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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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schraubte das Paneel wieder zu. Als alles genauso war, wie ich es vorgefunden hatte, schlüpfte ich aus der Suite und ging durch den Korridor zurück. An der Treppe zögerte ich kurz und überlegte, ob ich es wagen sollte, mir mit dem Schlüssel Einlass in Suite Nummer 201 zu verschaffen. Ich dachte an den Moment, den ich auf der Sitzbank eines großen Wagens verbracht hatte, während ich beinahe zehn Sekunden lang auf den Schlüssel in meiner Hand starrte. Dann schob ich ihn in die Jackentasche zurück und konzentrierte meine Libido auf die Dinge weiter unten.
    Ganz ruhig, Gunther, sagte ich mir. Du hast gehört, was die Dame gesagt hat. Sie mag es nicht, wenn man sie bedrängt.
    Doch am Empfang wartete eine weitere Nachricht auf mich. Sie kam von Noreen und hatte dort schon zwei Stunden gelegen. Ich kehrte um und stieg wieder die Treppe hinauf und drückte das Ohr an ihre Tür. Angesichts dessen, was sie mir in ihrer Nachricht mitgeteilt hatte, wäre es durchaus legitim gewesen, den Zentralschlüssel zu benutzen und ohne anzuklopfen das Zimmer zu betreten, doch meine guten deutschen Manieren behielten die Oberhand, und ich klopfte höflich an.
    Eine ganze lange Minute passierte nichts, dann öffnete sie die Tür.
    «Oh. Du bist es.» Sie klang beinahe ein wenig enttäuscht. «Hast du jemand anderen erwartet?»
    Noreen trug einen braunen Frisiermantel aus Chiffon und darunter ein passendes Nachthemd. Sie roch wie Heckenkirsche, und in ihren Augen war noch genug Schlaf, um mich zu überzeugen, dass sie vielleicht gleich wieder zu Bett gehen würde, nur diesmal mit mir. Vielleicht. Sie zog mich zu sich ins Zimmer und schloss die Tür.
    «Was ich sagen will, ist, dass ich dir diese Nachricht schon vor Stunden geschrieben habe. Ich dachte, du würdest sofort kommen. Ich muss eingeschlafen sein.»
    «Ich war eine Weile draußen an der frischen Luft.»
    «Wo warst du?»
    «Parzival. Die Oper.»
    «Du steckst voller Überraschungen, weißt du das? Ich hätte dich nie und nimmer für einen Musikliebhaber gehalten.»
    «Bin ich auch nicht. Ich war nur fünf Minuten dort, dann stieg in mir ein unwiderstehliches Verlangen auf, hierherzukommen und nach dir zu suchen.»
    «Hmmm. Dann bin ich also Klingsors Sklavin, wie war noch gleich ihr Name, im Parzival?»
    «Ich habe nicht die leiseste Ahnung», gestand ich schulterzuckend. «Wie gesagt, ich war nur fünf Minuten dort.»
    Noreen legte die Arme um meinen Hals. «Ich hoffe sehr, du hast Parzivals heiligen Speer mitgebracht, Bernhard Gunther. Weil ich zufällig keinen hier habe.» Sie zog mich quer durch das Zimmer mit zu ihrem Bett. «Jedenfalls jetzt noch nicht.»
    «Meinst du, ich sollte heute Nacht bei dir bleiben?»
    «Wenn du mich fragst, ja.» Sie schüttelte den Frisiermantel von den Schultern und ließ ihn auf den dicken Teppich gleiten.
    «Als hättest du je Widerspruch geduldet», sagte ich und küsste sie, bevor sie antworten konnte. Diesmal erlaubte sie meinen Händen, die Konturen ihres Körpers zu ertasten, als gehörten sie einem ungeduldigen Masseur. Hauptsächlich blieben sie in der Region ihres Hinterns, und meine Finger rafften Chiffon, bis ich sie gegen meinen Unterleib ziehen konnte. Meine rechte Hand durfte an den wunderbaren Ort zurückkehren, den sie bereits einmal kurz erforscht hatte.
    «Also stimmt es, was man sich erzählt», sagte sie. «Der Service im Adlon ist der beste in ganz Europa.»
    «Das Wichtigste in einem guten Hotel ist, dass die Gäste sich nie langweilen», antwortete ich, indem ich eine Hand auf ihre Brust legte. «Nahezu alle Schwierigkeiten werden durch die unschuldige Neugier unserer Gäste verursacht.»
    «Ich glaube nicht, dass man mir das schon einmal zum Vorwurf gemacht hat», sagte sie. «Unschuld. Seit langer, langer Zeit nicht mehr.» Sie schüttelte den Kopf. «Ich bin nicht unschuldig, Gunther.»
    Ich grinste nur.
    «Ich schätze, du glaubst mir nicht», sagte sie und zog eine Haarsträhne zwischen den Lippen hindurch. «Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich noch Kleidung am Leib trage.»
    Sie schob mich von sich, sodass ich auf der Bettkante zu sitzen kam, dann trat sie einen Schritt zurück und zog verführerisch ihr Nachthemd aus. Sie war so atemberaubend wie ein Wandbild in Pompeji, und ihre Aufführung war um einiges interessanter als der Parzival. Wenn man Noreen ansah, fragte man sich unwillkürlich, warum sich jemals irgendwer die Mühe machte, irgendetwas anderes zu zeichnen oder zu malen als einen

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