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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Sie so wollen. Der Turm muss nicht unbedingt negativ sein.«
    »Klar, das hab ich verstanden«, sagte Meredith ein wenig ungeduldig. »Aber was bedeutet er hier? Jetzt? Sie interpretieren ihn anders, nicht wahr?«
    Laura erwiderte den Blick. »Konflikt«, sagte sie. »So sehe ich ihn.«
    »Zwischen?«, hakte Meredith nach.
    »Das können nur Sie wissen. Es könnte um das gehen, was Sie vorhin angedeutet haben – den Konflikt zwischen privaten und beruflichen Erfordernissen. Ebenso gut könnte es darum gehen, dass die Diskrepanz zwischen den Erwartungen anderer an Sie und dem, was Sie geben können, zu einer Art Missverständnis führt.«
    Meredith sagte nichts, versuchte, den Gedanken zu unterdrücken, der sich aus der inneren Verbannung, in die sie ihn geschickt hatte, zurück ins Bewusstsein drängte.
    Was, wenn ich etwas über meine Familie herausfinde, das alles verändert?
    »Gibt es etwas Spezielles, von dem Sie meinen, dass die Karte möglicherweise darauf Bezug nimmt?«, fragte Laura sanft.
    »Ich …«, setzte Meredith an, bremste sich dann aber. »Nein«, antwortete sie bestimmter, als ihr zumute war. »Wie Sie schon sagten, da käme so manches in Frage.«
    Sie zögerte, war jetzt nervös, was wohl als Nächstes kommen würde, bevor sie wieder eine Karte zog.
    Die nächste Karte war die Acht der Kelche.
    »Das gibt’s doch gar nicht«, murmelte sie halblaut und zog schnell die nächste. Die Acht der Schwerter.
    Sie hörte, wie Laura die Luft einsog.
    Noch eine Oktave.
    »Alle Achten, wie unwahrscheinlich ist das?«
    Laura antwortete nicht sofort. »Es ist ungewöhnlich, keine Frage«, sagte sie schließlich.
    Meredith studierte die ausgelegten Karten. Da waren nicht nur die Oktaven, die die Karten der großen Arkana verknüpften, oder die Wiederholung der Zahl Acht. Da waren auch die Noten auf dem Kleid von La Justice und die grünen Augen des Mädchens auf La Force.
    »Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Karte gezogen wird, bei allen gleich groß«, sagte Laura, obwohl Meredith ihr ansah, dass sie das sagte, weil sie meinte, es sagen zu müssen, nicht, weil sie es wirklich glaubte. »Dass in einer Sitzung alle vier Farben einer Zahlen- oder Bilderkarte auftauchen, ist ebenso wahrscheinlich wie jede andere Kartenkombination.«
    »Aber haben Sie das schon mal erlebt?«, sagte Meredith, nicht bereit, sie vom Haken zu lassen. »Im Ernst? Dass eine Zahl sich so wiederholt?« Sie ließ die Augen über den Tisch schweifen. »Und La Tour, Karte  XVI ! Zweimal acht.«
    Widerwillig schüttelte Laura den Kopf. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    Meredith tippte auf die letzte Karte. »Was bedeutet die Acht der Schwerter?«
    »Störung. Ein Hinweis darauf, dass etwas oder jemand sie zurückhält.«
    »Zum Beispiel Le Pagad?«
    »Möglich, wenngleich …« Laura stockte, wählte ihre Worte sichtlich mit Bedacht. »Wir haben es hier mit parallelen Geschichten zu tun. Einerseits ist da der klare Verweis auf den unmittelbar bevorstehenden Höhepunkt eines Projektes, entweder beruflicher Art oder in Ihrem Privatleben oder vielleicht auch beides.« Sie blickte auf. »Ja?«
    Meredith runzelte die Stirn. »Sprechen Sie weiter.«
    »Daneben gibt es Andeutungen auf eine Reise oder eine Veränderung der Umstände.«
    »Okay, sagen wir, das kommt hin, aber …«
    Laura fiel ihr ins Wort. »Ich spüre da noch etwas. Es ist nicht richtig klar, aber ich spüre, dass da etwas ist. Diese letzte Karte … etwas, was Sie entdecken oder aufdecken werden.«
    Merediths Augen verengten sich. Die ganze Zeit hatte sie sich wieder und wieder gesagt, dass das alles bloß ein harmloser Spaß war. Dass es nichts zu bedeuten hatte. Warum also raste ihr Herz wie verrückt?
    »Meredith, vergessen Sie nicht«, sagte Laura beschwörend, »bei der Kunst des Wahrsagens durch das Ziehen und Deuten von Karten geht es nicht um Vorhersagen, was passieren wird und was nicht. Es geht um das Ausloten von Möglichkeiten, das Aufdecken unbewusster Motivationen und Wünsche, die zu vielerlei Verhaltensmustern führen können oder auch nicht.«
    »Ich weiß.«
    Bloß ein harmloser Spaß.
    Aber etwas an Lauras Eindringlichkeit und dem Ausdruck tiefster Konzentration auf ihrem Gesicht machte das Ganze gefährlich ernst.
    »Das Deuten von Tarotkarten sollte den freien Willen stärken, nicht ihn schwächen«, sagte Laura, »und zwar aus dem einfachen Grund, dass wir dabei mehr über uns selbst und die Probleme erfahren, mit denen wir es zu tun

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