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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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erwiderte der frühe Kunde mit geschäftsmäßiger Gelassenheit und schob das kleine Paket über den Tresen.
    Die FedEx-Blondine nahm das Paket in die Hand und schien irritiert wegen seiner Leichtigkeit. Dann legte sie es auf die elektronische Waage, die daraufhin einen Piepston von sich gab und einen Klebezettel ausspuckte. Sie las die Adresse:
    Giancarlo Soffici
Hotel Krone, Rheinuferstraße 10
65385 Assmannshausen
    In dem Hotel hatte Soffici eine Suite reserviert.
    »Und der Absender?«, fragte sie, ohne aufzublicken.
    »Ebenfalls Giancarlo Soffici!«
    »Und die Adresse des Absenders?«
    Der Kunde stockte. Dann sagte er: »Cittä del Vaticano, 1073 Roma.«
    Die Blondine blickte auf und legte die Stirn in Falten. Dann notierte sie die Angabe. »Versicherungswert?«, fragte sie.
    »Hunderttausend Euro.«
    Sichtlich genervt sortierte die Blondine hinter dem Schalter irgendwelche Papiere. Dann sah sie sich hilfesuchend um. Aber da war niemand, der ihr in dieser Situation beistehen konnte.
    »Sie müssen sich ausweisen!«, bemerkte sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte.
    Der frühe Kunde schob seinen Pass über den Schalter: Monsignor Giancarlo Soffici. Tonlos formte die Blondine den Namen mit den Lippen. Schließlich gab sie das Dokument zurück. »Sagten Sie hunderttausend Euro?«
    »Ja«, kam die Antwort.
    »Dann müssen Sie den Inhalt deklarieren.«
    »Schreiben Sie: Wissenschaftliche Probe!«
    »Wird aber nicht ganz billig«, meinte sie, während sie die Angabe in den Computer eintippte.
    Soffici zog seine Brieftasche hervor und reichte der Blondine eine Kreditkarte über den Schalter. »Wann darf ich die Lieferung erwarten?«, fragte er, ganz Herr der Situation.
    Nach einem langen Blick auf den Bildschirm meinte die Blondine: »Morgen ab zehn. Aber wenn Sie wollen, lässt sich die Sache auch beschleunigen ...«
    »Nein, nein, ich habe keine Eile. Morgen ab zehn.«
    Nachdem er seine Unterschrift geleistet und Laufschein und Kreditkarte zurückerhalten hatte, verschwand der seltsame Kunde ohne großes Aufsehen. Zwei Minuten später lenkte er seinen dunkelblauen Mercedes auf die A 3 Richtung Wiesbaden.
    So früh am Morgen herrschte auf der Autobahn noch wenig Verkehr. Soffici konnte seinen Gedanken nachgehen.
    Gonzaga, dessen war er sich sicher, hatte bis heute keine Ahnung, was da eigentlich abgelaufen war. Gewiss hielt er ihn noch immer für den devoten Sekretär, auf dem man herumtrampeln konnte wie auf einem Fußabstreifer. Einen, der den Titel Monsignore als den Gipfel seiner klerikalen Karriere betrachtete und dreimal täglich Gott dem Herrn auf Knien für diese Gnade dankte. Vielleicht hielt er ihn aber auch für tot, nachdem seit der Entführung bereits eine Woche vergangen war.
    Was immer er auch denken mochte, der Kardinalstaatssekretär würde längst zur Tagesordnung übergegangen sein. Er, Soffici, wusste, dass Gonzaga über Leichen ging. Umso größer war die Genugtuung, die Soffici jetzt empfand. Gonzaga hatte ihn unterschätzt. Nie im Leben hätte er ihm zugetraut, dass er mit Brandgesicht gemeinsame Sache machte.
    Zugegeben, es war nicht
seine
Idee gewesen. Brandgesicht war auf ihn zugekommen und hatte vorgeschlagen, er, Soffici, solle Gonzaga zu dem Geschäft überreden. Er wollte zunächst gar nicht glauben, was Brandgesicht da erzählte. Dass
er
es war, der dem Turiner Grabtuch eine Probe entnommen hatte, in der Absicht, sie zu Geld zu machen. Zu sehr viel Geld.
    Nicht, dass Geld ihm viel bedeutet hätte. Viel bedeutsamer erschien ihm die Gelegenheit, sich an Gonzaga zu rächen. Zu oft und zu tief hatte Gonzaga ihn gedemütigt, wie einen Hund behandelt, ihn der Lächerlichkeit preisgegeben. Einmal wollte er den Spieß umdrehen, ein einziges Mal.
    In Brandgesichts Auftrag hatte er mit einem fingierten Fax das Treffen an der Piazza del Popolo arrangiert. Soffici schüttelte den Kopf:
Konnte ich ahnen, dass Gonzaga in einen Auffahrunfall verwickelt würde?
    Über dunkle Kanäle hatte Brandgesicht inzwischen erfahren, dass Gonzaga, der von Anicet erpresst wurde, auf Burg Layenfels die Kopie und nicht das Original abgeliefert hatte. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten das bestätigt. Also witterte Brandgesicht ein neues, noch viel größeres Geschäft: Mit einer Gang von Berufsverbrechern inszenierte er die brutale Entführung.
Natürlich war ich eingeweiht in das Unternehmen. Sonst hätte mich vermutlich der Schlag getroffen
.
    Leider wurde die Entführung ein Reinfall. Jedenfalls blieb

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