Die Adlon - Verschwoerung
dass ich zum letzten Mal fischen war.»
«Seien Sie in fünfzehn Minuten unten auf der Straße vor Ihrer Wohnung. Wir fahren zusammen rüber nach Regia. Auf dem Weg können Sie mir vielleicht ein paar Tipps geben, wie man ein guter Detektiv wird.»
«Es wäre nicht das erste Mal, dass ich so etwas mache.»
«Das war ein Scherz», sagte er steif.
«Dann sind Sie auf dem besten Weg, Hauptmann. Sie brauchen eine verdammte Menge Humor, wenn Sie ein guter Detektiv werden wollen. Das ist mein erster Tipp.»
Zwanzig Minuten später fuhren wir zuerst nach Süden, dann nach Osten und schließlich wieder nach Norden um den Hafen herum bis nach Regia. Es war eine kleine Industriestadt, die man schon aus der Ferne an den dichten, von den Schornsteinen der Raffinerie aufsteigenden Rauchwolken erkennen konnte. Historisch betrachtet, war Regia besser bekannt als ein religiöses Zentrum und der Ort, wo die corridas von Havanna ausgetragen worden waren, bevor Spanien die Macht über die Insel verloren hatte.
Sanchez steuerte die große schwarze Polizeilimousine mit blitzenden roten Lichtern wie einen Kampfstier durch die Straßen. Er bremste immer erst im letzten Moment oder bog in der letzten Sekunde ohne Vorwarnung und Blinker nach links oder rechts ab. Als wir endlich mit quietschenden Reifen am Ende eines langen Piers zum Halten kamen, war ich so weit, ihm ein Schwert durch den muskulösen Hals zu stoßen.
Eine kleine Gruppe von Polizeibeamten und Hafenarbeitern hatte sich eingefunden, um auf die Ankunft der Barkasse zu warten, die den Wagen mitsamt dem Toten von dem Fischerboot übernommen und auf einem großen Berg gebunkerter Kohle deponiert hatte. Der Wagen sah aus wie ein riesiger Sportfisch - ein roter Marlin, falls es so etwas überhaupt gab - oder ein gigantisches Schalentier.
Ich folgte Sanchez eine Reihe von Steinstufen hinunter, die noch rutschig waren vom erst kurz zurückliegenden Hochwasser, und noch während einer der Männer von der Barkasse einen Festmacherring packte, sprangen wir hinunter auf das schwankende Deck.
Der Kapitän der Barkasse kam nach vorn und unterhielt sich mit Sanchez. Ich verstand kein Wort von seinem breiten kubanischen Spanisch, was keine ungewöhnliche Erfahrung für mich war außerhalb von Havanna. Der Kapitän war ein übellauniger Bursche mit einer teuren Zigarre im Mund, die so ungefähr das Sauberste und Respektabelste an dem ganzen Mann war. Der Rest der Besatzung stand Kaugummi kauend untätig herum und wartete auf Befehle. Als endlich einer kam, sprang ein Matrose auf den Kohlenberg und legte eine Persenning aus, sodass Sanchez und ich zu dem Wagen hinaufklettern konnten, ohne dabei so schmutzig zu werden wie der Matrose.
Wir kletterten über den unsicheren Hang nach oben, um den Eldorado näher in Augenschein zu nehmen. Das weiße Cabrioverdeck war geschlossen. Es war schmutzig, aber mehr oder weniger intakt. Die vordere Stoßstange, wo sich der Anker des Fischerbootes verfangen hatte, war stark deformiert. Der Innenraum sah aus wie ein Aquarium. Trotzdem sah der rote Cadillac immer noch wie der mit Abstand schönste Wagen von ganz Havanna aus.
Der Matrose war vorausgegangen und hatte auf das Zeichen von Sanchez hin die Fahrertür geöffnet. Wasser flutete aus dem Innenraum, durchnässte die Beine des Matrosen und amüsierte seine wild durcheinander schwatzenden Kollegen.
Langsam neigte sich der Fahrer seitlich aus der Tür wie ein Mann, der in der Badewanne eingeschlafen war. Einen Moment lang glaubte ich, das Lenkrad würde ihn am Hinausfallen hindern, doch dann schwankte die Barkasse in der aufgewühlten See, sackte in ein Wellental und stieg gleich wieder den nächsten Wellenberg hinauf, und der Tote kippte auf die Persenning. Es war Waxey, kein Zweifel, und er mochte zwar aussehen wie ein Ertrunkener, doch es war nicht das Meer, das ihn umgebracht hatte. Genauso wenig wie zu laute Musik, obwohl seine Ohren - oder besser das, was von ihnen übrig war - verkrustet waren mit etwas, das an dunkelrote Korallen erinnerte.
«Wie schade», sagte Sanchez.
«Ich kannte ihn eigentlich gar nicht», sagte ich.
«Ich meine den Wagen. Der Cadillac Eldorado ist mein Lieblingswagen, wissen Sie?» Er schüttelte bewundernd den Kopf. «Wunderschön. Ich mag dieses Rot. Rot ist eine sehr hübsche Farbe. Allerdings glaube ich, ich würde mir eher Schwarz nehmen. Mit Weißwandreifen und einem weißen Verdeck. Schwarz wirkt einfach vornehmer, denke ich.»
«Rot scheint aber zurzeit
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