Die Ahnen von Avalon
um ihnen in ihrer Eigenschaft als Herren des Tempels zu huldigen, doch ihr Blick, so schien es, konnte sich nicht vollständig vom Prinzen von Alkonath losreißen.
»Na, das ist ja meine kleine Base!«, rief Tjalan aus. »Dem Gott der Reisenden sei Dank für Eure unbeschadete Ankunft! Euer Besuch soll unter einem guten Stern stehen; keine Furcht soll während Eures Aufenthalts in meinem Herrschaftsbereich Euer Wohlbefinden beeinträchtigen. Willkommen! Herzlich willkommen, Base! Meine Freude über Euren Besuch ist unvorstellbar groß.«
Während Damisa sich straffte und ihr Erröten kaum im Zaum halten konnte, beobachtete Elara, wie sie verstohlen den Rocksaum ihres Gewandes herunterzog, und sie unterdrückte ein Grinsen. Damisa war größer geworden!
»Mein Prinz«, erwiderte Damisa, »auch ich bin überaus erfreut, Euch hier anzutreffen. Ich überbringe Grüße aus dem Sommerland und von den Oberhäuptern unser Gemeinde - dem Hüter Chedan Arados sowie der Hüterin Tiri… Eilantha.«
Während Damisa sprach, war ihr Blick zu Micail gewandert. Helft ihm doch - irgendjemand!, dachte Elara, als sie sah, wie alle Farbe aus seinem Gesicht wich. Und Ardral trat vor, wobei er mit einer Hand Micail am Ellbogen fasste.
»Die Freude ist ganz auf unserer Seite, werte Priesterschülerin. Eure Hoffnung spendende Botschaft ist Labsal für unsere Herzen.« Ardrals Worte kamen flüssig, doch war da vielleicht ein ungewohnt rauer Klang in seiner Stimme? Mit zuckenden Augenbrauen heftete er den Blick auf den jungen Mann, der hinter Damisa stand.
Sie wartete nicht ab, bis er fragte. »Darf ich Euch Reidel vorstellen, Sohn von Sarhedran, ehemals Kapitän der Purpurschlange und jetzt mit den Weihen der Sechsten Stufe des Tempels des Lichtes versehen.« Während die entsetzten Blicke der anwesenden Geistlichen ihn musterten, wurde Reidels wettergegerbtes Gesicht noch teilnahmsloser, doch er brachte eine einigermaßen elegante Verbeugung zustande.
Cleta beugte sich nah zu Elara und murmelte: »Wenn sie einen Gewöhnlichen in ihre Reihen aufgenommen haben, dann muss ihre Gruppe noch kleiner sein als die unsere.«
»Kommt jetzt!«, sagte Tjalan freundlich, indem er mit einer Handbewegung wieder die Herrschaft über die Lage gewann, »Ihr solltet nicht im Regen stehen, sondern eintreten und Euch von den Mühen der Reise erholen. Und wenn Ihr erfrischt und gestärkt seid, erzählt Ihr uns vielleicht etwas über Eure Abenteuer im Land am See.«
Die atlantidische Tradition verlangte, dass Neuankömmlinge mit Essen und Trinken bewirtet wurden. Micail fühlte sich an das Fest anlässlich Tjalans Ankunft erinnert, als dieser mit seinen Schiffen in Ahtarrath eingelaufen war; auch damals waren die überflüssigen Höflichkeitsfloskeln wie der Deckel auf einem Kessel gewesen, in dem unausgesprochene Fragen und Gedanken brodelten. Damisa zählte schnell die Namen all jener auf, die auf dem Heiligen Berg Sicherheit gefunden hatten, und sie versicherte Micail, dass Tiriki wohlauf sei. Doch während ihrer Schilderung, wie sie den Heiligen Berg entdeckt und die Siedlung gegründet hatten, stockte sie das eine oder andere Mal und zeigte eine gewisse Befangenheit, oder sie gab eine auffallend knappe Antwort auf eine heikle Frage. Das erweckte in Micail den Verdacht, dass es ein paar Dinge gab, über die sie nicht sprechen wollte oder durfte.
Tiriki lebte! In Micails Kopf wirbelten viele Fragen herum, die er hier nicht stellen konnte. Hatte Tiriki sich während all der Jahre genauso leer gefühlt wie er? Welche Schmerzen und Sorgen hatten sie geplagt, als er nicht da gewesen war, um sie zu trösten? Damisa hatte gesagt, dass sie sich guter Gesundheit erfreue - warum war sie dann nicht mitgekommen? Er musste sich sehr beherrschen, um nicht sofort zu den Kriegern des Stammes des Blauen Stiers zu rennen und von ihnen zu verlangen, dass sie ihn ins Sommerland brachten. Aber sie waren bei Anet. Bei dem Gedanken daran, sie zu bitten, ihn zu der Frau zu bringen, die sie als Rivalin betrachten musste, verließ ihn jeder Mut. Vielleicht wäre es besser abzuwarten, was Tjalan zu tun beabsichtigte.
Tjalans fröhliche Zusammenfassung der Ereignisse war sogar noch weniger aufrichtig. Die Regeln guten Benehmens hinderten Micail daran, ihn zu unterbrechen und sich nach Tiriki zu erkundigen; er wartete ungeduldig auf eine Gelegenheit, um mit Damisa allein zu sprechen. Doch bevor sich diese ergab, beendete der Prinz den Gesprächsaustausch wirkungsvoll, indem er
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