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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ausborge, Otto?»
    Trettin sah Seldtke an, der mit den Schultern zuckte. «Wir haben nichts dagegen, schätze ich», sagte er dann. «Aber Sie werden uns über alles informieren, was Sie herausfinden, Bernie. Diebstähle aus der Epoche der Ming-Mong-Dynastie stehen im Moment ganz oben auf der Prioritätenliste der Berliner Kripo. Wir haben schließlich einen Ruf zu verteidigen.»
    «Ich mache mich gleich an die Arbeit, versprochen.»
    Und das tat ich. Es würde zur Abwechslung richtig guttun, sich endlich einmal wieder wie ein echter Ermittler zu fühlen und nicht wie so ein Teppichkriecher in einem Hotel. Doch wie Immanuel Kant schon gesagt hat, es ist eigenartig, wie gründlich man sich bei Dingen irren kann, die man für universelle Wahrheiten hält.
     
     
    Die meisten Berliner Museen standen auf einer kleinen Insel mitten in der Stadt, umgeben von den trüben Wassern der Spree - als wäre es den Erbauern darauf angekommen, die Kultur und den Staat voneinander getrennt zu halten. Wie sich herausstellen würde, hätte ich diesem Gedanken mehr Bedeutung schenken sollen.
    Das Ethnologische Museum, früher in der Prinz-Albrecht-Straße, befand sich heute in Dahlem, weit draußen im Westen von Berlin. Ich nahm die U-Bahn, stieg in Dahlem aus und ging vom Bahnhof aus zu Fuß weiter. Das neue Museum für asiatische Kunst war ein vergleichsweise moderner dreistöckiger Backsteinbau, umgeben von teuren Villen und Herrenhäusern mit hohen Mauern, Toren und großen, bösen Hunden. Gesetze existierten eigens zum Schutz von Vororten wie diesem, und es war schwer vorstellbar, warum zwei Gestapoleute in einem schwarzen Wagen draußen vor der in der Nähe gelegenen Bekennenden Kirche parkten, bis mir wieder einfiel, dass in Dahlem ein Theologe namens Martin Niemöller saß, der wohlbekannt war für seine ablehnende Haltung gegenüber dem sogenannten Arierparagraphen. Vielleicht wollten die beiden Kerle im Wagen auch zur Beichte.
    Ich betrat das Museum und öffnete die erste Tür mit der Aufschrift privat - und erblickte eine atemberaubende Stenotypistin hinter einer gewaltigen Carmen-Schreibmaschine. Die Dame hatte leuchtende, dunkel geschminkte Augen und einen Mund, der perfekter gezeichnet war als Holbeins Lieblingsporträt. Sie trug eine schwarz-weiße Bluse und ein Arsenal von Messing-Armreifen, die bei jeder Bewegung klimperten wie winzige Telefone - und einen sehr ernsten Ausdruck im Gesicht, der mich fast dazu gebracht hätte, meinen Krawattenknoten zu kontrollieren.
    «Kann ich Ihnen helfen?»
    Ich war sicher, dass sie das konnte, doch ich durfte ihr wohl kaum sagen, wie. Stattdessen setzte ich mich auf die Kante ihres Schreibtischs und verschränkte die Arme, allein um meine Hände von ihren Brüsten fernzuhalten. Das gefiel ihr nicht. Ihr Schreibtisch war so sauber und aufgeräumt wie die Auslage in einem Schaufenster.
    «Ist Herr Stock zu sprechen?»
    «Wenn Sie einen Termin hätten, wüssten Sie, dass es Herr Doktor Stock heißt.»
    «Weiß ich nicht. Habe ich nicht.»
    «Nun, er ist beschäftigt.» Sie warf einen unwillkürlichen Blick zu der Tür auf der anderen Seite des Raums, als hoffte sie, ich würde von allein verschwinden.
    «Jede Wette, dass er das oft macht. Beschäftigt sein, meine ich. Männer wie er sind ständig beschäftigt. Nun ja, wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich Ihnen vielleicht etwas diktieren oder ein paar Briefe unterzeichnen, die Sie mit Ihren hübschen Händen für ihn in die Maschine getippt haben.»
    «Sagen Sie nur - Sie können schreiben?»
    «Sicher. Ich kann sogar tippen. Nicht so gut wie Sie, könnte ich wetten. Aber urteilen Sie selbst ...» Ich griff in meine Innentasche und zog das Formblatt hervor, das ich mir im Alex ausgeliehen hatte. «Hier», sagte ich und reichte es ihr. «Werfen Sie einen Blick darauf, und verraten Sie mir, was Sie davon halten.»
    Sie tat wie geheißen, und ihre hübschen Augen weiteten sich.
    «Sie kommen vom Polizeipräsidium am Alexanderplatz?»
    «Habe ich das nicht gesagt? Ich komme direkt von dort, mit der U-Bahn.» Das war zwar die Wahrheit, doch falls sie oder Stock nach meiner Marke fragten, war ich aufgeschmissen - was der Hauptgrund war, warum ich mich benahm, wie es dieser Tage die meisten Schmiermichel vom Alex taten. Ein Berliner ist ein Mensch, der meint, es wäre am besten, ein klein wenig weniger höflich zu sein, als es die meisten Leute für notwendig erachteten. Ich steckte mir eine Zigarette an, blies den Rauch in ihre

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