Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
Vom Netzwerk:
noch nie deine Stärke.«
    »Dirk!«, rief Frederike scharf. »Papa, kannst du mal einen Moment die Theke machen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, kam sie hinter der Glastheke hervor wie eine Furie, ergriff Dirks Hand und zerrte ihn mit sich durch die Backstube, wo ein Geselle gerade Vanillecreme anrührte, in den engen Aufenthaltsraum.
    »Sag mal, was soll das?«, fuhr sie ihn an. »Papa hat sich so gewünscht, dass du mal vorbeikommst und uns besuchst, und was machst du? Du beleidigst ihn!«
    Dirk sah seine zwei Jahre ältere Schwester schuldbewusst an. Sie war vielleicht nicht die Klügere, aber definitiv die Willensstärkere von ihnen.
    »Ist doch wahr«, verteidigte er sich. »Wie kommt er dazu, irgendwelchen Typen, die er gar nicht kennt, von unserer Ferienwohnung zu erzählen und ihnen auch noch gleich den Schlüssel zu geben?«
    »Was ist denn eigentlich los?«
    »Nichts ist los! Ich wollte bloß einfach meine Ruhe habenvor diesen Spinnern. Aber daraus ist nichts geworden.«
    »Erzähl mir keinen Quatsch, Dirk. Ich kenne dich gut genug. Jemand hat dich verletzt. War sie es?«
    »Wer?«
    »Dieses schlanke Mädchen mit den kurzen Haaren und den Rehaugen.«
    Dirk senkte den Blick. »Quatsch!«
    Frederike legte sanft ihre Hand auf seine. »Was ist passiert?«
    »Gar nichts!«
    »Ist sie mit diesem Typen zusammen, mit dem sie hier war? So ein Gutaussehender mit grauen Schläfen?«
    Dirk warf ihr einen empörten Blick zu. Gutaussehend? Paulus? »Keine Ahnung. Interessiert mich auch nicht.«
    Frederike seufzte. »Ich weiß ja nicht, was vorgefallen ist. Aber vielleicht solltest du noch mal mit ihr sprechen. Sie war hier und hat nach dir gesucht. Das beweist doch, dass ihr etwas an dir liegt, oder?«
    »Du hast überhaupt keine Ahnung!«, sagte Dirk. Doch gleichzeitig spürte er Hoffnung in sich aufkeimen. Vielleicht hatte seine Schwester recht – vielleicht war es Mele doch nicht bloß um das verdammte Manuskript gegangen.
    »Dann erzähl mir, was los ist.«
    »Also gut.« Während Dirk die Ereignisse der letzten Tage schilderte, hörte Frederike in ihrer stillen, ernsten Art zu.
    »Wow!«, sagte sie, nachdem er geendet hatte. »Das klingt ja wie ein Thriller! Dir ist schon klar, dass du dich benommen hast wie ein Vollidiot, oder? Diesem Paulus das Manuskript zu klauen, das seiner Großmutter gehörte!«
    Dirk wollte widersprechen, doch ihm fiel nichts Überzeugendes ein, das er zu seiner Verteidigung vorbringen konnte.
    Frederike lächelte. »Es gibt verschiedene Arten von Vollidioten, weißt du. Manche sind Idioten aus Gier und Selbstsucht, andere machen Unsinn, weil sie es gut meinen. Wieder andere können nicht mehr klar denken, weil ihnen jemand den Kopf verdreht hat. Bei dir scheinen mir alle drei Kategorien zuzutreffen.«
    Er musste grinsen. »Da hast du wohl recht.« Es tat gut, jemandem sein Herz ausgeschüttet zu haben. Jemandem wie Frederike, die schon als Kind bedingungslos zu ihm gehalten hatte, ganz egal, welchen Unsinn er verzapft hatte.
    »Dir ist klar, was du jetzt zu tun hast?«
    Er tat unwissend. »Was denn?«
    »Du musst dich bei den beiden entschuldigen! Vor allem bei diesem Paulus!«
    Dirks Magen verknotete sich bei der Vorstellung. »Das geht nicht«, sagte er.
    »Wieso nicht?«
    »Ich habe keine Ahnung, wo die beiden sind.«
    »Dann ruf sie an!«
    »Mele hat kein Handy.«
    »Aber Paulus, oder?«
    »Ja, schon, aber …«
    »Du traust dich nicht.«
    Dirk antwortete nicht.
    »Ich kenne dich, Bruderherz. Du wirst das jahrelang mit dir herumschleppen, wenn du nicht reinen Tisch machst. Ruf ihn an, triff dich mit den beiden, entschuldige dich, dann ist die Sache erledigt.«
    Dirk wurde plötzlich wütend. »Und du denkst, dann istalles wieder gut?«, fuhr er sie an. »Du glaubst, sie lässt dann diesen Blödmann stehen und kommt zu mir zurück? Sie hält ihn für den Auserwählten, schon vergessen?«
    Frederike sah ihn mitleidvoll an. »Ich weiß, dass es weh tut, aber du musst sie loslassen. Vielleicht kommt sie zu dir zurück, wenn sich die ganze Sache als Humbug herausstellt, vielleicht nicht. Wichtig ist nur, dass du dich nicht jahrelang mit Selbstvorwürfen quälst!«
    »Und wenn es kein Humbug ist?«

33.
Düsseldorf, Freitag 11:57 Uhr
    Paulus stand da wie vom Donner gerührt. Das Haus, der Garten, die Umgebung kündeten von beträchtlichem Wohlstand. Mele stammte aus einem vornehmen Elternhaus. Warum hatte sie ihm dann eine abenteuerliche Geschichte von ihrer Jugend im Waisenhaus

Weitere Kostenlose Bücher