Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)
Gewand flatterte im kalten Wind vom Meer. Er fröstelte und bekam an den unbedeckten Unterarmen eine Gänsehaut. Dies war eine körperliche Unzulänglichkeit, die er in Erwartung der Belohnung für seinen Sieg jedoch gerne auf sich nahm. Er setzte den Aufstieg zur Beobachtungsstation fort.
Utavess Kuros, der älteste Nachfahre Efeskin Kuros’, ehemals Hoher Monitor, ehemals Botschafter der Sendruka-Hegemonie auf diesem Staubkorn von einer Welt, ehemals an die Anrede »Erhabener« gewöhnt, war jetzt ein Gefangener in seinem eigenen Kopf. Abgesehen vom Sehsinn hatte er keine körperlichen Empfindungen mehr. Er war stummer Zeuge all dessen, was der Eindringling sah und hörte, und das bekam er so klar und deutlich mit, dass er Absicht dahinter vermutete.
Seit der Übernahme durch die Gratach-AI hatte Kuros das Gefühl, dass seine geistige Gesundheit im Schwinden begriffen sei. Die Dunkelheit hatte ihren Schlund geöffnet, ein gewaltiges Maul, das ihn verschlucken und zermahlen wollte. Doch er klammerte sich verzweifelt an dem von außen auf ihn eindringenden Bilderstrom fest, an diesem Rettungsanker, der ihm dazu diente, seine Aufmerksamkeit zu fokussieren. Er hatte überlebt und lernte allmählich, die Essenz seines Wesens zu bewahren, während der Eindringling, sein eigener Geistesbruder General Gratach, in seinem Körper umherstolzierte, mit seinem Mund sprach und seinen Soldaten Befehle erteilte.
Nach der Evakuierung der Schulter des Riesen waren die Transporter zu dem nördlich von Trond in einem Hochtal gelegenen Lager geflogen. Von seinem fühllosen, dunklen Käfig aus hatte Kuros nur ohnmächtig zusehen können, wie Gratach und der Geläuterte Teshak, der seine Einkerkerung technisch erst möglich gemacht hatte, das Lager umorganisierten mit dem Ziel, ihre Sicherheit zu erhöhen. Es gab noch zahlreiche Fluggeräte und Schwebefahrzeuge, die trotz der vorhandenen Abwehrbatterien einen wirksamen Angriffsschlag gegen die gegnerischen Droiden hätten ausführen können, welche die Schulter des Riesen und den Warpbrunnen besetzt hatten. Mit seiner hämischen Erklärung auf der Schulter des Riesen hatte Teshak indes klargemacht, dass die Preisgabe der Einrichtung eine große Bedeutung für die Umsetzung seiner Pläne hatte. Das Scheitern der hegemonialen Strategie für Darien würde es dem Geläuterten und dessen traditionalistischem Verbündeten erlauben, die gegenwärtige Verwaltung abzusetzen und die Kontrolle über die Hegemonie zu übernehmen.
In den vergangenen Tagen hatte Kuros noch mehr Einzelheiten mitbekommen. Gratach und der Geläuterte Teshak verständigten sich anscheinend über ihre Gehirnimplantate, unabhängig davon, ob brolturanische Untergebene zugegen waren. Diesen Unterhaltungen entnahm Kuros Andeutungen und andere Informationsschnipsel, darunter Hinweise auf einen »Ritter«, der anscheinend die Droiden steuerte, welche die Schulter des Riesen besetzt hatten. Dieses Wesen hatte zudem mehrere Angriffe der Widerstandsgruppen der Menschen zurückgeschlagen.
Am Kopf der Steintreppe führte ein unebener Weg über einen Felsgrat, der mit spärlichem zähem Gras und niedrigem Gebüsch bewachsen war. Hier war der Wind stärker, die Kälte beißender. Der Weg wurde immer steiler, bis er in einen ebenen Abschnitt überging, wo ein brolturanischer Soldat in Tarnuniform salutierte. Ein Stück weiter stand vor einer dunklen Felswand ein kleines Gebäude. Er hatte die Hälfte der verbliebenen Wegstrecke zurückgelegt, als von der Meeresseite her ein Einmannflieger auftauchte und anmutig neben der Beobachtungsstation landete.
Abgesehen von der Stärkung der Abwehr war es ihre Absicht, Kontakt mit den nächstgelegenen Außenposten der Hegemonie und der Brolturaner aufzunehmen. Multifrequenzscans ergaben, dass keine Relaissatelliten die Zerstörung der Läuterer und die nachfolgende Invasion Zehntausender halb verhungerter religiöser Pilger unterschiedlicher Spezies überstanden hatten, die aus ihren schrottreifen Raumfahrzeugen hervorgeströmt waren und die Dörfer und Gehöfte der Küstenebene geplündert hatten. Eine Gruppe brolturanischer Techs hatte unter enormem Zeitdruck drei Tage lang rund um die Uhr gearbeitet, hatte Flieger ausgeschlachtet und aus abgestürzten Raumschiffen geborgene Module getestet, bis es ihnen gelungen war, ein subraumfähiges Commgerät zusammenzubauen.
Es hatte nur Schwarz-Weiß-Darstellung und eine Audio-Übertragung minderer Qualität, aber wenn es funktionierte, würde
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