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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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haben. Sie haben die Freiheit, Ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, bessere Entscheidungen. Zu bestimmen, welchen Weg Sie einschlagen wollen.«
    Meredith nickte. »Verstehe.«
    Auf einmal wollte sie es nur noch hinter sich bringen. Die letzte Karte ziehen, sich anhören, was Laura zu sagen hatte, und dann nichts wie weg.
    »Behalten Sie das bitte im Kopf.«
    Meredith hörte die ausgesprochen deutliche Warnung in Lauras Stimme. Jetzt musste sie den Drang niederkämpfen, auf der Stelle von ihrem Stuhl aufzuspringen.
    »Die zehnte und letzte Karte schließt die Lesung ab. Sie gehört nach rechts oben.«
    Einen Moment lang schien Merediths Hand über dem Tarotdeck zu schweben. Sie meinte fast, die unsichtbaren Linien zu sehen, die ihre Haut mit den grün-gold-silbernen Kartenrücken verbanden.
    Dann nahm sie die Karte und drehte sie um.
    Ein Laut entwich ihren Lippen. Sie nahm wahr, dass Laura auf der anderen Seite des Tisches die Fäuste geballt hatte.
    »Die Gerechtigkeit«, sagte Meredith in ruhigem Tonfall. »Ihre Tochter hat gesagt, ich sehe aus wie sie«, fügte sie hinzu, obwohl sie das bereits erwähnt hatte.
    Laura sah ihr nicht in die Augen. »Der Stein, der La Justice zugeordnet wird, ist der Opal«, sagte sie. Meredith fand, dass sie klang, als lese sie den Text aus einem Buch ab. »Außerdem besteht eine starke Verbindung zwischen dieser Karte und dem Sternzeichen Waage.«
    Meredith stieß ein hohles Lachen aus.
    »Ich bin Waage«, sagte sie. »Mein Geburtstag ist am 8 . Oktober.«
    Noch immer reagierte Laura nicht, als käme auch diese Information für sie nicht überraschend.
    »La Justice im Bousquet-Tarot ist eine kraftvolle Karte«, sprach sie weiter. »Wenn man von dem Gedanken ausgeht, dass die großen Arkana die Reise des Narren von seliger Unwissenheit zur Erleuchtung sind, dann befindet sich Gerechtigkeit genau in der Mitte.«
    »Und das heißt?«
    »Wenn sie bei einer Lesung auftaucht, ist sie normalerweise eine Aufforderung, eine ausgewogene Sichtweise zu bewahren. Der oder die Fragende sollte darauf achten, sich nicht beirren zu lassen und zu einer fairen und angemessenen Einschätzung der Lage zu gelangen.«
    Meredith lächelte. »Aber sie ist umgedreht«, sagte sie und wunderte sich selbst, wie ruhig sie klang. »Das ändert die Sache, nicht wahr?«
    Laura schwieg einen Augenblick.
    »Nicht wahr?«
    »Die umgedrehte Karte warnt vor einer Ungerechtigkeit. Vielleicht vor Vorurteilen und Befangenheit oder einem Fehlurteil im juristischen Sinne. Außerdem beinhaltet sie ein Gefühl des Zorns darüber, verurteilt oder falsch beurteilt zu werden.«
    »Und Sie glauben, diese Karte stellt mich dar?«
    »Ich glaube, ja«, sagte Laura schließlich. »Nicht nur, weil sie als letzte Karte gezogen wurde.« Sie zögerte. »Und nicht nur wegen der offensichtlichen physischen Ähnlichkeit.« Erneut stockte sie.
    Meredith sah sie an. »Laura?«
    »Okay, ich glaube, sie repräsentiert Sie, aber gleichzeitig denke ich nicht, dass es dabei um eine Ungerechtigkeit geht, die Ihnen widerfahren ist. Ich vermute eher, dass auf Sie die Aufgabe zukommt, ein geschehenes Unrecht wiedergutzumachen. Dass Sie für Gerechtigkeit sorgen sollen.« Sie blickte auf. »Vielleicht habe ich das vorhin gespürt. Dass da noch etwas ist – noch mehr –, etwas, was tiefer liegt als die offensichtlichen Geschichten, die dieses Legemuster bietet.«
    Meredith ließ den Blick über die zehn Karten auf dem Tisch gleiten. Lauras Worte kreisten ihr durch den Kopf.
    Es geht um das Ausloten von Möglichkeiten, das Aufdecken unbewusster Motivationen und Wünsche.
    Der Magier und der Teufel, beide mit eisblauen Augen, Letzterer die Doppeloktave des Ersteren. Alle Achten, die Zahl des Erkennens, des Erreichens.
    Meredith streckte die Hand aus und nahm zuerst die vierte und dann die letzte der von ihr gezogenen Karten. Die Kraft und die Gerechtigkeit.
    Irgendwie schien es, als gehörten sie zusammen.
    »Für einen Augenblick«, sagte sie leise, eher zu sich selbst als zu Laura, »dachte ich, ich verstehe es. Als würde das alles irgendwo auf einer tieferen Ebene Sinn ergeben.«
    »Und jetzt?«
    Einen Moment lang sahen die beiden Frauen einander an.
    »Jetzt sind es bloß Bilder. Bloß Muster und Farben.«
    Die Worte hingen zwischen ihnen. Dann begann Laura ohne Vorwarnung, hastig die Karten einzusammeln, als wollte sie sie keine Sekunde länger in der Anordnung liegen lassen.
    »Sie sollten sie mitnehmen«, sagte sie. »Selbst versuchen,

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