Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)
konnten nur aus meinem eigenen Bewusstsein stammen, aus meinen Erinnerungen! Er blickte sich zu den Bootstrümmern um, die sich im Schilf verfangen hatten. Und das Flussungeheuer war eine Nixe, ein Wassergeist – die Umgebung erschafft Monster, die auf kindlichen Vorstellungen beruhen. Wer weiß, was mich hier noch alles erwartet?
Robert spähte lächelnd in den dunklen Wald.
Danke, Urgroßmutter. Hoffentlich kamen auch Helden in deinen Geschichten vor, und zwar solche, die am Ende überlebt haben.
Er gelangte zu einem großen Findling, wo der Uferweg in den Wald abschwenkte. Der Weg wurde schmaler, das Unkraut dichter, und es ging in sanfter Steigung den Hang hinauf. Eine Zeit lang wurde es heller, dann stieß er auf eine Nebelschwade. Obwohl der Dunst das Geräusch seiner Schritte dämpfte, hörte er ein fernes, leises Trommeln. Das Geräusch wurde allmählich lauter, bis es mehr Ähnlichkeit mit einem tiefen Grollen als mit einem Trommeln hatte. Gleichzeitig verdichtete sich der Nebel, und nach einer Weile konnte er nur noch zehn Schritte weit sehen.
Das Grollen allerdings wurde immer lauter und schien von allen Seiten zu kommen, einhergehend mit einem tiefen, rhythmischen Knarren. Robert traute sich nicht, in das Unterholz am Wegesrand einzudringen, und ging vorsichtig weiter.
Nach einem Dutzend Schritten gelangte er zu einer grasbewachsenen Felskante. Er spähte hinüber und erblickte in zehn Metern Tiefe einen langgestreckten Felssims und in noch größerer Tiefe nebelverhangene Bäume und Büsche und vielleicht einen Fluss. Er folgte dem am Felsrand entlangführenden Weg, und noch immer hörte er das knirschende, knarrende Grollen, ohne die Richtung bestimmen zu können, aus der es kam. Nach einer Weile machte er in dem buschbestandenen Tal ein Licht aus. Das Licht wurde zu einem Lagerfeuer, das zwischen zwei Geröllhaufen brannte, flankiert von drei schlafenden Gestalten und einem sitzenden Wachposten, der sich in einen Umhang gehüllt hatte. Hier war es still – das nachhallende Grollen war verstummt.
Aus dem Augenwinkel nahm er zu seiner Rechten eine Bewegung wahr, drei groß gewachsene Gestalten, die am Felsrand entlangingen, schlanke Zweifüßer mit dunkler Schuppenhaut und Lendenschurzen aus Stoff. Ihnen folgten fünf schwarze, hüfthohe und fast halslose Hunde – es sah aus, als entsprängen ihre Kiefer unmittelbar zwischen den kräftigen Schultern. Sie wirkten gefährlich. Robert suchte vorsichtshalber im Gebüsch Deckung.
Die drei Neuankömmlinge und deren anscheinend gut abgerichtete Hunde kletterten lautlos vom Felsrand herab und verschwanden in der nebligen Dunkelheit zwischen den Bäumen. Robert ahnte, was passieren würde, und beobachtete das Geschehen nicht ohne Bange. Und da tauchten die dunklen Gestalten auch schon hinter dem Wachposten aus dem Nebel hervor. Die eine schlug ihn bewusstlos, die anderen stürzten sich auf die Schlafenden und fesselten sie. Die Hunde saßen dabei und knurrten. Robert bemerkte, dass einer der Zweifüßer fehlte, da hörte er hinter seinem Rücken auch schon ein leises Rascheln.
Ehe er sich aufrichten und umdrehen konnte, schlangen sich sehnige Arme um seine Brust und seinen Hals. Er wehrte sich heftig und spürte, wie der Griff eines der Arme sich lockerte. Seine Hoffnungen aber wurden jäh zunichte, als der Angreifer ihm mit der freien Hand einen Schlag auf den Kopf versetzte. Dann legte er sich Robert über die Schulter und schleppte ihn weg.
Als Roberts Benommenheit sich gelegt hatte und er wieder klar sehen konnte, saß er nahe beim Lagerfeuer, mit Händen und Füßen an einen Felsen gefesselt. Vor ihm saß ein Hund, der ihn mit verstörend blassen Augen unverwandt beobachtete. Die vier Gefangenen, kleiner und stärker behaart als die Angreifer, knieten nebeneinander, ein jeder bewacht von einem Hund. Sie zitterten vor Angst, als einer der großen Zweibeiner, ein Mann in grober Webkleidung, sich dem Ersten in der Reihe von der Seite näherte. Er hob den hageren Arm, in den spinnenbeinartigen Fingern ein kleines Messer mit funkelnder Klinge. Die Klinge senkte sich auf den Kopf des Gefangenen. Robert konnte nicht erkennen, was geschah, doch im nächsten Moment riss der Zweibeiner ein Haarbüschel ab und warf es beiseite.
Dann senkte der Hund an seiner Seite den Kopf. Etwas riss auseinander, die Schädelplatte des Hundes teilte sich, und darunter kam etwas Graues, Glänzendes, Gefurchtes zum Vorschein. Es schlängelte sich aus dem Hundeschädel
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