Die Achte Fanfare
abzuschalten und das Tor zu öffnen, rief Kimberlain David Kamanski an. Getrocknetes Blut und Schweiß überzogen seine Kleidung und Haut.
»Jared, wo zum Teufel haben Sie gesteckt? Ich versuche schon die ganze Zeit, Sie zu errei…«
»Ich hatte zu tun, David. Hier unten sind eine Menge Leute gestorben. Ein weiteres Ihrer Attentate.«
»Ist Lisa Eiseman auch …«
»Nein, sie lebt, aber es war sehr knapp. Diesmal waren die Waffen mörderische Spielzeugsoldaten. Unser Freund wird immer besser. Dieser Anschlag geht weit über den Mord an Lime hinaus, sehr weit.«
Kamanski seufzte. »Genau deshalb wollte ich Sie erreichen. Ihr Freund Captain Seven behauptet, er hätte unser Geheimnis hier oben gelöst.«
13
Es war Donnerstagabend, und Danielle wartete. Warten war nichts Neues für sie; sie hatte einen großen Teil ihres Lebens damit verbracht, auf irgend etwas zu warten, sich aber irgendwie niemals daran gewöhnt.
Bevor sie am Tag zuvor Washington verlassen hatte, hatte sie sich mit einem falschen Ausweis Zutritt zu einem Computerterminal des Schatzamtes verschafft. Als eine der wichtigsten Datenbanken des Landes enthielt diese zentrale Datenstelle praktisch alle verfügbaren Informationen über das Regierungsbudget, doch man mußte über den richtigen Zugangskode verfügen, um Daten abfragen zu können. Es war ihr ohne große Schwierigkeiten gelungen, sich in die Datenbank des Verteidigungsministeriums einzuschleichen und eine Nachfrage über ›Spinnennetz‹ einzugeben. Ein paar Sekunden verstrichen ereignislos, dann:
ZUGANG VERWEIGERT. VERBINDUNG UNTERBROCHEN.
Danielle versuchte es mit einem anderen Zugangskode und wartete.
ZUGANG VERWEIGERT. VERBINDUNG UNTERBROCHEN.
Das überraschte sie nicht. Spinnennetz mußte über einen TOPSEC-Kode verfügen, der jedem den Zugang zu der Datei verweigern würde, der nicht ausdrücklich dazu befugt war. Damit war die Vordertür für sie geschlossen, doch vielleicht blieb ihr ja noch ein winziger Sprung in der Hintertür. Sie gab einen übergreifenden Notkode ein, mit dem sie eine Auflistung der Personen bekam, die befugt waren, die Spinnennetz-Datei abzufragen. Nun mußte sie sich die Informationen, die sie suchte, eben von einem Menschen statt von einer Maschine besorgen, vorausgesetzt, die aufgeführten Personen standen nicht so hoch in der Regierungshierarchie, daß sie unmöglich an sie herankam.
Endlich erschienen Namen auf dem Bildschirm, einer pro Zeile. Mit den ersten vier hatte sie gerechnet; an sie würde sie ganz bestimmt nicht herankommen. Doch der fünfte war …
JAMES ROBERT STANTON STONE.
Was zum Teufel hatte er auf dieser Liste zu suchen?
Sie sah auf die Uhr. Sie hatte sich schon zu lange hier eingeklinkt. Wenn man ihr unbefugtes Eindringen bemerkt hatte, würden vom Verteidigungsministerium alarmierte Beamte schon auf dem Weg hierher sein. Sie stand vorsichtig auf und ging zum Fahrstuhl. Als sie wieder draußen in der kühlen Herbstsonne war, richtete sie ihre Gedanken auf den fünften Namen der Liste. James Robert Stanton Stone war einer der reichsten Männer auf der Welt; er hatte sein Vermögen hauptsächlich durch Öl gemacht. Irgendwie hatte er etwas mit Spinnennetz zu tun, was wiederum etwas mit den gestohlenen Plänen eines Super-Trident-U-Boots der Jupiter-Klasse zu tun hatte. Ihr nächster Zug war klar: Was sie erfahren mußte, würde sie von Stone erfahren.
Und nun wartete sie in einem Parkhaus in Fort Worth im Bundesstaat Texas auf dessen Eintreffen. Sekunden, Minuten, Stunden: Wie immer konnte sie sie nicht mehr voneinander unterscheiden. Der Schlüssel war Geduld. Doch geduldiges Warten gab ihr Zeit zum Nachdenken, und dort lag der wirkliche Schmerz.
Sie war fünfzehn Jahre alt gewesen, als die Spiele auf dem bewaldeten Gelände, auf das die Männer sie gebracht hatten, in eine neue Phase getreten waren. Die Zahl der verbleibenden Kinder war drastisch gesunken; kaum ein Dutzend hielt sich nun noch dort auf. Danielle hatte ein eigenes Zimmer bekommen. Doch sie war gern allein und zog ihre eigene Gesellschaft der von anderen vor. Ihr waren schon vor einiger Zeit die sehnsüchtigen Blicke aufgefallen, mit denen die Jungen auf dem Gelände sie bedachten, besonders ein unzertrennliches Paar, das sie als Jack und Jules kannte und am liebsten mied.
Eines Abends wurde sie allein in die Wälder geschickt; ihre Ausbilder hatten ihr gesagt, nun habe die erste Stufe des Überlebenstrainings begonnen. Sie ging ohne Waffen und mit spärlicher
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