Die Adlon - Verschwoerung
Handtasche und schoss, indem sie nach unten in den kleinen Sucher blickte, ein Bild von dem traurigen Paar und den grinsenden Nazis.
Ich holte sie ein und versuchte sie am Arm mit mir fortzuziehen. Sie riss sich ärgerlich los.
«Das ist keine gute Idee», sagte ich.
«Unsinn. Sie hätten den beiden nicht die Schilder umgehängt, wenn sie nicht gewollt hätten, dass die Leute aufmerksam werden. Und nichts anderes tue ich - ich schenke ihnen Aufmerksamkeit.» Sie kurbelte den Film weiter und schoss ein zweites Foto von der kleinen Gruppe.
«He, Kerl!», brüllte mir einer der SS-Männer entgegen. «Lass sie in Frieden, klar? Deine Freundin hat recht, verstehst du? Was für einen Nutzen hätte es, an diesen Untermenschen ein Exempel zu statuieren, wenn niemand hinsehen würde?»
«Das ist genau das, was ich tue», sagte Noreen. «Ich sehe hin.»
Ich wartete geduldig, bis sie fertig war. Bis zu diesem Moment hatte sie lediglich antisemitische Schilder in den Parks fotografiert und ein paar Nazifahnen auf der Straße Unter den Linden, und ich hoffte inständig, dass sie nicht vorhatte, jetzt ständig solche Schnappschüsse zu machen. Ich bezweifelte, dass meine Nerven das ausgehalten hätten.
Wir kehrten schweigend zum Wagen zurück und überließen das gemischtrassige Paar seiner öffentlichen Demütigung und Schande.
«Wenn du je gesehen hättest, wie sie Leute zusammenschlagen, wärst du vorsichtiger gewesen mit einer Szene wie eben», sagte ich. «Wenn du etwas Interessantes fotografieren willst, fahre ich dich gerne rüber zum Bismarck-Denkmal oder zum Schloss Charlottenburg.»
Noreen ließ die Kamera in ihre Handtasche fallen. «Rede nicht mit mir wie mit einer gottverdammten Touristin, ja?», fauchte sie. «Ich habe diese Fotos nicht für mein Album geschossen. Ich habe sie für die verdammte Zeitung geschossen. Kapierst du denn nicht? So ein Foto lässt Avery Brundage wie eine Witzfigur aussehen mit seiner Behauptung, Berlin wäre ein geeigneter Ort für die nächsten Olympischen Spiele.»
«Brundage?»
«Ja. Avery Brundage. Hast du mir nicht zugehört? Ich habe dir das alles schon mal erzählt. Brundage ist der Präsident der American Olympic Association.»
Ich nickte. «Was weißt du sonst noch über ihn?»
«So gut wie nichts, außer, dass er ein verdammtes Arschloch sein muss.»
«Wärst du überrascht zu erfahren, dass er mit deinem alten Freund Max Reles in Korrespondenz steht? Und dass er in Chicago eine Baufirma besitzt?»
«Woher weißt du das?»
«Ich bin Detektiv, schon vergessen? Ich lebe davon, Dinge zu wissen, die ich normalerweise nicht wissen sollte.»
Sie grinste. «Ich will verdammt sein - du hast seine Suite durchsucht, habe ich recht? Deswegen hast du mich gestern Abend nach ihm gefragt. Jede Wette, dass du gestern Abend in seiner Suite warst. Gleich nach der kleinen Szene in der Lobby, als du erfahren hast, dass er für eine Weile außer Haus ist.»
«Beinahe richtig. Ich bin ihm zuerst in die Oper gefolgt.»
«Fünf Minuten Parzival. Ich erinnere mich. Deswegen warst du also dort.»
«Unter seinen Gästen war auch der Reichssportführer. Funk vom Propagandaministerium. Ein Wehrmachtsgeneral namens von Reichenau. Die anderen habe ich nicht erkannt. Aber ich gehe jede Wette ein, dass alle Nazis waren.»
«Die, die du erwähnt hast, gehören zum Deutschen Olympischen Organisationskomitee», sagte sie. «Und ich wette, die anderen auch.» Sie schüttelte den Kopf. «Also bist du zum Adlon zurück und hast seine Suite durchsucht. Du musstest keine Angst haben, überrascht zu werden, weil er in der Oper war. Schön, was hast du sonst noch herausgefunden?»
«Eine Menge Briefe. Reles beschäftigt eine Stenotypistin, die ich für ihn gesucht habe. Wie es scheint, hat sie alle Hände voll zu tun mit Korrespondenz an Firmen, die sich um olympische Kontrakte bewerben.»
«Dann geht es wahrscheinlich um Bestechung. Im großen Stil. Vielleicht hat er das Deutsche Olympische Komitee auch bestochen.»
«Ich habe ein paar Durchschläge aus seinem Papierkorb geangelt.»
«Großartig. Kann ich sie sehen?»
Als wir wieder im Wagen waren, reichte ich ihr die Durchschläge. Sie las einen der Briefe. «Nichts Belastendes», sagte sie. «Das dachte ich zuerst auch.»
«Das ist nur ein Angebot für Zementlieferungen an das Reichsinnenministerium.»
«Der zweite ist ein Angebot über die Lieferung von Propangas für die Olympische Flamme.» Ich wartete. «Verstehst du denn nicht? Das ist
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