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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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eingefädelt, und mit einer dummen Unachtsamkeit hatte sie sich verraten.
    Es schien, als sei die Fellini von einem Augenblick auf den anderen wieder nüchtern. »So ein Blödsinn«, fauchte sie, und dabei verwandelte sich ihr Gesicht zur Fratze, »Gonzaga hat mir nie Blumen geschickt, und er würde es auch nie tun. Wie konnte ich auf einen so dummen Trick hereinfallen!«
    Die ernüchterte Signora baute sich drohend vor Caterina auf.
    Verängstigt blickte Caterina zur Tür. »Hören Sie«, sagte sie mit zaghafter Stimme, »ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig.«
    »Ihre Erklärungen interessieren mich nicht!«, zischte die Signora. »Das Einzige, was ich wissen will ist: Wer sind Sie, und was wollen Sie?«
    »Also gut, mein Name ist nicht Margerita Margutta. Ich heiße Caterina Lima, und ich bin Jounalistin.«
    »Alles gelogen! Ich glaube Ihnen kein Wort. Also, wer hat Sie geschickt, um mich auszuhorchen?« Mit einem gekonnten Griff fasste die Fellini die Weinflasche am Hals und schlug sie auf die Tischkante, dass die Flasche zerbarst.
    Ein Glassplitter traf Caterina an der rechten Wange. Sie fühlte, wie ein warmes Rinnsal über ihre Backe lief. Abwehrend hob sie beide Hände. Sie sprang auf und hielt nach beiden Seiten Ausschau nach einem Fluchtweg.
    Wie eine Waffe hielt die Fellini Caterina die abgebrochene Flasche mit ausgestrecktem Arm entgegen. »Ich will wissen, wer Sie geschickt hat!«, wiederholte sie, und dabei betonte sie jedes Wort.
    »Niemand hat mich geschickt. Beruhigen Sie sich!« Mit erhobenen Händen bewegte sich Caterina rückwärts in Richtung Tür. Die starren Augen der Signora zeigten Entschlossenheit. Zweifellos nahm ihr der Suff jede Hemmung. Wie, überlegte Caterina, könnte sie einen Angriff abwehren? Wenn sich die Fellini mit dem Scherben auf sie stürzte, hatte sie kaum eine Chance.
    Aug in Aug belauerten sich die beiden Frauen im Abstand von zwei Metern. Caterina atmete kaum hörbar und kurz. Vorsichtig wie ein Seiltänzer auf dem Hochseil wich sie zurück, indem sie einen Fuß hinter den anderen setzte. Als sie an der Tür, die zum Korridor führte, angelangt war, hielt die Fellini inne, als hätte sie es sich anders überlegt.
    Sie wandte sich um und stapfte, als wäre nichts gewesen, über Scherben und zerfetzte Lilienblüten zu ihrem abgewetzten Sessel. Mit einem Seufzer ließ sie sich auf das Polster fallen. Dann stieß sie hervor, und dabei funkelten ihre Augen hasserfüllt: »Und jetzt verschwinde, du kleines Flittchen, und vergiss alles, was du gehört hast. Sonst wirst du mich kennenlernen! Raus!«
    Ohne zu zögern, kam Caterina der Aufforderung nach. »Ich lasse Ihnen meine Karte da«, sagte sie, »falls Sie mich einmal brauchen.«
    Sie verschmähte den Lift aus Angst, er könnte stecken bleiben. So hastete sie das marmorierte Treppenhaus hinab und atmete, auf dem Lungotevere Marzio angelangt, tief durch. Die kühle Abendluft tat gut.
    Was sie soeben erlebt hatte, bestätigte ihre schlimmsten Vermutungen: Die versoffene Signora, die von der Kurie für ihr Schweigen fürstlich entlohnt wurde. Und dann – Marlene! Marlene, die ein sündhaftes Verhältnis mit einem leibhaftigen Kardinal pflegte –
eine feine Dame
! Das war eine Überraschung, die ein ganz neues Licht auf Marlenes Tod warf. Dennoch blieb die Sache rätselhaft. Zwar machte es durchaus Sinn, wenn das Verhältnis eines Kurienkardinals mit
einer feinen Dame
durch Mord gewaltsam beendet wurde. Aber warum, ging es Caterina durch den Kopf, hatten die hohen Herren der Kurie dann an ihrem Begräbnis teilgenommen?

Kapitel 42
    Flughafen Frankfurt, Gate 26. Gebäude 456 B, die übliche Glas-Stahl-Architekur. Am Eingang ein Schild in blau-oranger Schrift: FedEx.
    Der drahtige Vierziger, der seinen dunkelblauen Mercedes nahe dem Eingang parkte, hatte es eilig. Seine Augen funkelten unruhig hinter der goldgerandeten Brille. Er sah müde aus, so als hätte er sich die ganze Nacht um die Ohren geschlagen. Sein zerknitterter Anzug machte nicht gerade einen gepflegten Eindruck. Mit der Linken presste er ein kleines Paket an sich, zehn mal zwanzig Zentimeter und mit Klebestreifen verklebt.
    Zielstrebig begab sich der Mann in das Innere des Gebäudes, orientierte sich an einem Hauswegweiser und trat vor einen Schalter, hinter dem ihm eine gepflegte Blondine geschäftsmäßig einen guten Morgen wünschte und im gleichen Tonfall und mit der gleichen Routine die Frage stellte: »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ein Wertpaket«,

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