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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Töne gewöhnt. Sein Amt verlieh ihm die höchste Würde, und die war er auch in dieser Situation nicht bereit abzulegen.
    »Guten Morgen, Herr Kardinal«, erwiderte Gonzaga, ohne auf die Frage seines Gegenübers einzugehen. »Was für eine scheußliche Gegend.« Die beiden kannten sich aus einer gemeinsamen Vergangenheit. Jeder wusste über den anderen bestens Bescheid. Das Fatale an dieser Situation war nur: Anicet hatte den Kardinalstaatssekretär in der Hand. Und deshalb hasste Gonzaga diesen Anicet, der sich großsprecherisch Großmeister nannte, mehr als es einem Christenmenschen zukam - von einem Kardinal ganz zu schweigen. »Was Ihre Frage betrifft«, erwiderte der Kardinal schließlich, »ja, es ist gut gegangen.«
    Anicet registrierte sehr wohl den zynischen Unterton in Gonzagas Antwort; aber er tat, als habe er den leisen Spott nicht bemerkt. Ja, in sein herbes Gesicht verirrte sich sogar ein höfliches Lächeln, als er den Kardinal jetzt mit einer einladenden Handbewegung aufforderte, ihm zu folgen.
    Burg Layenfels war um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts von einem spleenigen Engländer nach dem Vorbild mittelalterlicher Befestigungsanlagen erbaut worden. Die Bauarbeiten wurden jedoch nie vollendet, weil James-Thomas Bulwer - so der Name des Engländers - an einem frostigen Karfreitag sich über die Brüstung des Burgfrieds lehnte und nach einem dreißig Meter tiefen Sturz sein Leben aushauchte.
    Ein preußischer Knopffabrikant, der das unvollendete Bauwerk kaufte, fand ebenfalls wenig Freude daran, weil er, noch vor der endgültigen Vollendung, von seiner Geliebten, einer trinkfesten Berliner Tingeltangel-Tänzerin, aus Eifersucht erschossen wurde.
    Seither ging die Mär, auf Burg Layenfels liege ein Fluch. Das Bauwerk verfiel über die Jahrzehnte zur Ruine, weil sich kein Käufer finden wollte, der bereit war, neben dem Kaufpreis eine Millionensumme für die Restaurierung und Vollendung der Burganlage zu investieren.
    Groß war deshalb die Verwunderung bei den Stadtvätern von Lorch, in deren Besitz die Liegenschaft inzwischen übergegangen war, als eines Tages ein Italiener namens Tecina auftauchte. Der Mann war eine gepflegte Erscheinung, trug teure Kleidung und fuhr einen dunkelblauen Mercedes 500. Aber das war auch schon das Einzige, was man über ihn mit Sicherheit sagen konnte.
    Einige behaupteten, er sei Rechtsanwalt und agiere als Strohmann für einen obskuren Orden, andere wussten von Verbindungen zur russischen Mafia. Beweisen konnte es keiner. Tatsache war, dass Tecina mit einem Barscheck bezahlte, den Kaufpreis und die Restaurierung. Da trat die Frage nach der Herkunft des Geldes in den Hintergrund.
    Der Kardinalstaatssekretär glaubte das Geheimnis zu kennen, das sich hinter den Mauern von Burg Layenfels verbarg. Seine Gedanken drehten sich um nichts anderes. Sie erfüllten ihn mit Sorge, und ihm wurde speiübel, wenn er nur daran dachte. Außerdem empfand er es als entwürdigend, den Befehlen Anicets Folge zu leisten und hinter ihm herzutrotten wie ein Hund.
    Der Weg führte über eine steinerne Außentreppe in den ersten Stock der Burg. Sie ging steil nach oben, und es gab kein Geländer, an dem er sich festhalten konnte. Gonzaga war müde und ausgelaugt und hatte Schwierigkeiten mit der kostbaren Hülle, die ihn umgab, den oberen Treppenabsatz zu erklimmen.
    Wie in einer Prozession folgten die schwarz gekleideten Männer, einer hinter dem anderen, dem Kardinal. Einige murmelten Unverständliches, andere legten den Weg schweigend in sich gekehrt zurück.
    Oben angelangt führte eine schmale, eisenbeschlagene Tür in den Rittersaal. Ein wuchtiges Tonnengewölbe überspannte den langen, schmalen Raum. Er war hell erleuchtet und bis auf einen Refektoriumstisch in der Mitte unmöbliert.
    Etwas hilflos hielt Kardinal Gonzaga nach seinem Sekretär Ausschau. Der fing in der Menge – es mochten wohl hundert Männer sein – seinen Blick auf, kam seinem Herrn zu Hilfe und half ihm aus dem Mantel. Die Männer umringten den Kardinal wie gierige Hunde das erlegte Wild, als sie sahen, was unter dem Mantel zum Vorschein kam. Wie auf ein lautloses Kommando hin reckten sie plötzlich die Hälse.
    Nur Anicet hielt der unsichtbaren Kraft stand, die von Gonzaga ausging. Erwartungsvoll und mit einem Gesichtsausdruck, der zwischen Triumph und Neugierde schwankte, beobachtete er, wie Soffici das ockerfarbene, raue Tuch löste, welches der Kardinal wie ein Korsett um den Leib trug.
    Während Gonzaga sich

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