Die Achte Suende
und reichte Malberg den Hörer. «Worauf wartest du noch?«
Kapitel 52
Noch am selben Abend flog Caterina nach Rom zurück. Sie war erleichtert. Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes hatten Malbergs Jaguar untersucht und weder eine Bombe noch irgendwelche Manipulationen am Fahrzeug festgestellt.
Lukas musste sich anschließend einem peinlichen Verhör unterziehen. Die Nachforschungen nach dem unbekannten Anrufer ergaben, dass er zur fraglichen Zeit aus einer öffentlichen Telefonzelle im Frankfurter Westend angerufen wurde.
Müde und erschöpft kam Caterina auf dem römischen Flughafen Fiumicino an. Doch von einem Augenblick auf den anderen war ihre Müdigkeit wie verflogen: Sie sah, wie zwei gut gekleidete, kräftige Männer eine wild um sich schlagende Frau unterhakten und mit sanfter Gewalt aus dem Flughafengebäude drängten.
Im Trubel des abendlichen Reiseverkehrs erregte die Szene kaum Aufsehen, und auch Caterina hätte dem Geschehen keine Beachtung beigemessen, wäre da nicht der hilfesuchende, flehende Blick gewesen, den die Frau ihr im Vorübergehen zuwarf.
Es war Signora Fellini!
Caterina hielt verstört inne. Die Haltung des einen Entführers ließ erkennen, dass der Mann unter seiner Jacke eine Waffe auf die Frau gerichtet hielt. Vor dem Ausgang wartete ein Alfa Romeo mit abgedunkelten Scheiben. Die Entführer stießen die Frau auf den Rücksitz des Fahrzeugs. Mit quietschenden Reifen brauste der Wagen davon und verschwand in der Dunkelheit.
Es bedurfte keiner besonderen Kombinationsgabe, um zu begreifen, dass Signora Fellini den Versuch unternommen hatte, sich aus Rom abzusetzen. Sie wusste, sie wurde auf Schritt und Tritt überwacht. Aber offensichtlich ahnte sie nicht, wie perfekt diese Überwachung funktionierte.
Als Caterina am nächsten Morgen in die Redaktion kam, war sie unausgeschlafen und entsprechend mürrisch. Ohnehin betrachtete sie ihren Job, den sie früher mit Begeisterung ausgeübt hatte, nur noch als Broterwerb.
Ihre Sekretärin, eine in Scheidung lebende Vierzigjährige, deren Hauptinteresse bindungswilligen Männern galt, empfing sie mit der unvermeidlichen Morgenzigarette zwischen den Lippen und den knappen Worten: »Anruf vom Chef. Sofort in die Chefredaktion kommen.«
Am frühen Morgen verhieß das nichts Gutes und war in keiner Weise geeignet, Caterinas Laune zu verbessern.
Bruno Bafile, der Chefredakteur des Magazins
Guardiano
, lauerte hinter seinem riesigen Schreibtisch über Titelentwürfen für die nächste Ausgabe. Missmutig musterte er Caterina durch die dicken Gläser seiner Hornbrille. Das war seine Art, sich Respekt zu verschaffen.
Nach einer Weile kam Bafile zur Sache: »Wenn Sie wollen, können Sie wieder in Ihr altes Ressort zurückkehren«, brummelte er und blickte in seine Unterlagen.
Caterina war auf beinahe alles gefasst, nur nicht darauf. Sie warf dem Chef einen skeptischen Blick zu, ob sie seine Worte auch ernst nehmen durfte. Doch Bafile zeigte keine Regung.
»Sie meinen, ich kann wieder in meinem Job als Polizeireporterin arbeiten?«, fragte sie ungläubig.
»Genau das meine ich. Gute Polizeireporter, vor allem Polizeireporter
innen
gibt es nicht gerade häufig. Das hat sich in den letzten Wochen auch bei uns gezeigt.« Für einen Mann wie Bruno Bafile waren diese Worte ein Kompliment, wenn nicht sogar eine Lobeshymne. Denn für den Chefredakteur war Anerkennung ein Fremdwort. Dafür verstand er es auf hinterhältige Weise, die Schwächen seiner Mitarbeiter vor allen anderen bloßzustellen.
So recht wusste Caterina Bafiles Ansinnen nicht zu deuten. Schließlich hatte er sie ohne weitere Erklärungen von heute auf morgen in ein anderes Ressort versetzt. Woher also dieser unerwartete Sinneswandel?
Caterinas Erstaunen machte Bruno Bafile sichtlich nervös. Ohne Grund kramte er in den Titelentwürfen auf seinem Schreibtisch, und mit einer gewissen Hektik in der Stimme sagte er: »Ich habe mich vielleicht nicht ganz korrekt verhalten. Aber glauben Sie mir, ich stand unter einem enormen Druck. Ehrlich gesagt weiß ich bis heute nicht so genau, was da eigentlich vorging.« Bafile nahm die dicke Brille ab und begann die Gläser mit einem Taschentuch zu säubern.
»Das glauben Sie doch wohl selbst nicht!«, erwiderte Caterina. Sie fand sich ziemlich mutig.
»Der Befehl kam von ganz oben«, fügte Bafile brillenputzend hinzu. »Es war eine Drohung, die gegen mich gerichtet war - wenn der
Guardino
weiter über den Fall Marlene Ammer berichten
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