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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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gefallen?» «Ehrlich?»
    «Du könntest es schätzungsweise zumindest versuchen, Carlos.»
    «Es hat mir sehr gut gefallen.»
    «Oh. Also ist nicht nur dein Name falsch.»
    «Ehrlich. Es hat mir gefallen.»
    Wir standen vor der Bar. Ein Mann sprang von der Motorhaube seines Oldsmobile und verneigte sich vor uns. «Taxi, Senor? Taxi?»
    Ich winkte ab und führte Noreen in das Lokal.
    «Ich habe eine Viertelstunde Zeit, dann muss ich los. Ich habe einen Termin in der Zigarrenfabrik. Geschäftlich. Ein Job vielleicht, deswegen kann ich ihn nicht sausenlassen.»
    «Wenn du es so möchtest. Schließlich ist es ja nur ein halbes Leben her.»
     

Kapitel 2
    Es gab einen Mahagoni-Tresen so groß wie ein Velodrom und dahinter ein schäbiges Wandgemälde von einem alten Segelschiff beim Einlaufen in den Hafen von Havanna. Vielleicht ein Sklavenschiff, doch wahrscheinlich eher eine weitere Ladung amerikanischer Touristen oder Kreuzfahrer. Die Floridita-Bar war ein Treffpunkt von Amerikanern, die meisten eben vom Kreuzfahrtschiff an Land gegangen, das neben dem Zerstörer im Hafen von Havanna festgemacht hatte. Im Laden selbst bereitete sich ein Trio von Musikern auf seinen Auftritt vor. Wir suchten uns einen freien Tisch, und ich bestellte uns rasch ein paar Drinks, solange der Kellner mich hören konnte.
    Noreen kontrollierte zwischenzeitlich meinen Einkauf. «Montaigne, wie? Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt.» Sie redete deutsch und traf wohl Vorbereitungen, mir peinliche Fragen zu stellen, ohne dass uns jemand am Nachbartisch hören und unsere Unterhaltung verstehen konnte.
    «Musst du nicht. Ich hab's noch nicht gelesen.»
    «Und was ist das? Hobby Center? Hast du Kinder?»
    «Nein, das ist für mich.» Ich sah ihr Lächeln und zuckte die Schultern. «Ich mag Modelleisenbahnen. Ich mag es, wie sie im Kreis herumfahren, herum und herum wie ein einzelner, einfacher, unschuldiger Gedanke in meinem Kopf. Es hilft mir dabei, all die anderen Gedanken zu ignorieren.»
    «Ich weiß. Du bist wie die Gouvernante in Das Durchdrehen der Schraube.»

    «Bin ich das?»
    «Ein Roman von Henry James.»
    «Woher soll ich das wissen? Also. Wie steht es mit dir? Hast du Kinder?»
    «Eine Tochter. Dinah. Sie ist gerade mit der Schule fertig geworden.»
    Der Kellner traf ein und stellte die Drinks vor uns hin, wie ein Großmeister bei einer Rochade König und Turm rückt. Als er gegangen war, fragte Noreen: «Was hat das zu bedeuten, Carlos? Wirst du gesucht oder was?»
    «Es ist eine lange Geschichte.» Wir prosteten einander schweigend zu.
    «Jede Wette.»
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr. «Zu lang, um sie jetzt zu erzählen. Ein andermal. Wie steht es mit dir? Was machst du in Kuba? Das Letzte, was ich von dir gehört habe, war, dass du vor diesem dämlichen Scheingericht gestanden hast. Dem Ausschuss für unamerikanische Umtriebe. Wann war das noch?»
    «Mai 1952. Ich wurde beschuldigt, Kommunistin zu sein. Und mehrere Hollywoodstudios hatten mich auf ihre schwarze Liste gesetzt.» Sie rührte mit einem Cocktailstäbchen in ihrem Drink. «Deswegen bin ich hier. Ein guter Freund von mir, der in Kuba lebt, hat von den Anhörungen des Ausschusses gelesen und mich eingeladen, eine Weile herzukommen und bei ihm im Haus zu wohnen.»
    «Das scheint ein sehr guter Freund zu sein.»
    «Ernest Hemingway.»
    «Von dem hab ich schon mal gehört.»
    «Tatsächlich ist das hier sogar eine seiner Lieblingsbars.»
    «Bist du ... bist du mit ihm ... ?»
    «Nein. Ernest ist verheiratet. Abgesehen davon ist er im Moment unterwegs. In Afrika. Sachen töten. Hauptsächlich sich selbst.» «Ist er denn Kommunist?»
    «Gütiger Himmel, nein. Ernest ist völlig unpolitisch. Er interessiert sich für Menschen, nicht für Ideologien.»
    «Ein weiser Mann.»
    «Er versteht sehr gut, es zu verbergen.»
    Das Trio fing an zu spielen. Ich stöhnte auf. Es war die Art von Trio, die einen seekrank machte, weil sie ständig hin und her schwankte. Einer der Männer spielte Flöte, ein zweiter trommelte monoton auf eine Kuhglocke, dass einem alle Kühe leidtaten. Ihre gesungenen Harmonien waren wie das Horn einer Frachtlokomotive. Die Frau kreischte Soli dazu und spielte auf der Gitarre. Ich hatte noch nie eine Gitarre gesehen, bei der mich nicht der Wunsch überkam, sie zum Einschlagen von Nägeln zu benutzen. In ein Stück Holz oder in den Schädel des Idioten, der auf ihr klimperte.
    «Ich muss jetzt wirklich los», sagte ich.
    «Was ist denn? Magst du keine

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