Die Achte Fanfare
tausend verschiedene Arten zu töten. Das Schicksal hatte ihr jedoch vor kurzem den Sinn gewährt, den sie brauchte, um die Gleichgültigkeit zu besiegen, die man während ihrer Ausbildung in sie eingehämmert hatte. Nun hatte sie einen Grund für das, was sie tat.
Durch die getönten Scheiben der Limousine sah sie, wie die Fahrstuhltür der Tiefgarage aufglitt und James Robert Stanton Stone erschien.
Jim Bob, wie er allen bekannt war, war reich geboren worden und später noch viel reicher geworden. Doch er hatte dabei niemals zurückgesteckt, was sein Privatleben betraf, und auch niemals das Leben anderer Menschen zerstört. In der Zeit, da es den meisten anderen im Ölgeschäft sehr schlecht ging, hatte Jim Bob seinen Reichtum noch vermehrt. Er hoffte auf den unausweichlichen Preisanstieg und kaufte Quellen auf, die für andere Gesellschaften nicht mehr profitabel waren. Als die Preise dann tatsächlich anzogen, machten auch die Notierungen der Aktien seiner Firmen einen gewaltigen Sprung nach oben. Er war nun reicher, als er jemals hatte sein wollen, und er dankte dem Schicksal, indem er seine Preise niedrig hielt, so daß der kleine Mann auf der Straße für seine Tankfüllung ein paar Scheine weniger hinblättern mußte. Was ihn selbst betraf, ließ Jim Bob seinen Chauffeur immer eine Selbstbedienungs-Tankstelle anfahren. Er mochte den Geruch von Benzin an seinen Händen. Das gab ihm das gute Gefühl, mehr zu sein als nur ein schwerreicher Geschäftsmann.
Die Verhandlungen in Fort Worth über neue Bohrlizenzen hatten länger gedauert und weniger Fortschritte erzielt als gehofft. Schuld daran waren Männer, die kaum einatmen konnten, ohne dafür eine Vollmacht mit drei Durchschlägen zu haben, wohingegen Jim Bob ein Handschlag völlig reichte. Zwei Wachen begleiteten ihn im Fahrstuhl in die Tiefgarage und fuhren erst wieder nach oben, als er die hintere Tür seiner Limousine öffnete. Jim Bob spielte mit dem Gedanken, die Füße auf die gegenüberliegende Sitzbank zu legen und sich einen Jack Daniel's zu genehmigen.
Er war schon halb eingestiegen, als er die Frau bemerkte.
»On the rocks, mit einem Spritzer Soda, nicht wahr?« fragte sie ihn.
Jim Bob sah das Glas in ihrer einen und die Pistole in der anderen Hand. »Wenn ich Sie recht verstehe«, sagte er und erstarrte, »soll ich jetzt wohl einsteigen und die Tür schließen.«
»Bitte«, sagte Danielle.
Jim Bob gehorchte und schaute zu der getönten Trennscheibe hinter den vorderen Sitzen hinüber. »Mein Fahrer, Ma'am. Ist er …?«
»Wohlauf. Nur bewegungsunfähig. Im Kofferraum. Ich habe darauf geachtet, daß er genug Luft bekommt.«
»Ist ja richtig nett von Ihnen.«
Danielle klopfte gegen die Trennscheibe. Ihr Fahrer ließ den Motor an und fuhr los.
»Eine Entführung, nehme ich an«, sagte Jim Bob ruhig und nippte an dem Whisky.
»Keineswegs.«
»Na, ein Höflichkeitsbesuch ist es aber auch nicht.«
»Es gibt da ein paar Fragen, auf die ich eine Antwort haben muß, Mr. Stone.«
»Nennen Sie mich Jim Bob. Alle meine Freunde und Kidnapper nennen mich so. Was sind Sie, eine Reporterin, die verzweifelt hinter einer Story her ist? Verdammt, Sie hätten einen Termin mit mir vereinbaren können.«
»Nein, das ist auch nicht der Fall.«
»Warum sagen Sie mir dann nicht, was der Fall ist, Ma'am?«
»Ich bin keine Reporterin.«
»Aber Sie haben trotzdem Fragen. Also fragen Sie. Sorgen Sie nur dafür, daß ich noch rechtzeitig zum Flughafen komme und nicht das Football-Spiel meines Sohnes verpasse.«
»Universitäts-Meisterschaft«, sagte Danielle.
»Für jemand, der keine Reporterin ist, sind Sie ziemlich gut informiert.«
Die Limousine hatte das Parkhaus verlassen und hielt nun auf die Flughafen-Autobahn zu. Danielle griff mit der linken Hand in ihre Tasche und holte eine Spritze heraus.
»Ma'am, ich hab' nicht viel für solche Nadeln übrig. Außerdem kann ich Ihre Fragen nicht beantworten, wenn ich schlafe.«
»Das ist Sodium-Amytal«, erklärte sie ihm. »Ein Wahrheitsserum.«
»Verdammt, ich brauch' dieses Zeug nicht, um die Wahrheit zu sagen. Schießen Sie einfach los. Ich geb' Ihnen mein großes Pfadfinderehrenwort, daß ich Sie nicht belüge.«
Danielle schüttelte den Kopf. »Ich verabreiche Ihnen das Serum zu Ihrem eigenen Besten. Dann werden Sie sich nicht mehr an die Fragen erinnern, die ich Ihnen gestellt habe.«
Jim Bob Stone rollte seinen Ärmel hoch. Er wandte sich von ihr ab und kniff die Augen zusammen. »Verdammt,
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