Die Äbtissin
der Heiligen aufgenommen haben – und ihren Gemahl…«
»Nicht viel«, entgegnete María. »Nur das, was man sich erzählte, und auch davon erfuhr ich erst Jahre später.«
»Nichts als haltlose Lügen, erfunden von den Widersachern Ihrer Majestäten, denselben, die diese Bastardin gegen die rechtmäßige Herrscherin unterstützten.«
Es schmerzte María, den Priester so abfällig über Prinzessin Johanna la Beltraneja sprechen zu hören. Johannas Mutter hatte stets bestritten, dass ihr Kind keine Tochter des Königs sei, und dieser hatte sie als Thronfolgerin anerkannt. Da sie selbst eine Bastardin war, empfand sie eine natürliche Sympathie für die unglückliche Frau, die schließlich im Klarissenkloster im portugiesischen Coimbra den Schleier genommen hatte.
Offensichtlich, dachte María, ist das Kloster das Schicksal der illegitimen Töchter.
Sie wusste, dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach. Johanna von Aragón – noch eine Johanna! –, die zwei oder drei Jahre vor ihr während einer Katalonienreise aus einer Liebschaft Don Ferdinands mit Joana Nicolau hervorgegangen war, war bei ihrer Geburt anerkannt, bei Hofe erzogen und mit eben jenem Kondestabel Fernández de Velasco vermählt worden, für den sie ein Empfehlungsschreiben bei sich hatte. Wieder einmal fragte sie sich, warum der König zwei seiner unehelichen Kinder, Alfons und Johanna, anerkannt hatte, die beiden Marías aus Madrigal hingegen nicht. Hatte er die Mütter der anderen beiden mehr geliebt? Sie würde es nie erfahren.
Nach zwei Wochen trafen drei Ordensschwestern aus Toledo ein. Sie würden sich von nun an um die Belange des Klosters kümmern, und es gab keinen Grund mehr für die Reisenden, länger in Valladolid zu verweilen.
Als sich María von Pater Adriano verabschiedete, glaubte sie in seiner Miene aufrichtiges Bedauern über ihre Abreise zu erkennen. Nun würde er keine Zuhörerin mehr haben, die bereitwillig und interessiert seinen Erinnerungen lauschte. Sie war versucht, ihm zu sagen, wer ihr Vater war. Nur zu gerne hätte sie seine Überraschung gesehen, doch dann sagte sie sich, dass der Priester ein alter Mann war und es nicht barmherzig gewesen wäre, das idealisierte Bild zu zerstören, das er sich von dem Königspaar gemacht hatte. Zudem hätte der gute Mann gewiss Gründe gefunden, um Don Ferdinand zu entschuldigen: seine weithin bekannte Mannhaftigkeit, die langen Phasen der Abwesenheit, die ihn zur Enthaltsamkeit zwangen, sein wohlgestaltes Äußeres, die Wollust, die in jeder Frau schlummerte… Die unehelichen Kinder eines Mannes waren der Beweis seiner Männlichkeit, bei einer Frau hingegen zeugten sie von der Schwäche des Fleisches und waren eine Todsünde, die nur durch Reue und Buße zu tilgen war.
Da zwischen ihren bisherigen Zielen nur wenige Meilen gelegen hatten, waren die ersten drei Etappen ihrer Reise recht kurz gewesen. Die Strecke zwischen Valladolid und Burgos hingegen war um vieles länger. Sie benötigten mehrere Tage, um die Stadt zu erreichen, eine der ältesten im Königreich Kastilien. Ihre Geschichte war reich an außergewöhnlichen Ereignissen und Persönlichkeiten, und die Einwohner von Burgos hatten sie mit einem Glorienschein versehen, der sie schließlich in eine Legende verwandelte.
In der ersten Nacht rasteten sie in Dueñas, einem hübschen Bauerndörfchen am Ufer des Pisuerga, das sie an einem sonnigen Nachmittag empfing. Sie begaben sich zum Gebet in die Kirche Santa María, in der König Ferdinand nur ein Jahr nach Doña Isabellas Tod seine zweite Ehefrau Germaine de Foix geheiratet hatte. Die Allianz zwischen Kastilien und Frankreich gefährdete die Unabhängigkeit Aragóns, und so hatte der schlaue König sogleich einen Plan geschmiedet, um eine Auseinandersetzung zu vermeiden, aus der er zwangsläufig als Verlierer hervorgehen musste, und hatte sich mit der Lieblingsnichte des französischen Königs vermählt, von der ihn die Kleinigkeit von sechsunddreißig Jahren Altersunterschied trennte.
María lächelte traurig. In Dueñas waren sich ihr Vater und Isabella zum ersten Mal begegnet. Dort hatten sie ihren kleinen Hofstaat unterhalten, als sie noch ein Thronfolgerpaar mit ungewisser Zukunft waren. Doch die romantische ewige Liebe des Königs zu seiner Gemahlin, von der Pater Adriano geschwärmt hatte, war angesichts einer neuen jungen Ehefrau, von der sich Ferdinand einen Thronerben für sein Land erhoffte, bald vergessen gewesen. Nach einem Jahr hatte Germaine einen
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