Die Adlon - Verschwoerung
Musik?»
«Seit ich nach Kuba gekommen bin, nicht mehr.» Ich leerte meinen Drink und sah erneut auf meine Uhr. «Hör zu», sagte ich. «Mein Termin dauert nur eine Stunde oder so. Warum gehen wir nicht hinterher zusammen essen?»
«Ich kann nicht. Ich muss zurück. Ich habe heute Abend Gäste, und ich muss ein paar Dinge besorgen für den Koch. Ich würde dich gerne auch einladen, wenn du Zeit hast.»
«Einverstanden. Ich komme.»
«Die Adresse lautet Finca La Vigia in San Francisco de Paula.» Noreen öffnete ihre Handtasche, nahm einen Notizblock hervor und kritzelte Anschrift und Telefonnummer auf ein Blatt. «Warum kommst du nicht ein wenig früher? Sagen wir gegen fünf? Bevor die übrigen Gäste eintreffen. Wir können über die alten Zeiten reden.»
«Sehr gerne.» Ich nahm den Block und schrieb meine eigene Adresse und Telefonnummer auf. «Hier», sagte ich. «Für den Fall, dass du glaubst, ich will dir wieder davonlaufen.»
«Ich freu mich, dich wiederzusehen, Bernie.»
«Ich freu mich auch, Noreen.» - An der Tür drehte ich mich noch einmal zu den Gästen in der Bar um. Niemand lauschte der Musik des Trios oder schien auch nur im Entferntesten daran interessiert. Nicht, solange es zu trinken gab. Der Barmann mixte Daiquiris, als wären sie im Sonderangebot, immer ein Dutzend gleichzeitig.
Nach allem, was ich über Ernest Hemingway gelesen und gehört hatte, war das auch die Art und Weise, wie er sie am liebsten trank.
Kapitel 3
Ich erstand ein paar petit robustos in der Zigarrenfabrik und ging damit in das Raucherzimmer, wo eine Schar Männer einschließlich Robert Freeman eine nahezu infernalische Welt aus wirbelndem Tabaksqualm, aufflammenden Streichhölzern und glimmenden Zigarrenspitzen bewohnte. Der Geruch erinnerte mich jedes Mal an das Lesezimmer im Hotel Adlon, und für einen Moment konnte ich den armen Louis Adlon beinahe vor mir sehen, mit einer teuren Upmann in den weiß behandschuhten Fingern.
Freeman war ein dicker, schroffer Bursche, der mehr wie ein Südamerikaner aussah und nicht wie ein Brite. Sein Spanisch war ausgezeichnet für einen Engländer - ungefähr so gut wie mein eigenes, was keine große Überraschung war angesichts seiner Familiengeschichte. Sein Urgroßvater James Freeman hatte schon 1839 angefangen, mit kubanischen Zigarren zu handeln. Er lauschte höflich meinem Vorschlag, bevor er mir von seinen eigenen Plänen bezüglich der Expansion des Familienunternehmens berichtete.
«Bis vor kurzem hatte ich eine eigene Zigarrenfabrik auf Jamaika. Doch das Produkt war von schwankender Qualität, launisch wie die Jamaikaner, also habe ich die Fabrik verkauft und beschlossen, mich auf den Vertrieb kubanischer Zigarren in Großbritannien zu verlegen. Ich plane den Kauf einer Reihe weiterer Firmen, bis ich etwa zwanzig Prozent des britischen Marktes versorge. Aber der deutsche Markt? Ich weiß nicht. Gibt es so etwas überhaupt, alter Freund? Sagen Sie es mir.»
Ich berichtete ihm, dass Deutschland Mitglied in der Europäischen Montanunion war und dass das Land dank der Währungsreform von 1948 gegenwärtig das stärkste Wachstum aller europäischen Nationen in der gesamten jüngeren Geschichte aufwies. Ich berichtete weiter, dass die Industrieproduktion um fünfunddreißig Prozent gestiegen war und die landwirtschaftlichen Erträge bereits über den Vorkriegsergebnissen lagen. Es ist erstaunlich, wie viele nützliche Informationen man dieser Tage einer deutschen Tageszeitung entnehmen kann.
«Die Frage lautet nicht, ob Sie es wagen können, sich einen Teil des deutschen Marktes zu sichern. Die Frage lautet: Können Sie es sich leisten, dies nicht zu tun?», sagte ich.
Freeman wirkte beeindruckt. Ich war selbst beeindruckt. Es war mir eine willkommene Abwechslung, über Exportmärkte zu diskutieren, anstatt pathologische Berichte anzufertigen.
Und doch - ich war mit Gedanken nur bei Noreen und unserem unverhofften Wiedersehen nach so langer Zeit. Zwanzig Jahre! Es grenzte an ein Wunder, nach allem, was wir in der Zwischenzeit erlebt hatten. Sie als Fahrerin eines Sanitätswagens im Spanischen Bürgerkrieg, ich in Nazideutschland und in der Sowjetunion. Ich hatte zwar keine romantischen Gefühle mehr für sie. Zwanzig Jahre waren eine zu lange Zeit, als dass solche Gefühle hätten überleben können. (Abgesehen davon, unsere Affäre damals hatte nur wenige Wochen gedauert.) Ich hoffte jedoch, dass sie und ich wieder Freunde werden würden. Ich hatte nicht
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