Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
verheißen. Nun, da sich der Tag dem Ende zuneigte, hing der Geruch von reifem Gras in der Luft - ein angenehmer Duft von Erde, gewürzt mit den wärmeren Ausdünstungen der Rinder, die auf der Weide grasten. In einiger Entfernung folgte eine der kleinen Herden, die im Sommer in der Ebene als Milchvieh gehalten wurden, der Leitkuh heimwärts; die braunen Felle glänzten wie Kupfer in den Strahlen der tief stehenden Sonne.
    Allmählich begriff er, welche Bedeutung diese Tiere für die Leute hier hatten. Eine gewöhnliche atlantidische Mahlzeit hatte aus Obst, Gemüse und gekochtem Mais bestanden, hin und wieder ergänzt durch etwas Fisch, um dem Ganzen mehr Geschmack zu geben.
    In Azan bestimmte das Vieh das Leben der Bevölkerung. Die Gesundheit der Tiere und ihre Anzahl galten als Maßstab für die Macht eines Stammes; das Leder und die Knochen wurden zu Kleidung oder Schmuckstücken verarbeitet und für unzählige andere Zwecke verwendet. Mais aß man als Brei oder Fladenbrot und Gemüse, doch zu jeder Zeit des Jahres ernährten sich die Leute am liebsten von dem Fleisch und der Milch ihrer Kühe.
    Anfangs hatte es den meisten Atlantiden Schwierigkeiten bereitet, die gehaltvolle Kost zu verdauen, und selbst als sie sich einigermaßen daran gewöhnt hatten, konnte ihr Stoffwechsel die Nährstoffe nicht wirksam umwandeln. Wir alle, dachte er wehmütig und klopfte sich dabei auf den Bauch, haben an Masse zugelegt… mit Ausnahme von Ardral. Der alte Hüter lebte anscheinend von Luft und einheimischem Bier, obwohl er ständig klagte, Letzteres sei nur ein schwacher Ersatz für etwas Ordentliches wie Schnaps oder dergleichen. Doch auf jeden Fall bezog Ardral aus allem, was er aß oder nicht aß, jede Menge Energie. Unermüdlich war er in Bewegung, lief von einem Teil des Baugeländes zum anderen, beobachtete, wies an, berichtigte, und dabei umflatterten ihn seine Gewänder wie die Flügel eines der großen Kraniche, die im Fluss und zwischen den Ruinen herumstaksten.
    Außerhalb der Begrenzungspfähle, die in den Boden gesteckt worden waren, um den Kreis zu kennzeichnen, bearbeiteten Männer zwei große Brocken mit Werkzeugen aus dem gleichen harten Stein. Den Sängern war es mit ihrem Gesang gelungen, die großen Klötze aus noch größeren Felsbrocken herauszubrechen, doch die Feinarbeit musste von Menschenhand erledigt werden. Das Klopfen der Steinhämmer erzeugte eine dumpfe Melodie in der kühler werdenden Luft.
    »Kommt doch mal bitte her!« Ardrals Ruf schreckte Micail aus seinen Gedanken auf. »Bringt Lanath mit. Diese Fluchtlinie muss noch einmal überprüft werden.«
    Micail sah sich um und entdeckte den Priesterschüler, der ihm als Gehilfe diente; er stand neben einem der Löcher, die ein entwurzelter Blaustein hinterlassen hatte, und war blickte über die Ebene, wo das Tageslicht allmählich verblasste.
    »Lanath, wir werden gebraucht«, sagte er leise. »Komm, Junge, dort draußen gibt es nichts zu sehen.«
    »Nur die Sterne als Verkünder der Nacht«, entgegnete Lanath versonnen. »Aber in der Dunkelheit könnte sich alles Mögliche ungesehen anschleichen. In dieser Landschaft wimmelt es überall nur so von Geistern.« Er deutete zu den Hügelgräbern, gerundete Erhebungen in der Ebene. »Wenn die Nacht hereinbricht, gehört ihnen alles. Vielleicht ist es das, was Kanar mir sagen will.«
    »Kanar!«, rief Micail aus. »Dein früherer Meister? Ist das wieder eines deiner Traumgespinste?«
    »Er spricht zu mir«, antwortete Lanath in demselben verhaltenen Ton.
    »Geister sind bekanntlich wenig vertrauenswürdige Boten, besonders dann, wenn man nicht weiß, welches die richtige Frage ist, die man ihnen stellen soll«, antwortete Micail gröber als beabsichtigt. »Lass uns jetzt nicht mehr über solche Dinge reden. Die Geschichten der Schamanen haben die Männer ohnehin aus der Ruhe gebracht, sodass wir zu ihren wilden Fantasien nicht noch etwas hinzufügen müssen! Wir brauchen ihre Arbeitskraft, Junge… Allein mit unserem Gesang ist es nicht zu schaffen.«
    Er packte Lanath an den Schultern und zog ihn in die Mitte des Kreises zurück, wo Ardral die Holzpflöcke betrachtete, die so eingeschlagen worden waren, dass sie die aufgehende und untergehende Mittsommersonne kennzeichneten.
    »Sieh dorthin!«, befahl er und deutete dabei nach Westen. »Dort ist das Licht!«
    Wolken zogen vom fernen Meer heran, sie waren jetzt rötlich entflammt durch die Berührung der untergehenden Sonne. Vor seinen Augen leuchtete

Weitere Kostenlose Bücher