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Die Affen von Cannstatt (German Edition)

Die Affen von Cannstatt (German Edition)

Titel: Die Affen von Cannstatt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Zahl der weiblichen Führungskräfte gerne erhöhen und fordere insbesondere auch die Mitarbeiterinnen zu einer qualifizierten Bewerbung auf.
    »Ha«, ruft Daniela. »Wetten, dass längst feststeht, wer die Stelle kriegt? Deutschbein hat dem GF seinerzeit beim Golfen das Versprechen abgenommen, dass er den Posten bekommt, wenn Geißmeier in Rente geht. Mehr war nicht nötig als ein Versprechen unter Männern. Gegen alle Frauenförderpläne.«
    »Allerdings ist Seitz eine Frau«, bemerkt Arne.
    »Und sie hat Till den Affen zum Fraß vorgeworfen, wetten?«, sagt Daniela. Sie lacht und geht. Sie liebt solche Abgänge auf dem Weg in die Kantine oder auf die Toilette.
    Arne und ich schauen uns an. Er lächelt achselzuckend. Daniela spinnt.
    Bei uns unten ist Dr. Seitz, solange ich hier arbeite, nicht gewesen. Meine Gehaltsklasse ist für die Mitarbeiterentwicklung nicht interessant. Die kümmert sich um Führungskräfte und organisiert die Schulungen zur Mitarbeitermotivierung, Teambildung und Selbstmotivierung. Für uns gibt es auch keine Führung durchs Menschenaffenhaus unter dem Motto »Der Affe in uns – Strukturen von Konflikten und Konfliktbewältigung bei unseren nächsten tierischen Verwandten«. Ich kenne das Fortbildungsprogramm der ME, denn ich habe es intranetfähig gemacht und im Haus kommuniziert.
    Gewöhnlich macht Heidrun die Führungen durchs Menschenaffenhaus. Das ist auch für die coolsten Manager ein anrührendes Erlebnis. Zwar werden die Besucher nicht hinter die Kulissen gelassen, weil sich Menschenaffen mit denselben Viren und Bakterien infizieren wie wir, aber Heidrun erzählt, was man nirgendwo lesen kann. Wer ist am intelligentesten, die Orang-Utans, Gorillas, die Schimpansen oder Bonobos?
    Ganz klar, die Bonobos, meinen die meisten und kommen dann ins Grübeln: nein, die Schimpansen. Oder beide gleich?
    Bonobos benutzen in freier Wildbahn keine Werkzeuge, gibt Heidrun zu bedenken. Anders als die Schimpansen, die Nüsse mit Steinen aufklopfen. Im Senegal spitzen sie sogar Stöcke mit den Zähnen und verwenden sie als Speere, um Beute zu machen. Übrigens, verkündet Heidrun grinsend, hat man hauptsächlich die Weibchen beim Basteln von Waffen beobachtet.
    In der Wilhelma gibt es keine Schimpansen mehr, sie brauchen ähnlich viel Platz wie die Bonobos, weil sie Untergruppen bilden. Aber es gibt Gorillas. Sie benutzen beispielsweise einen Stock, um die Tiefe eines Teichs zu testen, bevor sie weitergehen. Oder sie verwenden ihn als Gehhilfe, wenn sie Nüsse sammeln und auf zwei Beinen gehen müssen, weil sie eine Hand voll haben. Bonobos haben Gehhilfen wiederum nicht nötig. Sie gehen fast wie Menschen. Der aufrechte Gang ist Voraussetzung, wenn man etwas tragen möchte.
    Von Orang-Utans weiß man, dass sie Wasser in einen für die Hände zu engen Behälter spucken, um damit unten liegende Nüsse nach oben zu schwemmen. Unsere Orang-Utan-Dame Maria, erzählt Heidrun, bekommt jede Schraube auf. Sie hat eine Engelsgeduld. Einmal hat sie uns morgens im Aufenthaltsraum begrüßt. In Zoos sind Orang-Utans wegen ihrer Ausbruchskünste gefürchtet.
    Wie aber ist es nun mit den Bonobos? Macht das pazifistische Matriarchat intelligenter als das kriegerische Patriarchat der Schimpansen oder nicht? Und wie könnten wir das feststellen?
    Heidrun erzählt zunächst von einem direkten Wettbewerb zwischen Schimpansen und Bonobos in Antwerpen. Die Affen sollten aus Boxen mit komplizierten Zugangsmechanismen und Schiebepuzzeln Walnüsse herausstochern. Man dachte, die Schimpansen würden gewinnen, weil sie in der Wildnis Werkzeuge benutzen. Doch die Bonobos waren doppelt so oft schneller erfolgreich. Auch deshalb, weil die Schimpansen ständig mit Dominanzgerangel beschäftigt waren. Als motivierteste und hartnäckigste beim Lösen der Aufgaben erwies sich die Bonobofrau Djanoau. Sie war zwar nicht die ranghöchste, aber es hat sie eben auch keine Kollegin gestört beim Herausholen der Nüsse.
    Wenn die Leute dann Aber und Zufall sagen, berichtet Heidrun von Panbanisha, der Bonobofrau, die zusammen mit anderen Bonobos in einer Forschungs- und Bildungseinrichtung in Iowa lebte, bis sie letztes Jahr starb. Sie und die Mitglieder ihrer Gruppe konnten komplexe Sätze verstehen und sogar einfachen Geschichten folgen. Heidrun ist dort gewesen und hat mit eigenen Augen gesehen, wie Panbanisha in der Küche völlig alleine eine Gasflamme entzündet und einen Kochtopf daraufstellt, in dem sie den Inhalt einer Tüte heiß

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