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Die Affen von Cannstatt (German Edition)

Die Affen von Cannstatt (German Edition)

Titel: Die Affen von Cannstatt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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die Staatsgewalt.
    Yvonne lacht und flucht, als ich von meinem Gespräch mit der Abteilungsbeamtin erzähle. Ich bin nicht lesbisch, sagt sie. Ich auch nicht, versichere ich ihr. Wir gucken uns in die Augen und lächeln wie zwei Verliebte. Der Knast ist kein Ort für Vertrauen und Zärtlichkeit. Und wir beide kommen nicht zusammen. Die Genehmigung auf Umschluss wird nicht erteilt.
    //Dafür schreiben wir uns jetzt abends Briefe, die wir klein zusammenfalten und morgens in der Socke zur Arbeit mitnehmen, um sie uns verstohlen zuzustecken, damit jede von uns etwas mitnehmen kann in den Abendeinschluss. Meine sind sehr krakelig. (Ich muss ja mit der Hand schreiben, denn der Austausch unter U-Häftlingen ist verboten, und jeder Ausdruck einer Textdatei hinterlässt Spuren auf dem Computer.) Yvonne amüsiert sich über meine Kinderschrift.
    Nach Dienstschluss ziehe ich mich hinter den Vorhang aufs Klo zurück und entfalte Yvonnes Kassiber. Heute Nacht bist du wieder bei mir gewesen, lese ich. Plötzlich standest du in meiner Hütte. Dein blondes Haar hat geleuchtet. Du bist zu mir unter die Decke geschlüpft und hast mich in den Bauchnabel geküsst und dann darunter und noch ein Stück darunter. Es war total schön.
    Ich verbrenne den Brief über der Kloschüssel. Sie tut es mit meinen auch. Das haben wir einander versprochen.
    Wieder ein Liebesbriefchen?, fragt meine Mutter und lacht. Nein, sie will es nicht wissen. Dann seufzt sie. Ihr fehlt der Mann. Ob ich draußen einen Freund habe, fragt sie. Warum ich ihr nichts von mir erzähle. Warum ich sie behandle wie eine Aussätzige. Was sie mir denn getan hat.
    Ich muss warten, bis sie schläft. Muss Abendessen, Verbotene Liebe, Nachrichten und DSDS hinter mich bringen und lauern, bis sie schnarcht, bevor ich mir Yvonnes Brief in Erinnerung rufen und masturbieren kann.\\
    Oft denke ich auch an Lisa.

Fortsetzung Verteidigung Camilla Feh
    Was ich meiner Mutter eigentlich am meisten vorwerfe, hat sie mich gefragt.
    »Dass sie es nie für nötig gehalten hat, mir zu erklären, warum sie mich am Leben gelassen hat«, antworte ich. »Warum ich überlebt habe.« Auf einmal stürzen mir die Tränen aus den Augen.
    Lisa legt den Arm um mich. Ich verliere die Fassung. Als ob ihre Geste mir zu Bewusstsein brächte, was ich entbehrt habe. Meine Pflegemutter hat mich bestimmt liebevoll großgezogen. Aber ich habe mich ihr nie verbunden gefühlt. Immer fiel der Schatten meiner Mutter zwischen uns. Weder sie noch irgendjemand anders hat mich je nach meinem Verhältnis zu meiner Mutter gefragt.
    Es gibt ja eines, obwohl ich mich nicht an meine Mutter erinnere und nicht weiß, wo sie ist. Nie wollte jemand wissen, was ich für sie empfinde und was ich für Fragen an sie habe. Es hat sich niemand angeboten, mit mir darüber zu sprechen. Immer haben sie mit Entsetzen reagiert und ihre Abscheu gegen eine Person hinter mir gerichtet, die ich nicht sehe, wenn ich mich umdrehe. Danach gab es für mich etwas Mitleid von der Sorte, die nicht genau wissen will, welcher Art mein Leid ist.
    Ich habe es selbst nicht gewusst. Ich will auch gar nicht heulen, ich will mich nicht selbst bemitleiden. »Andere haben es schwerer gehabt in ihrem Leben.«
    »Oh, du meine schöne Heilige«, ruft Lisa leise und erzählt mir etwas von pietistischer Selbstkasteiung versus katholischer Sünden- und Zorneslust. Dem Hass die Zügel schießen lassen, selbstgerecht klagen wie ein Hiob, und dann zur Beichte, bereuen und verzeihen. Das sei die gesündere Reihenfolge.
    Sie streicht mir die Haare aus dem Gesicht, streichelt mir über Schläfe und Stirn. Ich weiß, was sie will, fühle mich trotzdem nicht bedrängt. Ich hoffe, dass sie fortfährt, bin gespannt. Ich kenne mich ja gar nicht aus mit so was. Ihre Sweatjacke verströmt einen Geruch nach Tabak und Leben. Und es ist noch etwas dabei, was mich plötzlich erregt.
    Was sagt eigentlich ihr Typ dazu, dieser Staatsanwalt?
    Wie ein verbotenes Tun fühlt es sich an, was meine Lust steigert. Über lesbischen Sex redet es sich nicht so leicht wie über Heterosex. Ich war mit Lisa im Bett, das würde ich draußen nie erzählen, auch dann nicht, wenn ich das Bedürfnis verspürte, meine Affären wie die Beute meiner Attraktivität zu präsentieren.
    »Darf ich, meine Schöne?«, fragt Lisa und legt die Hand auf die Innenseite meines Schenkels. »Darf ich wirklich?«
    »Ja, mach schon!«, antworte ich.
    Sie grunzt, zieht mir Bluse und Pullover aus dem Hosenbund, schiebt die

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