Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)
wesentlichen Punkt recht: Von Anfang an hat er gegenüber Bank und Staatsanwaltschaft klar darauf hingewiesen, dass nicht nur seine Frau allein, sondern auch deren Kollegen in solche Geschäfte involviert seien. »Etliche Kollegen« seiner Frau würden fragwürdig handeln. Wolfram K. (Name geändert) erweist sich in diesem Zusammenhang für die HVB-Revisoren als Volltreffer. Die Erkenntnisse über seine Schweiz-Connection sind es auch, die die Spekulationen darüber befeuern, weshalb die HVB den Revisionsbericht so schnell und in der Hoffnung auf Nimmerwiedersehen verschwinden lässt. Denn bei K. werden die internen Ermittler fündig. Zwischen 2001 und 2002 wickelt er drei Sortengeschäfte über sein Privatkonto ab. Dabei werden 70000 Schweizer Franken in Mark und Euro getauscht. Es habe sich, so Wolfram K., um einen Gefallen für eine Kundin gehandelt – »eine allgemein bekannte Persönlichkeit«, wie die Prüfer in Klammern hinzufügen. Die prominente Kundin habe »beim Umtausch nicht persönlich in Erscheinung treten wollen, zumal es sich um Schwarzgeld handelte«, heißt es im Revisionsbericht.
Damit nichts auffällt und man unter den Grenzen bleibt, von denen an laut Geldwäschegesetz eine Meldepflicht besteht, wird das Devisengeschäft gesplittet. Smurfing nennen Experten das. Dabei wird der Betrag so in einzelne Häppchen gestückelt, dass die jeweiligen Summen unter den Grenzwerten für die Meldepflicht liegen – ein Verstoß gegen das Geldwäschegesetz. So verfuhr Wolfram K. auch bei fünf weiteren Geldtransfers zwischen dem 28. Oktober und dem 20. November 1998. Um seine prominente Kundin zu schützen, ging Wolfram K. so weit, dass er angab, auf eigene Rechnung zu handeln. Die Prüfer stießen aber darüber hinaus auf reichlich andere und ebenfalls fragwürdige Sortengeschäfte. K. redete sich damit heraus, es habe sich um Gefälligkeiten für Verwandte und Freunde gehandelt. Auf konkrete Nachfragen der HVB-Prüfer beschlichen ihn große Erinnerungslücken.
Fazit der Revisoren: »Herr K. hat bewusst und gravierend gegen formelle Vorschriften des Geldwäschegesetzes verstoßen.« Bei seinen Sortengeschäften handele es sich um »eine unzulässige Vermischung von Angestellten- und Kundengeschäften«. Das Geldwäschegesetz sieht in schlimmen Fällen Freiheitsstrafen von fünf, in sehr schlimmen Fällen sogar bis zu zehn Jahren vor.
Tatsache ist: Der Schweiz-Connection innerhalb der HVB geht es gut bei alledem. Materiell betrachtet. HVB-Beraterin Birgit M. (Name geändert) erhält am 24. September 2001 von einer Kundin eine Gutschrift über 25589,20 Mark auf ihr Privatkonto. Verwendungszweck: »Reise Südafrika für zwei Personen«. Die Kundin hat M. dazu eingeladen. Womöglich als Dankeschön für diskrete Dienste in heiklen Gelddingen? Birgit M. behauptet, zwischen ihr und der reichen Kundin bestünde eine Art Großmutter-Enkelin-Beziehung. Dann taucht allerdings noch ein Scheck über 25000 Mark auf. Der sei, so die HVB-Revisoren, »eine Anerkennung« für den Einsatz von Birgit M. »in geschäftlicher und persönlicher Hinsicht«. Eine Bankkundin zahlt freiwillig fünfstellige Summen nur deshalb, weil ihre Vermögens- und Anlageberaterin ihren Job gut macht? Der Hintergrund eines weiteren 10000-Mark-Schecks für Birgit M., auf den die Prüfer stoßen, blieb ungeklärt.
Ein anderer Kollege von Frau Mollath, nennen wir ihn Paul M., muss einräumen, dass er für seine Dienste von einem Kunden »eine Ferienwohnung zu verbilligten Konditionen in Marbella angemietet« habe, dem spanischen Luxus-Ferienort. Paul M. tätigt zudem zahlreiche, zum Teil hochspekulative Aktiengeschäfte. Dabei verstößt er nach den Erkenntnissen der HVB-Fahnder gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Hat nicht Gustl Mollath in seinen Briefen an die HVB-Spitze explizit von »hochspekulativen Geschäften« geschrieben? Auch hier sagt Mollath also die Wahrheit.
Sowohl im Fall von Birgit M. als auch bei Paul M. hegen die HVB-Prüfer den Verdacht, dass bei den fragwürdigen Transaktionen auch Steuerhinterziehung im Spiel ist. Er habe diesbezüglich eine reine Weste, entgegnet Paul M. den Revisoren. Deren lakonische Replik im Revisionsbericht: »Dies erscheint zumindest fraglich.«
Fassen wir also zusammen: Vermögensberater, die gegen klare interne Vorgaben der Bank verstoßen. Die heimliche, unerlaubte Provisionen einer Schweizer Bank kassieren. Die zu ihren Tätigkeiten dort keine genauen Angaben machen wollen. Die zum Teil
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