Die Achte Fanfare
Schuß für jeden von ihnen, und dann zwei für den, der an der abgesägten Schrotflinte zerrte, die er an seinem Motorrad befestigt hatte.
Er ließ Ax auf der Straße liegen, damit er die Leichen seiner Kumpel fand, wenn er aufwachte. Es mußte jemand übrig bleiben, der erzählen konnte, was passiert war. Man beglich seine Schuld am besten, indem der, dem man es heimzahlte, noch längere Zeit damit leben mußte.
Und in dieser Nacht, so vermutete Kimberlain, war der Fährmann geboren worden.
Er fuhr davon, ohne die Motorradfahrer mit einem zweiten Blick zu würdigen. Er empfand keine Furcht vor den Folgen seiner Tat, mit denen er sich von Anfang an abgefunden hatte, sondern vor dem Gefühl, das ihn durchströmt hatte, während er zum ersten Mal seine Schuld beglichen hatte.
Er hatte es genossen. Und vielleicht hatte ihn die Erinnerung an dieses Gefühl später, als er nach seiner Begegnung mit Peet im Krankenhaus lag, dazu gebracht, seine Schuld auch anderen gegenüber zu begleichen.
Er fuhr mit dem Lincoln wie geplant direkt nach Fort Bragg, wo er sich der Militärpolizei stellte und ein Geständnis ablegte. Die Militärrechtsprechung hatte Vorrang vor der zivilen, und so erwartete er in seiner Zelle den Prozeß vor dem Kriegsgericht. Es war sehr gut möglich, daß man ihn zum Tode durch den Strang oder zumindest zu einem Leben in dieser Zelle verurteilte.
Irgendwie stand er diese ersten Wochen vor dem Prozeß durch, doch als Kamanski ihm dann sein Angebot unterbreitete, nahm er es nach kurzem Überlegen an. Er bekam eine zweite Chance, und diesmal würde er sie nutzen. Er würde seine Gefühle in seinen tödlichen Begabungen und Fähigkeiten verlieren.
Als einer der Caretaker.
Ihm gefiel das Pseudonym ›Fährmann‹, und er schwor sich, ihm gerecht zu werden. In seinen beiden ersten Jahren scheiterte er auf keiner einzigen Mission. Er lebte von brutalen, animalischen Handlungen, atmete sie geradezu. Jeder Caretaker hatte eine Spezialität, und die seine war das Töten. Er war skrupellos und besessen von den Aufträgen, die Hermes ihm von Zeus überbrachte. All die, denen eine Reise über den Fluß Styx zugedacht war, traten sie auch an. Er kannte das andere Ufer sehr gut und genoß es, allein und erfolgreich von ihm zurückzukehren.
Wie Charon bei seinen Fahrten.
Eine Bemerkung von einer Stewardeß riß Kimberlain aus seinem Brüten, und er widmete sich wieder der Akte, die aufgeschlagen vor ihm auf dem Klapptisch lag.
Nach seinem Tod erbten Burton Eisemans drei Kinder die ums Überleben kämpfende Firma. Zwei Söhne, Thomas und Peter, und eine Tochter, Lisa. Die Firma wurde nach den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen benannt, vom Jüngsten bis zum Ältesten. Die Söhne zeigten kein Interesse an der Firma, und so übernahm Lisa deren Leitung.
Ihre erste Aufgabe bestand darin, einen feindseligen Übernahmeversuch durch die Wally Toy Company zu verhindern, damals die größte des Landes. Der Aufsichtsrat der TLP war in dieser Frage gespalten, so daß es zu internen Machtkämpfen kam. Durch spitzfindige Auslegungen des Gesellschaftervertrags konnte Lisa Eiseman den Aufsichtsrat auflösen und sich zur Präsidentin und Vorstandsvorsitzenden ernennen. Dabei riskierte sie den finanziellen Ruin und den fast sicheren Bankrott. Der Bargeldfluß kam zum Erliegen. Streiks wurden angedroht, eingeleitet und dann schnell und auf wundersame Art und Weise von Lisa Eiseman persönlich beigelegt. Einzelheiten darüber sind nicht bekannt. Kurz darauf wurde die Finanzierung des neuen Programms an interaktiven Spielzeugpuppen von außen durch eine unbekannte Quelle gesichert. Die Erfindung wurde abgeschlossen und patentiert. Nach dem Aufkauf der Wally Toys gilt die TLP Industries heute als erfolgreichster Spielzeughersteller des Landes.
Kimberlain versuchte weiterzulesen, doch erneut glitten seine Gedanken in eine andere Richtung ab.
Während seines letzten Jahrs bei den Caretaker hatte sich irgend etwas geändert. Es war langsam geschehen, Schritt um Schritt, und blieb daher beständiger als ein plötzlicher Wandel. Wahrscheinlich hatte es, so vermutete er, damit angefangen, daß er hinter die Existenz einer Organisation von Meuchelmördern kam, die Hashi genannt wurde. Trotz der Beweise, die Kimberlain ihm vorlegte, weigerte sich Zeus, ihn in dieser Richtung weiterarbeiten zu lassen, und diese Weigerung hatte Kimberlain nachdenklich gemacht. Und es stellten sich nicht gerade angenehme Gedanken bei ihm ein.
Er hatte als
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