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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Nüsse, Muscheln und schwarzhäutige Figürchen in weißer Kleidung. Außerdem mehrere Bilder der Jungfrau Maria sowie ein Foto von einer Frau mit einem durch die Zunge gesteckten Messer. Yara hatte erzählt, dass es die Leute daran hindern sollte, über sie und mich zu reden, doch ich hatte keine Ahnung, was die übrigen Dinge bedeuteten. Mit Ausnahme der Jungfrau Maria, sollte ich sagen. Ich wusste nicht, warum ich mich vor ihrem Schrein verneigte. Ich könnte sagen, dass ich an irgendetwas glauben wollte, doch in meinem tiefsten Innern wusste ich, dass Yaras Souvenirladen nur eine weitere dumme Lüge war. Genau wie der Faschismus.
    Auf dem Weg zur Tür nahm ich Ben Siegels Backgammon-Koffer, als mich Yara unvermittelt bei den Schultern fasste und mir in die Augen sah, als suchte sie nach einem Anzeichen, dass ihr eigenartiger Schrein in meiner Seele etwas bewirkt habe. Angenommen, ich hatte überhaupt so etwas wie eine Seele.
    Sie schien gefunden zu haben, wonach sie suchte, denn sie trat einen Schritt zurück und bekreuzigte sich mehrere Male.

     
    «Du siehst aus wie der Gott Eleggua», sagte sie. «Er ist der Herr der Straßen und Kreuzungen. Der, der das Heim vor allen Gefahren beschützt. Er ist gerecht in allem, was er tut. Und er ist es, der weiß, was niemand sonst weiß, und der stets nach seinem eigenen vollkommenen Urteil handelt.» Sie nahm ihr Halsband ab und steckte es in die Brusttasche meiner Jacke. «Viel Glück bei deinem Spiel», sagte sie.
    «Danke», antwortete ich. «Aber es ist nur ein Spiel.» «Diesmal nicht», widersprach sie. «Nicht für dich. Nicht für dich, Senor.»
     

Kapitel 10
    Ich parkte den Wagen auf der Zulueta, in Sichtweite der lokalen Polizeiwache, und ging zu Fuß zurück zum Hotel Saratoga, wo bereits zahlreiche Taxis und andere Wagen standen, einschließlich einiger schwarzer Cadillac Seventy-Fives, die sich bei Regierungsvertretern großer Beliebtheit erfreuten.
    Ich durchquerte die Lobby und betrat den klösterlichen Innenhof, wo eine Reihe von Scheinwerfern den Springbrunnen in pastellfarbenes Licht tauchten und das Marmorpferd ein wenig verwirrt aussehen ließen - als wagte es nicht, einen Schluck des exotisch erscheinenden Wassers zu trinken aus Angst vor einer Vergiftung. Eine perfekte Metapher, sinnierte ich, für die Erfahrung, sich in Havanna in einem Kasino aufzuhalten.
    Ein Türsteher, der angezogen war wie ein reicher französischer Impressionist, öffnete mir die Tür, und ich betrat das Kasino. Es war noch früh am Abend, doch es herrschte bereits Hochbetrieb, wie vor einer Bushaltestelle im Berufsverkehr, nur mit Kronleuchtern statt Scheinwerfern und mit dem Geklapper von Chips und Würfeln und dem Klackern von eisernen Kugeln in hölzernen Rouletteschalen. Dazu kreischende Gewinner, aufstöhnende Verlierer, klimpernde Gläser und die unaufgeregte Stimme der Croupiers, die Wetteinsätze platzierten, Karten austeilten und Gewinne verteilten.
    Ich blickte mich um und bemerkte, dass eine Reihe einheimischer Berühmtheiten ebenfalls bereits eingetroffen war. Der Musiker Desi Arnaz, die Sängerin Celia Cruz, der Filmschauspieler George Raft und Colonel Esteban Ventura - einer der meistgefürchteten Polizeioffiziere von ganz Havanna. Spieler in weißen Smokings wanderten unschlüssig umher, während sie noch überlegten, wo sie in dieser Nacht wohl mehr Glück haben würden: am Roulettetisch oder beim Würfelspiel. Glamouröse Frauen mit hochtoupierten Frisuren und tief ausgeschnittenen Dekolletees patrouillierten die äußeren Bereiche des Saals wie Geparden auf der Suche nach den schwächsten Tieren im Rudel, Männern, die sie jagen und zur Strecke bringen konnten. Eine von ihnen wollte sich mir nähern, doch ich verscheuchte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung.
    Schließlich entdeckte ich den vermeintlichen Manager des Kasinos. Jedenfalls sah er so aus: die Arme vor der Brust verschränkt, die Augen zusammengekniffen wie ein Schiedsrichter beim Tennis. Außerdem hielt er weder Chips in den Händen, noch rauchte er. Wie die meisten Habaneros trug er einen Schuljungenflaum von Schnurrbart und mehr Fett im Haar als ein kubanischer Hamburger. Er bemerkte meinen Blick und mein Nicken und kam in meine Richtung.
    «Kann ich Ihnen helfen, Senor?»
    Anscheinend war noch ein Rest von Haarfett auf den Fingerspitzen des Managers, denn er fing an, die Hände zu ringen wie einst Pontius Pilatus. «Senor Garcia ist bereits da», sagte er und führte den Weg. «Senor

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