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Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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herausgefunden hatte. »Das Problem ist, dass es einfach zu viele Interpretationsmöglichkeiten gibt«, schloss er. »Vielleicht würde ein Mathematiker besser begreifen, was der Autor des Manuskripts meint. Ich habe jedenfalls das Gefühl, im Nebel zu stochern.«
    Mele runzelte die Stirn. »Ich glaube, ich kenne jemanden, der uns helfen kann«, sagte sie.
    »Wen denn?«
    Ein merkwürdiger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht, den er nicht deuten konnte. War das Verunsicherung? »Er lebt in Düsseldorf«, sagte sie. »Am besten, wir fahren hin. Dort können wir vielleicht auch für eine Weile unterkommen, bis wir den Rest des Textes entschlüsselt haben.«
    »Ein Freund von dir?«
    Mele senkte den Blick. »So ähnlich.«
    »Können wir ihm trauen?« Paulus wollte nicht noch einmal etwas erleben wie die Auseinandersetzung mit Dirk.
    Sie nickte. »Ja. Es gibt niemanden, dem ich mehr vertraue als ihm.«
    Paulus wusste nicht, ob das viel wert war, aber er beschloss, nicht weiter in sie zu dringen. Er war sich durchaus nicht sicher, ob es eine gute Idee war, noch jemanden mit in die Sache hineinzuziehen. Andererseits konnte erHilfe gut gebrauchen. Er würde sich ein Urteil bilden müssen, wenn er Meles Bekanntem gegenübertrat, und dann entscheiden, wie offen er sein konnte.
    Kurz darauf fuhren sie die A 61 entlang Richtung Norden. Mele hatte die Adresse auswendig in das Navigationssystem eingegeben. Es führte sie um Köln herum weiter nach Norden.
    Als das Navi schließlich verkündete, sie hätten ihr Ziel erreicht, war Paulus überrascht. Sie standen vor einem großzügigen, modernen Einfamilienhaus im noblen Düsseldorfer Vorort Niederkassel.
    »Hier ist es?«, fragte Paulus.
    Mele nickte. Sie wirkte, als sei ihr die ganze Sache unangenehm.
    »Wollen wir nicht aussteigen?«, fragte er.
    Sie seufzte und öffnete die Beifahrertür.
    Sie durchschritten einen gepflegten Vorgarten mit sauber geschnittenem Rasen, blühenden Rhododendren und Rosenstöcken. Bevor sie die Haustür erreichten, öffnete sich diese, und ein hochgewachsener, schlanker Mann mit graumeliertem Haar, mindestens zwanzig Jahre älter als Paulus, trat heraus. Er wirkte überrascht, aber auch erfreut. »Mele!«
    Sie zögerte, warf einen kurzen Blick zu Paulus. Dann umarmten sie sich. »Hallo, Papa!«

32.
Hagen, Freitag 09:15 Uhr
    Der vertraute Geruch von frischem Gebäck weckte Kindheitserinnerungen, als Dirk die Konditorei seines Vaters betrat. Er verdrängte sie. Jetzt bloß nicht sentimental werden.
    »Hallo, Dirk!«, rief seine Schwester Frederike erfreut. »Schön, dass du mal wieder vorbeikommst!« Sie wandte sich wieder der Kundin zu, die sie gerade bediente. »Das macht zwei neunzig, bitte.«
    Dirk wartete, bis die Kundin den Laden verlassen hatte. Nur drei der Tische des Cafés waren besetzt – das Geschäft mit dem Frühstück lief offenbar nicht mehr so gut wie früher. Kein Wunder bei all den Coffeeshops, die inzwischen das Straßenbild der Innenstädte prägten.
    »Ist Papa da?« Es war eine rhetorische Frage – wenn er nicht gerade krank war oder im Großmarkt einkaufte, stand sein Vater immer in der Backstube.
    »Ist irgendwas?«, fragte Frederike. Sie hatte stets ein gutes Gespür für Dirks Stimmungen gehabt.
    »Ich wollte ihm nur den Schlüssel zurückgeben, den er meinen beiden Freunden geliehen hat.« Es gelang ihm nicht, den Sarkasmus aus seiner Stimme herauszuhalten.
    Er hatte den ganzen Tag gestern in der Ferienwohnung herumgesessen und vergeblich versucht, seine Wut und sein Schamgefühl zu bändigen. Irgendwann hatte er eingesehen, dass er sich nicht ewig im Sauerland verstecken konnte, und beschlossen, mit der Bahn nach Köln zurückzukehren – aber nicht, ohne seinem Vater noch ein paar deutliche Worte zu sagen.
    »Ich hole ihn«, sagte Frederike und verschwand durch die Hintertür.
    Kurz darauf kam sie mit seinem Vater in fleckiger weißer Konditorkleidung zurück. Er grinste breit, als er Dirk sah, und breitete die Arme aus. »Hallo, mein Junge!«
    Dirk legte den Schlüssel auf den Tisch, machte jedoch keine Anstalten, seinen Vater zu umarmen. »Besten Dank auch, dass du irgendwelchen Fremden den Schlüssel zu unserer Ferienwohnung gegeben hast!«
    »Stimmt was nicht? Ich dachte, das wären Kommilitonen von dir. Sie haben gesagt, ihr hättet euch gestritten und sie wollten sich bei dir entschuldigen.«
    »Entschuldigen! Dass ich nicht lache!«
    »Tut mir leid, mein Sohn. Ich dachte wirklich …«
    »Schon gut. Denken war ja

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