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Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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hoch und holte zwei schmutzige Drehstühle vom anderen Ende des Raums. Als sie saßen, lehnte er sich mit dem Rücken an den Schreibtisch, schloss seinen Mantel, verschränkte die Arme und musterte sie forschend.
    »Mein Setetikfeed sagt mir, dass ich zwei codierte Persönlichkeiten vor mir habe, eine davon ein fraktales, rekomplexes Simuloid mit ungebundenem Bewusstsein.« Er betrachtete Julia staunend. »Ihnen sollte klar sein, dass ich zwar ein lebendiges, atmendes, organisches menschliches Wesen bin und daher anfällig für alle Schwächen des Fleisches, dass das, was Sie vor sich sehen, aber lediglich ein ferngesteuertes Exter ist. Ich bin neuronal verlinkt und daher vor Wethacking und sonstigen Bewusstseinsattacken geschützt. Falls Sie derlei erwogen haben sollten.«
    »Ich versichere Ihnen, nichts liegt uns ferner«, versicherte Harry. »Konnten Sie unseren Kontakt verifizieren? Wenn Sie über seine Herkunft und seine Loyalitäten Bescheid wissen, dürfte es Ihnen leichter fallen, sich ein Urteil über uns zu bilden.«
    Nicodemus lächelte freudlos. »Ja, ich kenne das Konstrukt, und Ihr Drohnenpatron konnte mich davon überzeugen, dass er das Original ist. Ich musste mir halt Gewissheit über Sie verschaffen, zumal die Zazin hinter Ihnen her sind.«
    »Ah, die sind das«, sagte Harry, dessen Miene sich plötzlich verdüstert hatte.
    »Ein paar Hintergrundinformationen wären ganz hilfreich«, meinte Julia.
    »Code-spezifische Jäger-Killer«, sagte Nicodemus. »Wer auch immer dahinterstecken mag, er hat Teil- oder Komplettscans unseres Kerncodes in seinen Besitz gebracht. Zazins sterben nicht – sie erneuern sich.«
    »Dann sind wir also in Gefahr … und zwar überall?«, sagte Julia. »Zum Beispiel auch im Glow?«
    »Ja, was die Durchführung unseres Vorhabens erheblich erschwert.«
    »Okay, ich geb’s zu, meine Neugier ist geweckt«, sagte Nicodemus. »Was haben Sie vor?«
    Harry schilderte ihm die traurige Lage Dariens, berichtete ihm von der Erdsphäre-Flotte, die sich mit der Armada der Hegemonie vereinigen wollte, der Ankunft der verschollen geglaubten Sino-Kolonisten, die gelobt hatten, unter Einsatz ihres Lebens für die Kolonie Darien zu kämpfen, und erwähnte auch den fesselnden Bericht Kaphiri Farags. Nicodemus hörte zu und bat einige Male um nähere Erläuterungen. Als Harry geendet hatte, saß ihr Gastgeber auf dem Schreibtischrand, den einen Arm vor die Brust gelegt, die andere Hand vor den Mund geschlagen. Nach einer Weile senkte er die Hand und brach in brüllendes Gelächter aus.
    »Ja, Sie haben recht! In die Privatnetze von acht derart hochstehenden Persönlichkeiten einzudringen, das wäre in etwa so, als wollte man unbemerkt einem Hai ins Maul kriechen. Außerdem würde ein Alarm mit Sicherheit die Netzpolizei auf den Plan rufen – die würde uns mit ihren Stiefeln zerquetschen. Nein, wir müssen sie dazu bewegen, die Realität und ihre virtuellen Festungen zu verlassen und im Glow nach uns zu suchen!«
    »Und das würden sie tun … weil …?«, sagte Julia.
    Nicodemus lächelte durchtrieben.
    »Weil, meine liebe Löwenlady, sie gar nicht anders können werden. Dies … fällt in das Gebiet der Instinkttalente und Überredungsgenies, die man auch als Ego-Ingenieure bezeichnet. Bei einer Person wäre das schon eine große Herausforderung, aber Sie präsentieren mir da gleich acht Zielpersonen! Und obendrein haben wir auch nur ein paar S-Stunden Zeit!«
    »Ich verstehe«, sagte Harry. »Ist die Aufgabe unlösbar?«
    »Habe ich das gesagt? Habe ich etwas von unlösbar gesagt?«, blaffte Nicodemus mit wildem Blick. »Unlösbar … für mich? Also, eigentlich schon, aber wenn ich nicht einen Haufen Möchtegern-Workaholics und Schlaumeier um mich geschart hätte, dann hätte ich im Glow nicht so lange überlebt. Schauen Sie.«
    Er deutete zur dunklen Seite des Raums, die sich daraufhin erhellte. Der Raum war doppelt so lang, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Beide Wände waren von Schreibtischen gesäumt. Und an den Schreibtischen saßen sechs oder sieben weitere Nicodemusse; einer war weiblich, einer groß und kräftig, die anderen untersetzt, stämmig, dick oder kahlköpfig. Alle aber hatten lange braune Mäntel an und trugen eine schwarze Gummibrille. Zwei winkten ihnen zu.
    Nicodemus musterte sie mit einer Mischung aus väterlichem Stolz und angespannter Erwartung.
    »Meine emulierte Nachkommenschaft«, sagte er. »Euer Eifer ist bemerkenswert. Es ist mir eine Freude, euch

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