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Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Archer
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wir ehrlich: Der Gedanke war total verrückt. Aber gib’s zu, du hast auch gedacht, es würde funktionieren! Du bist es gewohnt, dass Romanfiguren belohnt werden, wenn sie in einer dramatisch aufgeladenen Situation aus einer fadenscheinigen Eingebung heraus kurz entschlossen handeln. Dass die Anregung dazu von einer jungen Geisterfrau kam, die sich schon als Beatrice’ Feindin erwiesen hatte, hätte Ralph misstrauisch machen müssen, klar. Aber dieser Fehler erweitert nur die lange Liste von Unzulänglichkeiten unseres traurigen Helden.
    Nachdem er Annabel niedergestochen hatte, rechnete er damit, dass sie verschwinden würde. Dabei war die junge Geisterfrau einfach nur total überrascht. Die graue Farbe von Geistern wird nämlich noch geisterhafter, wenn sie geschockt sind: Für einen kurzen Moment scheinen sie sich zu verflüchtigen, bis plötzlich ihre normale Farbe zurückkehrt, ähnlich wie bei einer brennenden, von einem Windstoß entfachten Zigarre. Deshalb schien sich Ralphs Theorie zu seiner großen Freude zunächst zu bewahrheiten. Auch Annabelle war so schockiert darüber, wie kaltblütig Ralph auf ihre Tochter eingestochen hatte, dass sie noch grauer wurde. Aber sah Ralph das überhaupt? Begriff er, was es zu bedeuten hatte? Nö!
    »Beatrice,«, rief er, »ich kann alles rückgängig machen! Ich kann dich wieder nach Hause bringen!«
    Eigentlich wollte Beatrice den Kopf schütteln. Aber da packte eine untote Frau sie an den Haaren und riss ihren Kopf so weit zurück, dass sich ihr schlanker, weißer Hals nach hinten bog. Der schaurige Mund der Untoten öffnete sich weit, und ihre schlaffen Lippen entblößten zwei gelbliche Zahnreihen.
    »Ja, bitte, tu’s!«, krächzte Beatrice.
    Ralph legte ihr das Entermesser an den Hals. Sie starrte ihn flehend an. »Bist du dir ganz sicher?«, fragte er.
    Schon gruben sich die gelben Zähne der Untoten in Beatrice’ helle Haut. »Schnell!«, beschwor ihn Beatrice.
    Da senkte Ralph das Messer und schlitzte ihr tatsächlich die Kehle auf. Die Untote kreischte zornig auf, als Beatrice’ Blut zu Boden schoss und im Erdreich versickerte. Ralph richtete die Klinge auf Annabelle, die außer sich war über diesen Angriff auf ihre beiden Töchter. Sie wusste genau, was sie zu tun hatte.
    Gleich darauf lag Ralph neben Beatrice. Jetzt waren sie im Tode vereint. Von Beatrice’ rasender Mutter angeführt, machten sich daraufhin die Untoten heißhungrig über das Fleisch der beiden her.
    Außer über die Zehen. Untote mögen keine Zehen.

Fünftes Buch
    Aus dem Privatleben eines Erzählers

61. Kapitel
    Ein passendes Ende für einen anmaßenden Helden, sollte man meinen.
    Darf man einfach so in anderer Leute Geschichten herumgeistern, bloß weil man zufällig dabei war, als ein hochherrschaftlicher Zauber erwirkt wurde? Darf man Computer und Binärcodes über alles stellen und dann in eine Geschichte voller Wunder hineinstolpern? Darf man die entzückendste Poetin, die es jemals geben wird, auf den Holzweg führen? Darf man durcheinanderbringen, was als perfekte Geschichte aus drei aufeinander abgestimmten Erzählsträngen über das Erwachsenwerden und den Umgang mit elterlichen Grenzsetzungen miteinander verwoben wurde?
    Wir kennen Ralphs Antwort auf diese Fragen, und dafür verachten wir ihn. Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, krakeelt mir jetzt auch noch von irgendwoher eine blecherne Stimme ins Ohr: »Ich verlange einen neuen Erzähler!«
    Woher die Stimme kommt, willst du wissen? Hör auf, dir solche Fragen zu stellen! Tu dich lieber mit mir zusammen, Leser, lass uns Ralph ignorieren!
    »Oh bitte, bitte, einen neuen Erzähler!«
    Reiß dich jetzt bloß zusammen, Leser!
    »Hallo? Ist da jemand?«
    Lass uns ein Liedchen singen, ja? In der Zwischenzeit versuche ich das zu regeln.
    »Autsch! He!«
    Bruder Jakob, Bruder Jakob, schläfst du noch?
    »Wir wär’s mit ein bisschen Licht hier unten? Bitte!«
    Ach, verdammt!

62. Kapitel
    Während du die letzten Seiten umgeblättert hast, habe ich mir einen Moment Zeit genommen und versucht, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, und du hoffentlich auch. Ehe wir weitermachen, möchte ich eins festhalten: Dass ich versucht habe, Ralphs Geschichte vorzeitig zu beenden, geschah nur zu seinem Besten.
    Fassen wir also zusammen: Als wir Ralph und Beatrice das letzte Mal sahen, waren sie tot. Bestimmt weißt du noch, dass Ralph von Annabelle umgebracht wurde, die um ihre Tochter trauerte, obwohl die ja gar nicht tot war,

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