Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)
Gebäudes mit zahlreichen Büros und Wohnungen. Es grenzte an einen der Hügel Roms, und von der Rückseite der Arkade führte eine Marmortreppe an von Mauern eingefassten Gärten und Häusern vorbei zur Hügelkuppe hoch. Dort stand der Tempel des Hephaestus, daneben lagen ein kleines Observatorium und ein Park, der Ausblick bot auf die prachtvolle Kaiserstadt.
Die Dampfkraft hatte es den Kaisern dieses Sagaversums erlaubt, in göttlichem Maßstab zu bauen. Am Ufer des Tiber erstreckte sich ein riesiger Palast mit geneigten Wänden, der auf mächtigen Säulen ruhte. Fahnen wehten auf den Türmen und Zinnen, die verschwenderischen Verzierungen funkelten golden und silbern in der Sonne. Am Fuße der gewaltigen Säulen aber drängten sich Hüttensiedlungen, die von Rauchschleiern verhüllt waren. Auch andere hochgestellte Persönlichkeiten und Aristokraten hatten extravagante, ebenfalls auf Säulen stehende Villen errichtet, doch keine erreichte auch nur annähernd die Größe des Kaiserpalasts.
Harry und Julia ließen einen Moment lang die Aussicht auf sich wirken, dann eilten sie die gepflasterte Straße entlang, die an der anderen Seite des Hügels in Serpentinen bergab führte. Sie gelangten zu einer großen Brücke, die ein tiefes, verrauchtes Tal mit schäbigeren Häusern überspannte, zwei- und dreistöckige Gebäude, die sich dicht aneinanderdrängten. Sie waren noch etwa fünfzig Meter von der Brücke entfernt, als drei maskierte, mit Knüppeln bewaffnete Vigiles Urbani auf die Straße traten.
»Mir nach!«, sagte Harry und bog nach links in eine schmale Gasse ab.
Julia fühlte sich nur leicht gestresst, als sie ihm nacheilte und sich bemühte, den Pfützen und Müllhaufen auszuweichen.
»Wohin gehen wir?«, fragte sie, als Harry in einer Sackgasse langsamer wurde und gehetzt die dunklen Hauseingänge musterte.
»Ich meine, ein Gebäude mit einer Plattform gesehen zu haben, an dem ein Fesselballon vertäut war … weiter oben und ein Stück am Hang entlang. Damit könnten wir den Fluss überqueren, und vielleicht passt Nicodemus uns ja ab, bevor uns die Verfolger schnappen. Oder wir ziehen einfach die Notbremse und suchen uns ein anderes Sagaversum aus … ah, da ist es ja …«
Julia blickte sich nach den Verfolgern um, die sich ihnen in der Gasse näherten.
»Gehen Sie voran.«
Ein dunkler Gang führte zu einer steilen, kurvenreichen Treppe, die durch Torbögen, unter überhängenden Etagen hindurch- und an kleinen Verbindungsbrücken entlangführte. Nach dem anstrengenden Anstieg erreichten sie schließlich das fragliche Gebäude. Eine mit Geländer versehene Plattform sprang aus dem Hang vor, zwei vertäute Fesselballons schwangen im böigen Wind. Harry gab dem überraschten Aufseher eine Handvoll Sesterzen, und fünf Minuten später schwebten sie in der Luft und klammerten sich am Weidenkorb fest, während der Ballonfahrer, ein schweigsamer, grauhaariger Mann, die Brenner justierte und hin und wieder die Lüftungsklappen bediente.
Sie waren über der Flussmitte angelangt, als ein dumpfes Geräusch aus dem Korbboden kam. Julia und Harry traten beiseite, worauf sich eine bislang unsichtbare Klappe öffnete.
»Rasch!«, sagte jemand in der dunklen Vertiefung. »Bevor sie etwas merken.«
Julia lächelte den verdutzten Fahrer an und kletterte als Erste in die Öffnung, gefolgt von Harry, der die Falltür hinter sich zuzog. Sie befanden sich in einem kleinen Raum mit grauen Wänden, und bei ihnen war der hagere Mann mit dem langen Mantel und der Brille, den sie gerade eben kurz gesehen hatte. Das musste Nicodemus sein. Die Decke sah aus wie die Unterseite des Weidenkorbs, und Julia hörte den brummelnden Ballonfahrer an seinen Instrumenten hantieren.
»Los geht’s«, sagte Nicodemus. »Machen wir den Abflug!«
Er zog einen kleinen Kasten aus der Manteltasche und betätigte einen altmodischen Wippschalter. Die Korbdecke verwandelte sich in eine graue Fläche, und eine Wand verschwand. Dahinter kam ein langgestreckter, schmaler Raum mit Metallregalen zum Vorschein. An der einen Seite standen in Regalnischen Schreibtische. Zwei archaische Glühlampen hingen von der hohen Decke, doch erhellt wurde der Raum allein von den kleinen Bildschirmen in den Regalen über den Tischen.
»Mr. Nicodemus, nehme ich an«, sagte Harry. Er hatte wieder das Tigerherzog-Exter angelegt, und Julia war wieder die Löwenlady.
»Nicodemus reicht«, erwiderte ihr Gastgeber. Er schob die Brille in sein dunkles Strubbelhaar
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