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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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rätselhaft viel Geld ihrer reichen Kunden dafür kassieren, dass sie eigentlich nur ihren Job machen. Die dafür auch mit Luxusreisen belohnt werden. Die gegen das Geldwäschegesetz und das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen. Die sich vielleicht der Steuerhinterziehung oder der Beihilfe dazu strafbar gemacht haben. Die Schwarzgeldgeschäfte tätigen. Letzteres sei durch den Bericht nicht erwiesen, argumentieren die Bank und auch Justizministerin Beate Merk immer wieder. Es ist der klägliche Versuch, davon abzulenken, dass Gustl Mollath in ein Wespennest gestochen hat und seine Angaben in vielen Punkten stimmen.
    Tatsächlich kommt das Wort »Schwarzgeld« an mehreren Stellen des Revisionsberichtes vor. Vor allem aber beschreibt der Revisionsbericht in Zusammenhang mit Schweiz-Geschäften etwa der »prominenten Kundin« genau das System, wie es beim Transfer vom Geld am Fiskus vorbei jahre- und jahrzehntelang praktiziert wurde. Insofern sind die Interpretationen von Ministerin und Bank reichlich gewagt. Aber lassen wir die Revisoren selbst zu Wort kommen. Auf Seite fünfzehn ihres vertraulichen Sonder-Revisionsberichtes formulieren sie ein zusammenfassendes Ergebnis, das wenig Interpretationsspielraum zulässt:
    »Die Anschuldigungen des Herrn Mollath klingen in Teilbereichen zwar etwas diffus, unzweifelhaft besitzt er jedoch Insiderwissen. Alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt.« Alle nachprüfbaren Behauptungen – nach Bekanntwerden dieser Erkenntnisse neun Jahre später machen bizarre Interpretationsversuche dieser Formulierung die Runde. In schneller Einigkeit interpretieren Beate Merk und die Hypovereinsbank diesen Halbsatz: Nachprüfbar heiße doch nur, dass sich einige der Mollath’schen Angaben als richtig erwiesen hätten. Nämlich die, welche man überhaupt habe überprüfen können.
    Wenn aber doch angeblich so wenig überhaupt nachprüfbar gewesen sei – warum hat die HVB dann vor Gustl Mollath so viel Angst? »Es ist nicht auszuschließen, dass Herr Mollath Vorwürfe bezüglich des Transfers von Geldern von Deutschland in die Schweiz in die Öffentlichkeit bringt«, warnen die Revisoren. Er selbst spricht in diesem Zusammenhang auch vom »größten und wahnsinnigsten Steuerhinterziehungsskandal«, in den auch die HVB verstrickt sei. Explizit warnen sie »vor der Gefahr, dass er eventuell versucht, sein Wissen zu ›verkaufen‹. Hinzu kommt, dass Herr Mollath möglicherweise noch über vertrauliche Belege/Unterlagen aus dem Besitz seiner Frau verfügt.«
    Es gibt in dem Sonder-Revisionsbericht jedoch auch Passagen, die darauf schließen lassen, dass die Revisoren womöglich in ein für die HVB selbst gefährliches Wespennest gestoßen hätten, so sie noch konsequenter und tiefer gebohrt hätten: Nämlich bei der Schilderung der Schweiz-Geschäfte, die nicht von den Mitarbeitern an der Bank vorbei, sondern ganz regulär über Jahre hinweg von der Bank selbst getätigt wurden.
    Auf Seite drei des Berichtes wird beschrieben, wie Bargeldtransfers jahrelang von Deutschland in die Schweiz angeblich gelaufen sind. Per Wertpost sollen sie unter anderem abgewickelt worden sein. Mollath-Verteidiger Strate hält das für absurd. »Das ist schon deshalb unsinnig, weil diese Wertpostsendungen hätten versichert werden müssen«, sagt der Hamburger Anwalt. »Die Höhe der Versicherungsprämie hätte jedoch jede Renditeerwartung für das in der Schweiz angelegte Geld auf lange Sicht zunichtegemacht. Außerdem geht der Wertpostversand von Hand zu Hand und jeder, der die Wertpostsendung bis zum Empfänger in der Hand gehabt hat, wird auf dem Wertpostzettel namentlich notiert.« Das, so Strates nachvollziehbare Bewertung, »hätte den Zweck der Übung, nämlich möglichst spurenlos den Geldtransfer in die Schweiz zu vollziehen, gerade in Frage gestellt«. Mit anderen Worten: Die HVB-Revisoren lassen sich von ihren eigenen Leuten mit einer unglaubwürdigen Geschichte zu den Bargeldtransfers abspeisen.
    Bis 2000 sind Bargeldtransfers in die Schweiz bei vielen deutschen Banken üblich, auch bei der Hypovereinsbank, wie man aus dem Revisionsbericht erfährt. Dann jedoch macht der Bundesgerichtshof am 1. August 2000 klar, »dass diese Sitte nicht nur eine Unsitte, sondern kriminelles Unrecht ist« (Strate). Allein die im Revisionsbericht unbestrittene Tatsache erheblicher Bargeldtransfers von Nürnberg nach Zürich hätte »einen unmittelbaren Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung

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