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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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maulte Galara auf dem Rückweg durch die Wälder. »Das Ganze könnte sich ebenso gut vor einer Million Jahren zugetragen haben.«
    »Eher vor achthundert. Und ich bin sicher, du wirst feststellen, dass es sich um mehr handelt als nur um eine alte Legende«, antwortete Micail mit lang erprobter Geduld. Anfangs hatte er befürchtet, die Zusammenarbeit mit Tirikis Halbschwester werde sie beide nur allzu schmerzlich an das erinnern, was jeder von ihnen verloren hatte; doch längst spürte er, dass sie sich auf seltsame Weise gegenseitig Trost spendeten.
    Wie sich herausstellte, hatte Galara sehr wenig gemein mit Tiriki, die - wie er sehr genau wusste - niemals, nicht einmal im Alter von fünfzehn Jahren, auch nur annähernd solche sprunghaften Launen wie dieses Mädchen an den Tag gelegt hatte, das so maßlos zwischen Verdrossenheit und rebellischem Ungestüm schwankte. Wieder und wieder musste er sich ins Bewusstsein rufen, um wie viel jünger Galara war. Sie und Tiriki waren nicht als Geschwister aufgewachsen, warum also sollten sie sich ähnlich sein?
    »Ich meine, welche Bedeutung soll das heute noch haben?«, schimpfte Galara weiter. »Was hast du mir damals gesagt, gleich zu Anfang, als du mir zum ersten Mal eröffnet hast, dass wir weggehen müssten? Dass es in dem neuen Land bestimmt keine Reichtümer gäbe und wir mit sehr bescheidenen Mitteln auszukommen hätten? Du hast Recht behalten! Warum strebt also jeder als Erstes danach, einen weiteren Tempel zu bauen, und zwar für dieselben Götter, die nichts für uns getan haben, als wir sie am nötigsten brauchten?«
    Micail hielt im Gehen inne, seine Augen funkelten wütend. »Rede nicht so dummes Zeug daher, Gallie«, raunte er und warf einen schnellen Blick in die Runde, um zu sehen, ob irgendjemand ihre Worte gehört hatte. Die Aufrechterhaltung der Moral bei den Atlantiden war beinahe ebenso wichtig wie die Darstellung von Einigkeit gegenüber den Ai-Zir. »Wer beschützt uns denn, wenn nicht die Götter? Sie hatten keine Veranlassung, uns zu warnen, und doch haben sie viele Botschaften geschickt, die wir nicht einmal wirklich gehört haben. Sie haben uns errettet, damit wir unseren Tempel wieder aufbauen.«
    »Glaubst du das wirklich?« Galara legte ihm die Hand auf den Arm und sah ihn eindringlich an. »Ich kann es nicht glauben… nicht, wenn man es mit solchen Einfaltspinseln wie Lanath und dieser sauertöpfischen Cleta zu tun hat! Wenn es wirklich der Wunsch der Götter gewesen wäre, dass der Tempel wieder aufgebaut werde, warum haben sie dann nicht Tiriki an ihrer statt gerettet?«
    »Sag das nicht! Sprich niemals so mit mir!« Unversehens wallte Zorn in ihm hoch, und er stieß sie von sich.
    Galara machte einen schnellen Schritt, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen; ihr Gesicht war plötzlich von Blässe überzogen. »Es tut mir Leid… Ich wollte nicht…«
    »Du hast unüberlegt gesprochen!«, stieß Micail zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Er hatte geglaubt, sein Kummer verginge allmählich. Er konnte jetzt wochenlang, manchmal sogar monatelang leben, ohne von Tiriki zu träumen - und dann riss irgendeine Erinnerung die Wunde wieder auf.
    »Geh! Du kennst den Weg! Lass mich allein. Quäle Ardral mit deinen endlosen Fragen, wenn du dich traust«, sagte er schließlich. »Ich weiß nicht, warum die Götter ausgerechnet uns ausgewählt haben zu leben. Ich weiß nicht einmal mehr, ob es richtig ist, irgendetwas von Atlantis erhalten zu wollen. Doch die Prophezeiung sagte nichts davon, dass einer von uns beiden, du oder ich, im neuen Land herrschen werde; nur dass ich einen neuen Tempel hier errichten solle. Und, bei allen Göttern, genau das werde ich tun!«

    »Dieser Prinz Micail… Sagt, ist auch er von königlichem Stand?« Khayan-e-Durr, Stammeskönigin der Ai-Zir, neigte den Kopf, als Micail, gefolgt von Lanath, an dem Sonnendach vorbeiging, unter dem die Frauen saßen und spannen. »So viele Herrscher sind nicht gut für ein Land«, bemerkte die Königin nachdenklich, »dennoch hat er ein gewisses Etwas…«
    Elara tauschte einen Blick mit Cleta und unterdrückte ein Lächeln. Es hatte einige Monate gedauert, bis sie die Sprache der Einheimischen gut genug erlernt hatten, um anerkannt zu werden; erst seitdem war eine richtige Unterhaltung möglich. Micail ist wirklich ein Mann, dem die Augen der Frauen folgen, dachte sie, als er seine Schritte verlangsamte und sich in Richtung der Königin verneigte. Sie bezweifelte jedoch, dass er

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