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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Richtung und deutete auf einen Steinbrocken im Regal hinter ihrem hübsch frisierten Kopf.
    «Ist das eine Swastika auf diesem Stein?»
    «Das ist ein Siegel», erklärte sie mir. «Von der Indios-Kultur, etwa 1800 vor Christus. Die Swastika war ein bedeutsames religiöses Symbol unserer eigenen fernen Vorfahren.»
    Ich grinste sie an. «Oder sie haben versucht, uns vor etwas zu warnen.»
    Sie erhob sich hinter ihrer großen Schreibmaschine und durchquerte das Büro, um Dr. Stock über meine Ankunft zu informieren.
    So hatte ich ausreichend Zeit, ihre Kurven zu studieren und die Nähte ihrer Strümpfe, die so perfekt waren, dass sie aussahen wie in der Zeichenstunde gezogen. Ich mochte Zeichnen in der Schule nie, aber ich wäre vielleicht viel besser in diesem Fach gewesen, hätte ich hinter den Beinen eines hübschen Mädchens sitzend versuchen dürfen, auf ihren Schenkeln gerade Linien zu zeichnen.
    Stock war weniger erfreulich anzusehen als seine Sekretärin, dafür stimmte die Personenbeschreibung genau, die Heinz Seldtke im Präsidium abgeliefert hatte. «Das ist ja vielleicht peinlich», jammerte er. «Es hat ein schreckliches Missverständnis gegeben, und das tut mir ganz furchtbar leid.» Er kam nah genug heran, dass ich seinen Pfefferminzatem riechen konnte, eine angenehme Abwechslung, die meisten Leute, mit denen ich mich unterhalten musste, rochen anders. Er verneigte sich entschuldigend. «Wirklich ganz furchtbar leid. Das verschwundene Kästchen, das ich gemeldet habe, ist überhaupt nicht gestohlen worden, sondern nur verlegt.»
    «Verlegt? Wie ist denn das möglich?»
    «Wir haben die Sammlung Fischer aus dem alten Ethnologischen Museum in der Prinz-Albrecht-Straße in unser neues Zuhause hier in Dahlem verlegt, und alles ist in Unordnung. Der offizielle Führer für unsere Sammlungen ist vergriffen. Zahlreiche Objekte wurden falsch eingeordnet oder falsch beschriftet. Ich fürchte, Ihre Fahrt hierher war vergebens. Sie sind mit der U-Bahn gekommen, sagen Sie? Vielleicht kann das Museum die Kosten für eine Taxifahrt zurück zum Polizeipräsidium übernehmen. Es ist das Mindeste, was wir tun können, um Sie für die Unbill zu entschädigen.»
    «Dann ist das Kästchen also wieder in Ihrem Besitz?», fragte ich, ohne auf sein Gejammer einzugehen.
    Stock wand sich erneut und sah mich verlegen an.
    «Vielleicht kann ich es sehen?», schlug ich vor.
    «Warum denn das?»
    «Warum?» Ich zuckte die Schultern. «Weil Sie den fraglichen Gegenstand als gestohlen gemeldet haben, darum. Und nun sagen Sie, er wäre wiederaufgetaucht. Die Sache ist die, ich muss einen Bericht schreiben, in dreifacher Ausfertigung. Die entsprechenden Vorschriften müssen befolgt werden. Und wenn ich diese Ming-Schachtel nicht sehen kann, kann ich den Fall nicht abschließen. Verstehen Sie, Doktor, in gewisser Weise bin ich selbst für den Gegenstand verantwortlich, sobald ich schreibe, dass er wiedergefunden wurde. Das ist doch nur logisch, oder nicht?»
    «Nun, das ist es. Allerdings ...» Er blickte seine Stenotypistin an und zuckte ein paar Mal, als hätte er einen Angelhaken verschluckt und als zöge jemand an der Leine.
    Sie starrte mich böse an.
    «Vielleicht kommen Sie besser in mein Büro, Herr ... ?» «Trettin. Kriminalkommissar Trettin.»
    Ich folgte ihm in sein Büro, und er schloss hinter mir die Tür. Wäre nicht die prächtige Ausstattung und schiere Größe des Raums gewesen, ich hätte Mitleid für ihn empfunden. Überall standen chinesische Artefakte und japanische Gemälde - oder vielleicht chinesische Gemälde und japanische Artefakte. Ich war in jenem Jahr nicht so gut informiert, was asiatische Antiquitäten angeht.
    «Muss interessant sein, in einem Museum wie diesem zu arbeiten.»
    «Interessieren Sie sich für Geschichte, Herr Kommissar?»
    «Eigentlich weiß ich über unsere Geschichte nur eins: Wäre sie nicht ganz so interessant verlaufen, würde es uns ein gutes Stück besser gehen. Was ist nun mit dieser Schachtel?»
    «O Gott», jammerte er schon wieder. «Wie soll ich das nur erklären, ohne dass es verdächtig klingt?»
    «Versuchen Sie gar nicht erst, irgendetwas zu beschönigen», empfahl ich. «Erzählen Sie einfach, wie es war. Erzählen Sie die Wahrheit.»
    «Ich bin stets bestrebt, die Wahrheit zu sagen», sagte er schwülstig.
    «Sicher», sagte ich, indem ich ihn härter anging. «Hören Sie, Doktor, verschwenden Sie nicht länger meine Zeit, einverstanden? Haben Sie die Schachtel oder haben

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