Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
eingelassenen Diamanten, der den Nullpunkt für sämtliche Entfernungsmessungen in Kuba darstellte - ein Bartisch, der mehr Flaschen trug als ein Bierlaster.
    Noreen schenkte uns zwei große Bourbons aus, und wir gingen auf eine große Terrasse, wo sie mir erzählte, was in ihrem Leben geschehen war, seit wir uns zum letzten Mal gesehen hatten. Ich schilderte ihr wiederum meine Erlebnisse - wobei ich meine Zugehörigkeit zur SS unerwähnt ließ sowie meinen Dienst in einem Polizeibataillon in der Ukraine. Ich erzählte ihr jedoch, dass ich Privatdetektiv gewesen war und später wieder ein richtiger Polizist, und die Geschichte von Erich Gruen und wie er und die cia mich als Nazi-Kriegsverbrecher verleumdet hatten. Ich erzählte ihr, wie ich gezwungen gewesen war, die Hilfe der Alten Kameraden zu suchen, um aus Europa zu fliehen und in Argentinien ein neues Leben anzufangen.
    «Und so bin ich zu meinem falschen Namen und meinem argentinischen Pass gekommen», erklärte ich. «Ich wäre wahrscheinlich immer noch in Argentinien, hätten die Peronisten nicht herausgefunden, dass ich in Wirklichkeit überhaupt kein Nazi bin.»
    «Und was hat dich ausgerechnet nach Kuba verschlagen?»
    «Oh. Ich weiß es nicht. Die gleichen Gründe wie bei allen anderen, schätze ich. Das Klima. Die Zigarren. Die Frauen. Die Kasinos. Ich spiele in einigen der Kasinos Backgammon.»
    Ich nippte an meinem Bourbon und genoss das Aroma. Der berühmte Schriftsteller hatte einen exquisiten Geschmack, was Alkohol anging.
    «Ernest ist hierhergezogen wegen des Hochseeangelns.»
    Ich blickte mich suchend um, doch ich konnte nirgendwo einen ausgestopften Fisch sehen.
    «Wenn er hier ist, verbringt er den größten Teil seiner Zeit in Cojimar. Das ist ein kleines heruntergekommenes Fischerdorf an der Küste, wo er sein Boot liegen hat. Ernest liebt das Angeln. Aber es gibt auch eine hübsche Bar in Cojimar, und ich habe den leisen Verdacht, dass er die Bar noch mehr liebt als das Boot. Oder das Angeln. Insgesamt habe ich das Gefühl, Ernest liebt Bars mehr als alles andere auf der Welt.»
    «Cojimar ...», sagte ich. «Ich war häufig dort, bis ich erfuhr, dass die militia dort ihre Schießübungen veranstaltet. Und dass die Ziele manchmal noch atmen sollen.»
    Noreen nickte. «Ich habe diese Geschichte ebenfalls gehört. Und ich bin sicher, dass sie stimmt. Ich glaube fast alles, was man sich über Fulgencio Batista erzählt. Genau an diesem Strand hat er nämlich hinter einem hohen Stacheldrahtzaun ein Dorf voll exklusiver Villen gebaut für seine Generäle. Ich bin vor kurzem erst vorbeigefahren. Sie sind alle rosa. Nicht die Generäle, das wäre wahrscheinlich zu viel gehofft. Die Villen, meine ich.»
    «Rosa?»
    «Ja. Es sieht aus wie ein Feriendorf aus einem Traum von Samuel Taylor Coleridge.»
    «Noch so jemand, von dem ich nichts gelesen habe. Eines Tages werde ich wohl lernen müssen, wie man richtig liest. Es ist wirklich eigenartig. Ich kann so viele Bücher kaufen, wie ich will. Ich sollte sie auch mal lesen.»
    Ich hörte Schritte auf der Terrasse und drehte mich um. Eine hübsche junge Frau kam näher. Ich erhob mich und lächelte gezwungen, während ich versuchte, mir den Wolfsmenschen, der ich war, nicht anmerken zu lassen.
    «Carlos, das hier ist meine Tochter Dinah.»
    Sie war größer als ihre Mutter, nicht nur wegen der Stilettos an ihren Füßen. Sie trug ein enganliegendes Kleid mit Pünktchenmuster, das ihre Knie nur knapp bedeckte, dafür einen großen Teil des Rückens und noch etwas mehr freiließ, was die hübschen Netzhandschuhe überflüssig erscheinen ließ. Über dem durchtrainierten, sonnengebräunten Unterarm trug sie eine Handtasche aus Mohair in der Farbe und Form des Rauschebarts von Karl Marx. Sie selbst war blond - fast, nicht ganz, was ihr umso besser stand, und das Haar fiel in sanft geschwungenen Locken wellig über ihre Schultern. Die Perlenkette um ihren Hals sah aus wie der Tribut eines hingerissenen Meeresgottes. Ihre Figur war sicher einen ganzen Korb voller goldener Apfel wert. Ihre Lippen waren so voll wie das Segel eines Teeclippers, und den roten Lippenstift hatte eine ruhige, äußerst geschickte Hand aufgetragen, die Rubens Ehre gemacht hätte. Die Augen waren groß und blau und glitzerten mit einer Intelligenz, die von ihrem breiten Grübchenkinn noch betont wurde. Es gibt schöne Frauen, und es gibt schöne Frauen, die wissen, wie schön sie sind. Dinah Charalambides hingegen war eine schöne Frau,

Weitere Kostenlose Bücher