Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
habe ich das Gefühl, dass er das bei Ihnen anders sieht. Würde wahrscheinlich jedem Mann so gehen.»
    «Sie versuchen nicht, sich an mich ranzumachen, oder?» «Hätte ich das vorgehabt, wäre ich in den Pool gesprungen.» «Max wird mir helfen, Schauspielerin zu werden.» «Das habe ich gehört. Ist das der Grund, warum Sie ihn heiraten wollen?»
    «Rein zufällig nicht, nein.» Sie errötete ein wenig, und ihre Stimme wurde gereizt. «Rein zufällig lieben wir uns, wissen Sie?»
    Jetzt war ich an der Reihe, das Gesicht zu verziehen.
    «Was ist nur los, Gunther? Haben Sie nie jemanden geliebt?»
    «Oh, sicher. Ihre Mutter beispielsweise. Aber das ist zwanzig Jahre her. Damals konnte ich einer Frau noch erzählen, dass ich sie liebe, und es mit jeder Faser meines Wesens meinen. Heutzutage sind das alles nur noch Worte. Wenn ein Mann erst mein Alter erreicht hat, geht es nicht mehr um Liebe. Er kann es sich einreden, aber das ist es nicht. Es geht immer auch um irgendetwas anderes.»
    «Sie glauben, es geht ihm um den Sex?»
    «Nein, nein. Es ist komplizierter. Es geht ihm darum, sich wieder jung zu fühlen. Das ist der Grund, warum viele alte Männer jüngere Frauen heiraten. Weil sie glauben, ihre Jugend wäre ansteckend und würde sich auf sie übertragen. Was sie natürlich nicht tut. Alter hingegen - das ist ansteckend. Ich kann mehr oder weniger garantieren, dass Sie eines Tages ebenfalls alt sein werden.» Ich zuckte die Schultern. «Aber wie ich schon mehrfach erwähnt habe, Engel, es spielt keine Rolle, was ich denke. Ich bin nichts weiter als irgendein dahergelaufener Spinner, der einmal Ihre Mutter geliebt hat.»
    «Das ist kein besonders exklusiver Club.»
    «Daran zweifle ich nicht. Ihre Mutter ist eine wunderschöne Frau. Alles, was Sie haben, Dinah, haben Sie von ihr.» Ich nickte. «Was Sie vorhin gesagt haben. Dass sie suizidal wäre. Ich schaue bei ihr rein, bevor ich gehe.»
    Ich wandte mich ab und ging rasch ins Haus, bevor mir etwas Gemeines über die Lippen kam. Mir war sehr danach zumute.
    Die französischen Türen auf der Rückseite des Hauses standen offen und wurden nur von einem ausgestopften Antilopenkopf bewacht, also ging ich nach drinnen und warf einen Blick in Noreens Schlafzimmer.
    Sie schlief. Nackt und ohne Bettdecke. Ich stand eine ganze Minute lang da wie erstarrt. Zwei nackte Frauen an einem Nachmittag. Es war wie ein Besuch in der Casa Marina, bis auf die Tatsache, dass ich mich wieder in Noreen verliebt hatte. Oder vielleicht waren es die gleichen Gefühle, die mich zwanzig Jahre lang begleitet hatten. Von denen ich nur vergessen hatte, wo ich sie in mir begraben hatte. Ich weiß es nicht, doch trotz meiner Bemerkungen gegenüber Dinah hätte ich Noreen etwas über meine Gefühle erzählen können, wäre sie wach gewesen. Und wahrscheinlich hätte ich es sogar ernst gemeint.
    Ihre Schenkel öffneten sich, und Höflichkeit gebot mir, den Blick abzuwenden, bei welcher Gelegenheit mir die Waffe auf dem Bücherregal neben ein paar Fotos und dem Glas mit dem in Formaldehyd konservierten Frosch auffiel. Er sah aus wie ein ganz gewöhnlicher Frosch, doch es war alles andere als eine gewöhnliche Kanone. Er mochte von einem Belgier entworfen und produziert worden sein, doch der Nagant-Revolver war die Standard-Handfeuerwaffe der russischen Offiziere in der Roten Armee und des nkwd. Es war eigenartig, einen Nagant in diesem Haus zu finden. Ich hob ihn auf, neugierig auf das vertraute Gefühl. Auf dem Griff war ein roter Stern eingraviert.
    «Das ist ihr Revolver», sagte Dinah hinter mir.
    Ich drehte mich um, als sie ins Schlafzimmer kam, um ihre Mutter zuzudecken. «Nicht gerade das, was man als Damenwaffe bezeichnen würde», sagte ich.
    «Da haben Sie recht.»
    Dann ging sie ins Badezimmer.
    «Ich lasse meine Nummer auf dem Tisch neben dem Telefon», rief ich ihr hinterher. «Sie können mich anrufen, wenn Sie glauben, dass es ihr ernst ist damit, sich selbst etwas anzutun. Jederzeit. Scheuen Sie sich nicht.»
    Ich knöpfte mein Jackett zu und verließ das Schlafzimmer. Beim Hinausgehen konnte ich sehen, dass Dinah auf der Toilettenschüssel saß. Ich hörte es plätschern und eilte nach draußen ins Arbeitszimmer.
    «Ich glaube nicht, dass es ihr ernst war», sagte Dinah. «Sie sagt eine Menge Dinge, die sie nicht meint.» «Tun wir das nicht alle?»
    Ich fand einen Schreibtisch mit drei Schubladen, voll mit geschnitzten Tieren und unterschiedlichen Schrotpatronen und Gewehrkugeln,

Weitere Kostenlose Bücher