Die Achte Fanfare
angerufen.«
»Verdammt. Geben Sie dem Wachpersonal Bescheid, daß er das Gebäude nicht betreten darf«, sagte sie nachdrücklich. »Ist das klar?«
»Völlig. Ich rufe sofort unten an.«
Lisa lehnte sich zurück. Es ärgerte sie, daß sie so barsch zu ihrer Sekretärin gewesen war. Amy hatte keine Schuld an ihren Problemen, zu denen sich in letzter Zeit auch noch die seltsamen Behauptungen dieses Kimberlains gesellt hatten, die sie mehr erzürnten als verängstigten. Für Angst hatte sie keine Zeit.
Sie sah sich in dem Raum um. Dieses Büro hatte bereits ihrem Vater gehört, und nachdem sie die Firma übernommen hatte, hatte sie hier nichts verändert. Der übergroße weiche Ledersessel, der ihren schlanken Körper jeden Augenblick zu verschlucken drohte, die mahagonigetäfelten Wände mit den dazu passenden Regalen und dem Schreibtisch, die importierten Hartholzstühle und -tische und sogar die Gemälde an den Wänden, das alles war für ihren Geschmack viel zu maskulin. Doch es symbolisierte etwas, zu dem sie nicht die Verbindung verlieren wollte: das Leben ihres Vaters und das Geschäft, das er aufgebaut und dessen Zusammenbruch er miterlebt hatte.
Lisa rief sich die Tage unmittelbar nach seinem Tod in Erinnerung zurück. Er hatte das reinste Chaos hinterlassen, und der vernünftigste Rat, den ihre Anwälte und Bankiers ihr geben konnten, war, alle Besitztümer einschließlich der Firma zu verkaufen, um den Familiensitz zu retten. Ihre beiden Brüder waren dafür, doch Lisa wollte nichts davon hören. Ein seltsamer Zusatz im Testament ihres Vaters verlangte, daß alle Entscheidungen in bezug auf den Verkauf der Firma von allen drei Kindern einstimmig beschlossen werden mußten. Und da eine weitere Klausel sie als Geschäftsführerin einsetzte, übernahm sie, indem sie gegen einen Verkauf stimmte, die Firma praktisch selbst.
Lisa glaubte, daß ihr Vater es so gewollt hatte.
Nachdem sich der Aufsichtsrat geweigert hatte, ihre Pläne zum Neuaufbau der TLP zu unterstützen und erste Schritte einzuleiten, die Firma wieder solvent zu machen, hatte sie ihn kurzerhand entlassen. Diese Auflösung kam Lisa teuer zu stehen und hätte beinahe fatale Folgen gehabt, denn bei dem darauffolgenden Rechtsstreit wurden Lisas Geldmittel eingefroren. Am Tag, nachdem die ersten Lohnzahlungen ausgeblieben waren, riefen die Gewerkschaften sofort einen Streik in ihren Fabriken und Lagerhäusern aus. Lisa umging die Gewerkschaftshierarchie völlig und wandte sich direkt an die Arbeiter, die ihr Vater wie eine Familie behandelt hatte. Auf einer zweitägigen Blitztour besuchte sie alle vier Fabriken. Sie erinnerte die Arbeiter an die verschiedenen innovativen sozialen Pläne, die die TLP eingeführt hatte, darunter auch den, den Arbeitern im Notfall zinsgünstige Kredite zur Verfügung zu stellen. Sie erklärte ihnen, daß dieser Streik die Firma und ihre Arbeitsplätze vernichten würde, und bat sie um etwas Zeit, um die Dinge wieder in den Griff zu bekommen. Dafür würde sie eine Gewinnbeteiligung einführen: Je besser es der TLP ging, desto besser würde es auch ihren Arbeitern gehen. Sie würde die Firma zur größten der Branche machen. Sie habe noch ein As im Ärmel, erzählte sie ihnen, und das war ihre einzige Lüge.
Nachdem die Belegschaft die Arbeit wieder aufgenommen hatte, schickte sich Lisa an, in der Firma wieder Ordnung zu schaffen. Jeder Tag war schlimmer als der vorherige; sie mußte immer mehr Forderungen begleichen, und die mageren Aktiva der TLP bluteten dabei aus. Darüber hinaus hatten sich die entlassenen Aufsichtsräte mit der Firma Wally Toys zu einem feindseligen Übernahmeversuch zusammengetan, den Lisa kaum würde verhindern können.
Bis sie tatsächlich ein As im Ärmel fand.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Forschungs- und Entwicklungsabteilung und stieß auf einen faszinierenden Bericht zweier vor kurzem eingestellter Computerfreaks, die an der Entwicklung hochmodernen Spielzeugs der Zukunft arbeiteten. Sie nannten ihre Spielzeugfiguren ›interaktiv‹, weil sie imstande waren, Befehle von fremden Quellen entgegenzunehmen, zum Beispiel von einem Fernsehprogramm. Ihr Vater hatte das Projekt wegen seiner hohen Kosten und kontroverser Gutachten über seine Harmlosigkeit abgelehnt. Lisa las den Abschlußbericht und war fasziniert. Sie hatte gefunden, was sie brauchte.
Die Kosten, das Produkt vom Entwicklungsstadium auf den Markt zu bringen, beliefen sich auf etwa 50 Millionen Dollar. Selbst
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