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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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mit denen Gutachter und Richter zwar nicht nur, aber ganz wesentlich seine angebliche Gefährlichkeit über Jahre hinweg begründen? Wenn schon keine juristische, hätte es dann nicht wenigstens eine moralische, eine menschliche Pflicht der Hypovereinsbank gegeben, der Justiz die eigenen Erkenntnisse, den Revisionsbericht also, mitzuteilen?
    Die Hypovereinsbank weist bis heute jede Verantwortung von sich. Mehr noch: Sie fühlt sich zu Unrecht angegriffen. Und sie gibt sich auf eine geradezu groteske Art und Weise unwissend.
    »Im Jahr 2003 war für niemanden abzusehen, dass unser Revisionsbericht in einem späteren Strafverfahren gegen Herrn Mollath und bei seiner Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung im Jahre 2006 eine Rolle spielen könnte«, erklärt ein Sprecher der Bank im Februar 2013. »Herr Mollath wurde wegen Straftaten verurteilt, mit denen unsere Bank ersichtlich nichts zu tun hatte und die in keinem Zusammenhang mit den Sachverhalten im Revisionsbericht stehen. Dass Vorwürfe des Herrn Mollath, die bei uns zu einer Revisionsprüfung und diversen Maßnahmen führten, im Strafverfahren thematisiert wurden, war uns nicht bekannt.«
    Diese Antwort geht haarscharf an der Sache vorbei. Man kann der HVB natürlich nicht vorwerfen, sie hätte 2003 bereits absehen müssen, dass Gustl Mollath 2006 verurteilt werden würde. Wobei – was heißt verurteilt? Von den Vorwürfen der Körperverletzung, deretwegen er vor dem Landgericht Nürnberg stand, wurde er freigesprochen. Stattdessen wurde Mollath aber als gefährlicher Wahnkranker in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen. Seine angebliche Krankheit wurde ganz wesentlich mit den Schwarzgeldvorwürfen begründet. Eine Begründung, die sich seither laufend wiederholte. Wie kann die HVB nun also so tun, als hätten die »Sachverhalte im Revisionsbericht« damit nichts zu tun? Und wie kann es sein, dass die HVB nicht mitbekommen haben will, dass im Verfahren um Mollath just jene Vorgänge eine Rolle spielten, die auch Thema im Revisionsbericht waren?
    Letzteres erscheint höchst zweifelhaft. Der Fall Mollath geistert seit Jahren durch das Internet, und einige Medien berichteten frühzeitig. Über den Prozess gegen Mollath 2006 durch das Landgericht Nürnberg erschienen Artikel in den dortigen Lokalzeitungen, die sicher auch in der HVB-Filiale gelesen wurden. Die Nürnberger Nachrichten, der SWR-Hörfunk und vor allem das ARD-Politikmagazin Report Mainz wiesen bereits lange bevor der Inhalt des Revisionsberichtes am 14. November 2012 im Detail bekannt wurde, auf Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten hin. Dass die HVB von alledem nichts mitbekommen haben will, darf angezweifelt werden. Vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass die Banker um den eigenen Ruf fürchteten. Und unter allen Umständen verhindern wollten, dass ihre reiche Kundschaft Ärger mit der Staatsmacht bekam.
    Nehmen wir einmal an, die HVB hätte den Bericht dem Gericht zur Kenntnis übergeben. Dann hätte dieses sicher die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Vor allem aber wären, diese Vermutung sei erlaubt, wohl kaum ein Gutachter nach dem anderen und ein Richter nach dem anderen so ohne weiteres zur Erkenntnis gelangt, dass Mollaths Gerede über Schwarzgeld- und andere illegale Geldgeschäfte Ausdruck eines krankhaften Wahns seien. Zumindest aber hätten die Erkenntnisse aus dem Revisionsbericht Eingang in die gutachterlichen und richterlichen Bewertungen finden können. Anders formuliert: Die Hypovereinsbank hätte Gustl Mollath helfen können, wenn sie den Inhalt des Revisionsberichtes der Justiz zur Kenntnis gebracht hätte.
    So aber erfährt die Staatsanwaltschaft Nürnberg erst Ende 2011 von der Existenz des bankinternen Papiers, nachdem sie durch einen Medienbericht stutzig geworden war. Daraufhin fordert man das Dokument bei der HVB an. Am 29. Dezember 2011 geht der Bericht bei der Staatsanwaltschaft ein. Nach Durchsicht stellten die Ermittler fest, dass sämtliche mutmaßlichen Straftaten inzwischen verjährt wären. Mithin also Ermittlungen nicht mehr in Betracht kommen. Das Schweigen der Banker hat sich also gelohnt.
    »Er enthält zwei komplexe illegale Handlungen, einerseits Steuerhinterziehung, andererseits verbotene Bankgeschäfte«, sagte der Steuerrechtsexperte Johannes Fiala dem ARD-Politmagazin Report Mainz. Der Sonder-Revisionsbericht »bestätigte genau das, was Mollath angezeigt hatte: dass die Bank bis 1998 die von ihm beschriebene Beihilfe zu Steuerhinterziehung durch

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