Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
wirklich deren Grußgeste zur Kenntnis genommen hatte. Er gehorchte lediglich den Regeln der Höflichkeit, die ihm an Mikantors Hof in Ahtarrath beigebracht worden waren.
    »Er war der Erbe des ältesten Sohns, ja«, antwortete Elara schließlich. »In den Zehn Inselstaaten und dem Alten Land, das davor war, wurde die Macht überwiegend in der männlichen Linie des Königshauses weitergegeben. Aber die Vorliebe meines Herrn galt stets dem Priestertum. Es war sein Onkel, Reio-ta, der tatsächlich regierte.«
    »Dann hat der Prinz also seinen Thron niemals eingenommen, und das Land war verloren«, sinnierte die Königin. »Bei uns gibt es eine ähnliche Geschichte, die sich die Leute manchmal erzählen. Dennoch, königliches Blut ist immer von Wert. Schade, dass der Mann niemals Nachkommen gezeugt hat. Unser Schamane, Drochrad, sagt, ihr Fremden wäret mit dem Wind gekommen und würdet bald wieder weg sein, aber ich bin mir dessen nicht so sicher.« Sie hielt nachdenklich inne, und Elara hob eine Augenbraue, als sie sich des Meinungsunterschiedes zwischen dem Schamanen und den Stammesfrauen bewusst wurde.
    Cleta runzelte die Stirn. »Ich habe gehört, Drochrad habe sich Eurer Entscheidung entgegengestellt, uns freundlich zu empfangen«, sagte sie vorsichtig, »aber vielleicht hat er sich insofern besonnen, dass er zumindest das Wissen schätzt, das wir mitgebracht haben… Jedenfalls gab es in den letzten Monaten keinerlei Schwierigkeiten.«
    »Fürchte nicht den heulenden, sondern den herumschleichenden Wolf«, antwortete die Königin. »Dieser alte Mann geht in die Wälder, um Ränke zu schmieden und Zauberformeln zu sprechen. Es wäre besser, wenn euer Volk sich durch Blutsbande mit unserem Stamm vereinen würde. Vielleicht könnte die Verbindung mit einer Frau außerhalb der eigenen Reihen die Fruchtbarkeit von Prinz Micail steigern, so wie es bei den Herden der Fall ist. Ja«, Khayan-e-Durr schmunzelte still vor sich hin, »wir müssen eine Frau von guter Herkunft für euren unreifen Herrn finden. Eine Frau aus einer königlichen Sippe vielleicht.«
    Elara musste sich sehr beherrschen, um ihr Entsetzen zu verbergen, sowohl über die Aussage an sich als auch über die kühle Berechnung, die in diesen Worten zum Ausdruck kam. Beinahe ebenso abstoßend war der unverblümte Besitzanspruch, der ihr die Hitze in die Wangen trieb. Die Königin machte keinen Hehl aus ihrem Standpunkt - dass es nämlich ein Jammer wäre, wenn Micails Blutlinie nicht fortgesetzt werde. Doch seine Saat gehörte der geheiligten Erbfolge des Tempels. Wenn eine ungebundene Gefährtin gefunden werden musste, dann gab es andere, die die nötigen Voraussetzungen mitbrachten. Cleta zum Beispiel oder - unerwarteterweise beschleunigte sich ihr Puls - sie selbst könnte ihm ein Kind gebären.
    Doch sie ließ sich nichts von ihrer Erregung anmerken, sondern sah die Königin an und seufzte schließlich. »Mein Herr trauert immer noch um seine Gattin, die bei der Flucht ums Leben gekommen ist«, sagte die Priesterschülerin feierlich. »Ich glaube nicht, dass er schon in der Lage ist, an solche Dinge zu denken.«
    Aber ich bin es, kam es ihr unwillkürlich in den Sinn. Allerdings habe ich dabei nicht Lanath im Sinn! Wieder warf sie einen flüchtigen Blick zu Cleta hinüber und bemerkte, dass auch sie Micail nachsah, bis er schließlich in einer Menge von Ai-Zir verschwand. Für Elara war Micail stets der Gemahl der Hohen Priesterin gewesen. Es war seltsam, ihn plötzlich als… Mann zu sehen, noch dazu als einen, der möglicherweise zu haben war.
    »Nun, bis jetzt besteht keine Eile«, sagte die Königin gelassen, während sie ihre Spindel ankurbelte, »doch das Bündnis zwischen unseren Völkern würde durch eine Vermählung bekräftigt werden.«
    Elara war schon lange genug in Azan-Ylir, um zu wissen, dass nach der hiesigen Tradition beinahe alle Partnerschaften durch den matriarchalischen Rat der Sippe arrangiert wurden. Sie beäugte die Königin mit einem unsicheren Blick. Da die Sonne ihr wärmendes Licht verbreitete, hatte sie ihren königlichen Umhang aus fein gefärbtem Hirschleder abgelegt, der mit den Zeichen ihres Ranges und ihres Stammes bemalt war. Die ellbogenlangen Ärmel ihres Gewandes und der Saum des Oberteils aus blassgrauer Wolle waren mit einer Zopfbordüre eingefasst. Das Obergewand wurde durch eine beinerne Brosche zusammengehalten und spannte ein wenig über dem üppigen Busen, auf dem eine Kette aus Bernstein und Gagat ruhte. Ein

Weitere Kostenlose Bücher