telefon haben. Diese Geschichte muß man nicht unbedingt zweimal erzählen.«
    »Dann nehmen Sie mich als Überbringer.«
    »Zeus überbringt seine Nachrichten selbst.«
    Der Sprecher weigerte sich immer noch. »Verdammt, Sie wissen nicht, womit Sie es hier zu tun haben!«
    »Leider«, konterte Zeus, »weiß ich das sehr wohl.«
    Der Blinde saß in seinem nur schwach erhellten Arbeitszimmer vor dem seltsam geformten Telefon auf seinem Schreibtisch. Das Licht brannte überhaupt nur wegen seiner beiden Leibwächter. Er hörte, wie sich einer von ihnen näherte. »Ich habe Ihnen eine Tasse Kaffee gebracht, Sir.« Beide Männer waren ihm treu ergeben. Ursprünglich hatte die Regierung sie nicht minder zu ihrem eigenen als auch zu seinem Schutz abgestellt. Man konnte es sich nicht erlauben, einen Mann wie Zeus an einer zu langen Leine zu lassen; man konnte schließlich nie wissen, mit wem er womöglich sprach oder was er sagte. Seltsam, daß er gerade jetzt an seine Versetzung nach der Auflösung der Caretaker zurückdachte. Während der gesamten Affäre galt seine größte Besorgnis der Überlegung, ob sie ihm seine Anonymität lassen würden oder nicht. Sollten sie sie ihm nehmen, hätten sie ihn genauso gut töten können. Doch soviel hatten sie dem Blinden gelassen, ein Stück Identität, das groß genug war, um darauf aufzubauen.
    Zeus hob den Kaffeebecher an die Lippen. Der aufsteigende Dampf verriet ihm, daß er viel zu heiß war, und er hatte kaum die Lippen benetzt, als er hörte, wie Schritte die Treppe hinabpolterten. Der zweite Leibwächter kam in sein Arbeitszimmer gestürmt.
    »Da draußen ist jemand«, meldete er.
    Zeus versuchte, die Ruhe zu bewahren und die Umgebung weiträumig mit seinen Sinnen zu erfassen. Ja, da draußen war etwas, etwas Böses und Großes, eine Störung ganz ähnlich einem gewaltigen Sturm, der sich mit einem weichen Blitz in der Ferne ankündigt.
    Der zweite Leibwächter ging zu einem Schrank und holte Waffen heraus. Zeus beschäftigte sich damit, eine jede anhand des Geräuschs zu identifizieren, das sie machte, wenn sie den Boden oder die Wand berührte.
    Ein lautes Klicken ertönte, gefolgt von einem viel leiseren Zischen.
    »Das Licht ist aus!« brüllte ein Leibwächter.
    »Sie haben die Leitung durchgeschnitten!« folgte der zweite.
    »Nicht sie«, berichtigte Zeus. »Er.«
    Er war sich nicht sicher, wieso er so überzeugt davon war, genauso wenig, wieso er wußte, daß seine Leibwächter das Überprüfen der Waffen kurz unterbrochen hatten, um ihn anzustarren.
    Ein Geruch drang an seine Nase, der Geruch der Kälte draußen, die mit einem Windstoß in die Wärme seines Hauses eindrang. Ihm folgte eine andere Ausdünstung, wie von etwas Abgestandenem, Altem und ganz und gar Fürchterlichem.
    »Er ist im Haus«, sagte Zeus sehr leise.
    Seine riesigen Leibwächter fuhren wie Dschungelkatzen herum, waren jetzt wieder Einsatzsoldaten, wie damals, bevor man sie zu seinem Schutz abkommandiert hatte. Sie bereiteten sich auf den Eindringling vor, und Zeus nahm die Veränderung in ihrer Aura wahr, während sie sich vergewisserten, daß er sicher hinter der Deckung des Schreibtisches saß, und dann an den beiden Seiten des Raums Stellung bezogen, ohne die Tür auch nur

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