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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Krempel. «Das reicht jetzt, glaube ich. Komm, versuch aufzustehen, ja?»
    Er erhob sich, packte mich am Kragen und zerrte mich mit seinen riesigen Pranken unsanft aus der Wanne. Er war ein kräftiger Mann - ich sollte lieber gar nicht erst irgendeine Dummheit versuchen. Ich holte trotzdem zu einem Schwinger gegen ihn aus, der weit vorbeiging und mich aus dem Gleichgewicht brachte, sodass ich der Länge nach hinschlug, auf die Badezimmerfliesen, wo Krempel mir für die Scherereien, die ich ihm machte, noch einen Tritt in die Rippen versetzte.
    «Was ist mit dem Geld?», fragte ich. Ich spürte den Schmerz kaum, so betrunken, wie ich war. «Sie haben das Geld vergessen.»
    «Schätze, ich werde wohl später nochmal herkommen, um es zu holen.» Er wuchtete mich auf die Beine und bugsierte mich am Schlafittchen aus dem Badezimmer.
    Dora saß auf dem Sofa und las in einem Magazin. Sie trug einen Pelzmantel. Ich fragte mich, ob es ein Geschenk von Reles war.
    «Oh, du bist es», sagte ich und lüftete meinen Hut. «Ich habe dich gar nicht erkannt in Klamotten. Andererseits hörst du das wahrscheinlich von vielen anderen Männern auch, Süße.»
    Sie stand auf, gab mir eine Ohrfeige und wollte mir die nächste geben, als Krempel sie am Handgelenk packte und festhielt. «Los, hol den Wagen», sagte er.
    «Ja», sagte ich. «Geh und hol den Wagen. Beeilung, bitte. Ich will mich in den Sitz fallen lassen und schlafen.»
    Krempel hatte mich gegen die Wand gestellt wie einen Überseekoffer. Ich schloss für einen Moment die Augen, und als ich sie wieder öffnete, war sie verschwunden. Er schob mich aus der Suite und durch den Gang zum obersten Treppenabsatz.
    «Es ist mir völlig egal, wie du diese Treppe runterkommst, Gunther. Ich kann dir helfen zu gehen, oder ich kann dich stoßen. Wenn du versuchst abzuhauen, wirst du es bereuen, das verspreche ich dir.»
    «Ich bin ja so dankbar», lallte ich mit schwerer Zunge.
    Wir kamen am Fuß der Treppe an, doch ich hatte keine Ahnung, wie. Meine Beine gehörten Charlie Chaplin. Ich erkannte die Tür nach draußen auf die Wilhelmstraße und dachte noch, wie schlau von Krempel, um diese nachtschlafende Zeit diesen Ausgang zu wählen. Der Ausgang Wilhelmstraße war zu allen Zeiten ruhiger als der Unter den Linden. Die Lobby war ebenfalls kleiner. Falls Krempel jedoch gehofft hatte, mich nach draußen zu schaffen, ohne dass wir jemandem begegneten, der mich kannte, so hatte er sich geirrt.
    Die meisten Kellner des Adlon hatten einen Schnurrbart oder waren glatt rasiert, mit einer Ausnahme: Abd El-Krim trug einen Vollbart. Ich kannte seinen richtigen Namen nicht, doch er war Marokkaner, und die Leute riefen ihn so, weil er aussah wie der Rebellenführer, der sich 1926 den Franzosen hatte ergeben müssen und der nun auf irgendeiner gottverlassenen Insel im Exil weilte. Ich kann nichts zu den Begabungen des Rebellenführers sagen, aber unser Abd El-Krim war ein exzellenter Kellner. Als Mohammedaner trank er nicht, und er musterte mich mit einer Mischung aus Schock und Besorgnis, als Krempel mich mit über seine Schulter geworfenem Arm, den er auf der anderen Seite festhielt, auf den Ausgang zu bugsierte wie einen Sack Kartoffeln.
    «Herr Gunther?», fragte er mit beflissener Stimme. «Ist alles in Ordnung, Herr Gunther? Sie sehen nicht gut aus, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.»
    Worte flössen über meine tauben Lippen wie Speichel - vielleicht war es tatsächlich nur Speichel, der mir über das Kinn troff, ich weiß es nicht. Was immer ich sagte, es war sicher Zusammenhangloses.
    «Er hat zu viel getrunken, fürchte ich», sagte Gerhard Krempel zu dem Kellner. «Ich bringe ihn nach Hause, bevor Behlert oder die Adlons ihn in diesem Zustand zu sehen bekommen.»
    Abd El-Krim war schon umgezogen und selbst auf dem Weg nach Hause. Er nickte ernst. «Ja, das ist sicher am besten so, denke ich. Brauchen Sie Hilfe, mein Herr?»
    «Nein, das ist nicht nötig. Ich habe draußen einen Wagen warten. Ich komme zurecht.»
    Der Kellner verneigte sich feierlich und öffnete mir und meinem Entführer die Tür, und Krempel schleifte mich nach draußen.
    Sobald die kühle Luft meine Lungen und der Regen mein Gesicht benetzten, übergab ich mich in den Gully. Das Zeug, das ich erbrach, hätte man sogleich wieder in die Flasche füllen und verkaufen können. Schmeckte wie reiner Korn. Vor uns hielt ein Wagen, und Wasser von seinen Reifen spritzte mir gegen die Hosen.
    Mein Hut fiel mir wieder vom

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