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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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gewöhnt, dass ich ganz vergessen hatte, wie gut Tabak schmecken kann.» Er nickte nachdenklich. «Vielleicht sollte ich versuchen, nach Amerika zu gehen. Ich bin verdammt sicher, dass in Deutschland weder Freiheit noch das Recht auf Glück existieren werden, nicht für Juden jedenfalls.»
    Noreen leerte ihr Etui auf den Tisch. «Bitte sehr, behalten Sie sie. Ich habe noch mehr davon im Hotel.» «Sind Sie sicher?», fragte er.
    Sie nickte und schlang den Zobel fester um ihren Leib.
    «Eine gute Baufirma würde zuerst bohren», sagte er vorsichtig. «Nicht graben. Verstehen Sie? Wegen der verschiedenen Eiszeiten variiert die Beschaffenheit des Untergrunds, sodass größere Bauvorhaben in dieser Gegend immer ein Abenteuer sind. Ganz besonders an einem Ort wie Pichelsberg. Beantwortet das Ihre Frage?»
    «Wäre es möglich, dass die Leute, die das Olympiastadion bauen, nichts davon wissen?», fragte sie.
    Blitz zuckte die Schultern. «Wer hat was vom Olympiastadion gesagt? Ich weiß nichts über das Olympiastadion, und ich sage Ihnen, ich will auch nichts darüber wissen. Man hat uns gesagt, dass Juden sich da raushalten sollen, und ich gehöre zu den wenigen, die darüber sehr glücklich sind.» Es war kühl in seiner Wohnung, doch er wischte sich mit einem alten, ausgefransten Taschentuch den Schweiß von der Stirn. «Hören Sie, wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich glaube, ich habe genug gesagt.»
    «Eine Frage noch», sagte ich. «Dann lassen wir Sie in Ruhe.»
    Blitz starrte an die Decke, als flehte er seinen Schöpfer um Geduld an. Seine Hand zitterte, als er die Zigarette zurück zwischen die spröden Lippen schob.
    «Gibt es Gold im Untergrund von Berlin?»
    «Gold? Ja, es gibt Gold. Allerdings nur in Spuren. Glauben Sie mir, Herr Kommissar, man wird nicht reich von dem wenigen Gold, das im Boden unter Berlin ruht.» Er kicherte. «Zumindest nicht, wenn man es nicht denen wegnimmt, die es schon haben. Das sagt Ihnen ein Jude, Herr Kommissar, also verlassen Sie sich drauf. Nicht mal die Nazis sind so dumm und schürfen im Boden von Berlin nach Gold.»
    Wir blieben nicht viel länger. Wir wussten beide, dass wir Blitz beunruhigt hatten - und angesichts dessen, was er gesagt hatte, konnte ich es ihm nicht einmal verdenken, dass er so nervös und misstrauisch war. Die Nazis wären bestimmt nicht begeistert gewesen über das, was er über ihr Prestigeprojekt am Pichelsberg gesagt hatte. Wir boten ihm kein Geld an, als wir gingen - er hätte es sowieso nicht genommen. Doch als er uns den Rücken zuwandte, um uns nach draußen zu bringen, schob Noreen verstohlen einen Geldschein unter ihren Kaffeebecher.
     
     
    Zurück im Wagen, stieß sie einen lauten Seufzer aus und schüttelte den Kopf. «Diese Stadt deprimiert mich», sagte sie. «Bitte sag mir, dass man sich nicht daran gewöhnt.»
    «Das kann ich nicht. Ich habe mich gerade erst an den Gedanken gewöhnt, dass wir den Krieg verloren haben. Alle sagen, die Juden wären schuld gewesen, doch ich habe immer geglaubt, dass die Marine die Schuld trägt. Sie war es, die uns in den Krieg gezogen hat, und weil sie gemeutert hat, waren wir gezwungen aufzugeben. Sonst hätten wir wohl weitergekämpft, bis es zu einem ehrenvollen Frieden gekommen wäre.»
    «Du klingst, als würdest du es bedauern?»
    «Nur die Tatsache, dass die falschen Leute den Waffenstillstand unterzeichnet haben. Die Armee hätte es tun sollen, nicht die Politiker, so aber war die Armee mehr oder weniger aus der Verantwortung entlassen - und jetzt sind wir da, wo wir heute sind. Verstehst du?»
    «Nein, eigentlich nicht.»
    «Nun, das ist gerade das Problem. Niemand versteht es, am wenigsten von allen wir Deutschen. Oft denke ich, wenn ich am Morgen aufwache, dass ich mir die letzten beiden Jahre nur eingebildet habe. Die letzten vierundzwanzig Stunden ganz bestimmt. Was sieht eine Frau wie du nur in einem Mann wie mir?»
    Sie nahm meinen linken Arm und drückte ihn. «Einem Mann wie dir. Wie du das sagst, klingt es, als gäbe es noch mehr von deiner Sorte. So ist es aber nicht. Ich weiß es. Ich habe danach gesucht. An allen möglichen Orten, auch in dem Bett, in dem wir geschlafen haben. Gestern Abend habe ich mich gefragt, wie ich mich wohl heute Morgen fühlen würde. Und jetzt weiß ich es.»
    «Wie fühlst du dich?»
    «Ich habe Angst.»
    «Wovor?»
    «Vor meinen Gefühlen natürlich. Als würdest du den Wagen fahren.»
    «Ich fahre den Wagen.» Ich deutete auf das Lenkrad.
    «Zu Hause fährt

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