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Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Titel: Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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der Ökologie der Größe erzählt, und später hat sie mir scheibchenweise den Gottesplan für den Übergang ins höhere Kontinuum enthüllt, den Aufstieg zu einer höheren Seinsebene, heiße und kalte fortlaufende Erleuchtung inklusive. Nötig seien dafür fünfhundert Supernovae und ein Gemetzel unvorstellbaren Ausmaßes.« Er verzog angewidert die Lippen. »Dann habe ich nach und nach mein eigenes Subversionssystem aufgebaut, das es mir ermöglicht, alle fünfhundert Raketen mit ein paar Kommandos umzulenken.
    Bedauerlicherweise habe ich ihre Paranoia unterschätzt – die hat sie dermaßen verinnerlicht, das ist schon mehr als ein Geisteszustand. Offenbar habe ich etwas gesagt oder getan, was sie veranlasst hat, mich hier einzusperren und mich von allen meinen Steuerinterfaces zu isolieren.«
    Er geleitete sie zu einem kleinen gevierteilten Fenster, das aber nicht auf den umfriedeten Hof hinausging. Jetzt ragte in etwa zehn Metern Abstand eine lange Mauer aus großen Steinblöcken auf, mit Glasscherben und Metalldornen auf der Krone. Aufgrund der erhöhten Perspektive war zu erkennen, dass es sich um die Außenwand eines riesigen Labyrinths handelte. Etwas weiter links war ein Eingang. Konstantin zeigte zur Mitte des Labyrinths.
    »Dort befinden sich meine Steuerinterfaces«, sagte er. »Deshalb hat Talavera mich hier eingesperrt. Aber jetzt, da du die Tür aufbekommen hast, kann ich raus …«
    »Wie lange wird es dauern, das Labyrinth zu durchqueren?«, fragte Julia. »Die Zeit drängt.«
    »Vertrau mir, Julia, ich habe immer einen Plan B.« Er musterte sie von der Seite. »Du hast dich verändert – du bist nicht mehr so streng wie früher.«
    Ich bin weniger Mensch als früher, dachte sie.
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, erwiderte sie. »Also, wie lautet Plan B?«
    »Als Erstes gehen wir nach draußen …«
    Sie folgte ihm durch die Dreifachtür, die nicht gänzlich unerwartet diesmal auf eine an die Labyrinthmauer grenzende Kiesfläche hinausging. Von beiden Seiten näherte sich durchdringendes Heulen.
    »Lauf!«, sagte Konstantin und rannte auf die Mauer zu.
    Von links und rechts kamen hundeartige Wesen herangeprescht. Um dem Grauen die Krone aufzusetzen, hatten sie sich verjüngende schwarze Vermaxköpfe.
    »Tut mir leid«, keuchte Konstantin. »Ich hab ganz vergessen, Talaveras Schoßhündchen zu erwähnen. Ganz schön fies, findest du nicht? … Ah, hier ist es.«
    Er hatte sich an der Wand entlanggetastet und war vor einem quadratischen Steinblock stehen geblieben, der sich farblich von der Umgebung abhob. Er klatschte mit der flachen Hand dagegen.
    Der vorderste Vermaxhund wurde plötzlich langsamer, und der Boden, über den er rannte, bewegte sich nach hinten. Zu beiden Seiten wölbten sich die Labyrinthmauern nach außen, als wären sie flüssig geworden. Als Julia taumelte, ergriff Konstantin ihren Arm und stützte sie. Es war, als werde dieser eigenartige Metakosmos durch ein Fischaugenobjektiv gequetscht, was verstörende Verzerrungen zur Folge hatte.
    Unvermittelt normalisierte sich alles wieder – bloß dass diesmal Trennwände aus der Außenmauer vorsprangen. Verdutzt wandte Julia sich an Konstantin, der sie angrinste.
    »Alles in Ordnung«, meinte er. »Ich habe das Labyrinth invertiert – der Rand ist jetzt der Mittelpunkt und umgekehrt. Ein kleines Geheimfeature, das ich eingebaut habe … eigentlich nur zum Spaß.« Er trabte los, kehrte wieder um und schaute umher. Dann zeigte er nach rechts. »Da ist es!«
    Sie schloss zu ihm auf. »Wie lange wird es dauern, die Raketen umzulenken?«, fragte sie.
    »Das geht schnell, aber man muss sie manuell von einer Konsole der Realwelt aus starten.«
    »Welche ist das …«, wollte sie sagen, da erzitterte alles und erstarrte, und Konstantin hielt mitten im Schritt inne. Dann sah Julia alles doppelt, mit Nachbildern, die zu dunklen Schemen verblassten. Sie lag wieder auf der Liege in dem Gang mit dem runden Querschnitt, und das VR-Headset war verschwunden, was nichts Gutes bedeuten konnte. Es roch verbrannt, und sie nahm einen verschwommenen Schemen wahr, der allmählich schärfer wurde.
    »Willkommen zurück, Julia! Du hast den Beginn der Party verpasst, aber das werden wir schon wieder gutmachen. Vielleicht sehe ich sogar darüber hinweg, dass du dir meinen vorübergehenden Blackout zunutze gemacht hast.«
    Talavera massierte sich die geröteten Handgelenke und trat an die Liege. Mit kaltem Lächeln passte sie deren Höhe und Neigung an,

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