Die Achte Suende
irgendwo gesehen. Ja, natürlich.
Er ging zu seinem Schreibsekretär, öffnete eine Schublade und zog eine feingliedrige Goldkette mit einem ovalen Medaillon hervor, die er erst gestern hier deponiert hatte. Es war die Kette, die er damals in Marlenes Wohnung eingesteckt hatte.
Das Medaillon trug dasselbe Symbol wie das Wappen des Zeitungsfotos.
Ungläubig schüttelte er den Kopf. Was hatte das zu bedeuten?
Caterina nahm Lukas das Medaillon aus der Hand: »Möglicherweise verfolgen wir mit Gonzaga und den Herren der Kurie eine völlig falsche Spur.«
»Ich hatte gerade denselben Gedanken«, erwiderte Malberg. »In jedem Fall muss es einen Zusammenhang geben zwischen der Kurie und der Bruderschaft.«
»Und einen Zusammenhang mit Marlenes Tod!«
»Ich wage nicht daran zu denken.« Malberg vergrub sein Gesicht in den Händen.
Caterina sah ihn an. »Warum hast du eigentlich damals die Kette mitgenommen?«, fragte sie schließlich und musterte Lukas mit festem Blick.
Die Antwort kam zögernd: »Ich weiß es nicht. Wirklich. Jedenfalls betrachtete ich sie nicht als Erinnerungsstück an Marlene, wenn du das meinst. Vielleicht war es eine seltsame Eingebung, eine Art sechster Sinn, eine innere Stimme, die mir sagte, dass diese Kette noch einmal wichtig werden könnte. Oder es war der pure Zufall. Wie man’s nimmt!«
Caterina legte die Kette mit dem geheimnisvollen Medaillon vor sich auf die Küchentheke. Wortlos starrten beide auf das glitzernde Etwas.
Da war es wieder, das Misstrauen zwischen Caterina und Lukas, das sich immer einstellte, wenn es um Marlenes Tod ging.
Es bereitete Caterina Schwierigkeiten zu glauben, dass Lukas keinen Hintergedanken hegte, als er Marlenes Kette an sich nahm. In den vergangenen Wochen war ihr immer wieder aufgefallen, wie sehr Malberg an Marlene hing. Bisweilen zeigte sein Verhalten Anzeichen einer Obsession. Und seinen Beteuerungen Glauben zu schenken, er habe nie etwas mit Marlene gehabt, fiel ihr nicht gerade leicht.
Malberg hingegen spürte Caterinas abweisende Haltung, sobald die Rede auf Marlene kam. Ursprünglich, als sie noch beruflich in den Fall involviert war, hegte sie für Marlene eine gewisse Sympathie. Aber seit sie sich nähergekommen waren, hatte sich Caterinas Sympathie in Abneigung verwandelt. Wenn sie dennoch an der Aufklärung des Falles interessiert war, so nur deshalb, um Lukas einen Gefallen zu tun und die ganze Angelegenheit endlich zum Abschluss zu bringen.
Schweigend rührte Malberg in seiner Kaffeetasse und verfolgte die kreisenden Bewegungen der dunklen Brühe.
Nach einer Weile blickte er auf: »Ich habe Angst.«
Caterina legte ihre Hand auf die seine. »Das brauchst du nicht!« Sie wusste, dass ihre Bemerkung unrealistisch war – nach den Ereignissen der letzten Tage.
»Ich habe dir von dem anonymen Anrufer erzählt«, nahm Malberg seine Rede wieder auf. »Seither gehen mir diese Worte nicht mehr aus dem Kopf: Denken Sie an Soffici! Heute Nacht, als ich nicht schlafen konnte, kam mir plötzlich in den Sinn, was der Unbekannte gemeint haben könnte. Ich schlich in die Tiefgarage und sah mir meinen Jaguar näher an, der dort seit über zehn Wochen geparkt ist.«
»Um Gottes willen, Lukas. Jetzt verstehe ich deine Angst! Möglicherweise kam Soffici durch eine Manipulation an seinem Wagen ums Leben. Du hast hoffentlich die Wagentür nicht geöffnet.«
»Habe ich nicht. Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mit meinem Wagen etwas nicht stimmt. Ich kann nicht sagen, was, es ist nur so eine Ahnung.«
»Du musst sofort die Polizei rufen!«
»Das war auch
mein
erster Gedanke.«
»Warum hast du es noch nicht getan?«
Malberg wiegte den Kopf hin und her. »Hast du dir überlegt, was das bedeutet? – Sicher müsste ich eine Reihe unangenehmer Fragen beantworten. Ob ich Feinde habe oder einen Verdacht, wer der unbekannte Anrufer sein könnte. Mit anderen Worten, der Fall Marlene Ammer geriete plötzlich ins öffentliche Interesse. Ihre Mörder, die sich bisher sicher fühlen konnten, weil alle Mitwisser bestochen, bedroht oder umgebracht worden sind, könnten untertauchen oder mich als Ziel eines neuerlichen Anschlags ausspähen. Auch du wärst im Übrigen nicht mehr sicher.«
Erregt sprang Caterina auf und rief in heftigem Ton: »Dann nimm deinen Wagenschlüssel, geh in die Garage, öffne die Autotür und starte den Wagen!«
»Nein!«, rief Lukas nicht weniger aufgebracht. »Das werde ich nicht tun.«
»Also!« Caterina griff zum Telefon
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