Die Adlon - Verschwoerung
mussten ja unbedingt Sam Spade spielen und Ihre Nase in Dinge stecken, die Sie nicht den feuchtesten Kehricht angehen. Ich kapiere das nicht. Wirklich nicht. Sie müssen doch gemerkt haben, dass zu viel Geld in der Sache steckt und zu viele wichtige Leute eine fette Scheibe von der riesigen Schwarzwälder Kirschtorte namens Berliner Olympische Spiele abbekommen wollen. Das lässt sich doch niemand streitig machen, ganz bestimmt nicht von jemandem, der so entbehrlich ist und so leicht zu entsorgen wie Sie, Gunther.»
Ich schloss minutenlang die Augen.
«Wissen Sie, eigentlich sind Sie gar kein so schlechter Kerl. Ich mag Sie beinahe. Nein, wirklich. Ich hatte sogar kurz daran gedacht, Sie zu beteiligen und Ihnen einen Job anzubieten. Einen ordentlichen Job, nicht so etwas wie den Job, den Sie im Adlon machen. Aber Sie haben so etwas an sich ... irgendetwas, das mich zweifeln lässt, ob ich Ihnen vertrauen kann. Ich denke, es kommt daher, dass Sie ein ehemaliger Cop sind.» Er schüttelte den Kopf. «Nein, das kann es nicht sein. Ich habe drüben in den Staaten jede Menge Cops gekauft. Ich schätze, es liegt eher daran, dass Sie ein aufrichtiger Cop waren. Und ein guter, nach allem, was man so hört. Ich bewundere Integrität. Leider habe ich im Moment keinerlei Verwendung dafür. Ich glaube, niemand kann sie gebrauchen. Nicht in Deutschland. Nicht in diesem Jahr.
Sie würden nicht glauben, wie viele korrupte Schweine es gibt, die an diesem Trog fressen wollen. Sie brauchten jemanden wie mich, der ihnen zeigt, wie es geht. Verstehen Sie, wir - damit meine ich die Leute aus den Vereinigten Staaten, die ich repräsentiere - haben eine Menge Geld verdient mit der Olympiade 1932 in Los Angeles. Die Nazis wissen noch viel besser, wie man Geschäfte macht. Brundage konnte es kaum glauben, als er hier war. Er war es, der uns in Chicago den Tipp gegeben hat, wie viel Geld hier zu holen ist.»
«Und die antiken Kunstgegenstände aus China sind seine Provision, oder wie?»
«Ganz genau. Ein paar Stücke, wie er sie so leidenschaftlich sammelt. Wird hier in Deutschland niemand vermissen. Außerdem hat er einen hübschen Kontrakt für den Bau einer neuen Deutschen Botschaft in Washington erhalten. Das ist der eigentliche Schatz, wenn Sie mich fragen. Sehen Sie, bei Hitler gibt es keine Grenzen. Ich gestehe, ich bin geradezu entzückt, dass dieser Mann keinerlei Ahnung von Wirtschaft hat. Wenn er etwas haben will, dann kriegt er es, zum Teufel mit den Kosten. Zu Anfang war das Budget für die Olympischen Spiele nicht höher als zwanzig Millionen Mark. Inzwischen ist es vier- oder fünfmal so hoch. Unser Profit liegt bei schätzungsweise fünfzehn oder zwanzig Prozent. Kann man das glauben?
Natürlich ist es nicht immer ganz einfach, mit Hitler zu verhandeln. Der Mann ist unberechenbar, wissen Sie? Ich hatte schon eine Firma gekauft, die Fertigbeton herstellt, und ich hatte eine Abmachung mit dem Architekten, Werner March - nur um festzustellen, dass Hitler den verdammten Beton nicht mag. Er hasst ihn sogar. Er hasst alles, das irgendwie modern aussieht. Es ist ihm völlig egal, dass die Hälfte aller neuen Gebäude in Europa aus dem verdammten Beton errichtet wird. Er will keinen Beton, und er lässt sich nicht umstimmen.
Als Werner March ihm die Pläne und die Spezifikationen für das neue Olympiastadion gezeigt hat, ist er an die Decke gegangen. Er wollte Kalkstein, nichts anderes war gut genug. Und nicht irgendeinen gottverdammten Kalkstein, verstehen Sie, sondern deutschen Kalkstein. Also musste ich in großer Eile eine deutsche Natursteinfirma kaufen und dafür sorgen, dass meine neue Firma - die Würzburger Jura-Kalkstein - den Kontrakt erhielt. Zu viel Eile, wirklich. Mit mehr Zeit hätte ich etwas unauffälliger vorgehen können. Aber das haben Sie inzwischen alles herausgefunden, Sie Mistkerl. Wie die Dinge stehen, habe ich eine Menge Beton übrig, und Sie werden mir helfen, wenigstens einen Teil davon zu beseitigen, Gunther. Dieser Block hier, auf dem ich sitze, geht auf den Grund des Tegeler Sees, und Sie mit ihm.»
«Genau wie Isaac Deutsch», krächzte ich. «Ich gehe davon aus, dass Eric Goerz für Sie arbeitet.»
«Ganz recht, das tut er. Ein guter Mann, Eric. Allerdings nicht sehr erfahren mit dieser Art von Arbeit. Deswegen mache ich es diesmal selbst, um sicher zu sein, dass alles nach Plan verläuft. Wir wollen schließlich nicht, dass Sie wieder hochkommen wie Deutsch, nicht wahr?» Er seufzte. «Solche
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